Abschnitt XXX. Gewerbegerichte. 1409
Rechtsmittels und das Verfahren in der Rechtsmittelinstanz nach den Vorschriften
der Civilprozeßordnung. Die Bestimmung im §. 532 Abs. 2 der Civilprozeß-
ordnung über die Einlegung der Beschwerde in den bei einem Amtsgerichte
anhängigen oder anhängig gewesenen Sachen findet entsprechende Anwendung.
§. 56. Aus den Endurtheilen der Gewerbegerichte, welche rechtskräftig
oder für vorläufig vollstreckbar erklärt sind, sowie aus den Vergleichen, welche
nach Erhebung der Klage vor dem Gewerbegerichte geschlossen sind, findet die
Zwangsvollstreckung statt.
Die der Berufung oder dem Einspruch unterliegenden Urtheile sind von
Amtswegen für vorläufig vollstreckbar zu erklären, wenn sie die in Nr. 1 des
§. 3 bezeichneten Streitigkeiten betreffen oder der Gegenstand der Verurtheilung
an Geld oder Geldeswerth die Summe von dreihundert Mark nicht übersteigt.
Die vorläufige Vollstreckbarkeit ist nicht auszusprechen, wenn glaubhaft
gemacht wird, daß die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden
Nachtheil bringen würde; auch kann sie von einer vorgängigen Sicherheits-
leistung abhängig gemacht werden.
Im Uebrigen finden auf die Zwangsvollstreckung sowie auf den Arrest
und die einstweiligen Verfügungen die Vorschriften im achten Buche der Civil-=
vrozeßordnung Anwendung. Die für den Beginn der Zwangsvollstreckung
erforderlichen Zustellungen (§§. 671, 672 der Civilprozeßordnung) sind, soweit
sie nicht bereits vorher erfolgt sind, auf Antrag des Gläubigers durch das
Gewerbegericht zu bewirken.
§ 57. Fur die Verhandlung des Rechtsstreits vor den Gewerbegerichten
wird eine einmalige Gebühr nach dem Werthe des Streitgegenstandes erhoben.
Dieselbe beträgt bei einem Gegenstande im Werthe
bis 20 Mark einschließlicggg 100 Mark,
von mehr als 20 Mark bis 50 Mark einschließlich 1,50 „
von mehr als 50 Mark bis 100 Mark einschließlich 3000 „
Die ferneren Werthsklassen steigen um je einhundert Mark, die Gebühren um
je drei Mark. Die höchste Gebühr beträgt dreißig Mark.
Wird der Rechtsstreit durch Versäumnißurtheil oder durch eine auf Grund
eines Anerkenntnisses oder einer Zurücknahme der Klage erlassene Entscheidung
erledigt, ohne daß eine kontradiktorische Verhandlung vorhergegangen war, so
wird eine Gebühr in Höhe der Hälfte der oben bezeichneten Sätze erhoben.
Wird ein zur Beilegung des Rechtsstreits abgeschlossener Vergleich auf-
enommen, so wird eine Gebühr nicht erhoben, auch wenn eine kontradiktorische
Verhandlung vorausgegangen war.
Schreibgebühren kommen nicht in Ansatz. Für Zustellungen werden baare
Auslagen nicht erhoben. Zm Uebrigen findet die Erhebung der Auslagen
nach Maßgabe des §. 79 des Gerichtskostengesetzes statt, Der §. 2 desselben
findet Anwendung. Z
Durch das Statut (§. 1 Abs. 2 bis 4) kann vorgeschrieben werden, daß
Gebühren und Auslagen in geringerem Betrage oder gar nicht erhoben werden.
§. 58. Schuldner der entstandenen Gebühren und Auslagen ist derjenige,
welchem durch die gerichtliche Entscheidung die Kosten auferlegt sind, oder
welcher dieselben durch eine vor dem Gewerbegerichte abgegebene oder diesem
mitgetheilte Erklärung übernommen hat, und in Ermangelung einer solchen
Entscheidung oder Uebernahme derjenige, welcher das Verfahren beantragt hat.
Die Einziehung der Gerichtskosten erfolgt nach den für die Einziehung der
Gemeindeabgaben geltenden Vorschriften?).
§. 59. Die Kosten der Rechtsmittel und der Zwangsvollstreckung be-
stimmen sich nach den für die ordentlichen Gerichte maßgebenden Vorschriften.
Das Gesuch um Festsetzung der Kosten zweiter Instanz ist bei dem Landgerichte
ubringen.
anz Die Gebührenordnung für Zeugen und Sachverständige findet in dem
VBerfahren vor den Gewerbegerichten Anwendung. Z„
§. 60. Die ordentlichen Gerichte haben den Gewerbegerichten nach Maß-
gabe der Bestimmungen des Gerichtsverfassungsgesetzes Rechtshülfe zu leisten.
1) Vd. 7. Sept. 1879 (G. S. S. 591) oben S. 493.
Zlling-Kauk, Handkuch I. 7. A.il.— 89