1412 Abschnitt XXX. Gewerbegerichte.
es beantragt, auf Ersuchen des Gemeindevorstehers durch die Ortspolizeibehörde
nach den Vorschriften über das Verwaltungszwangsverfahren zu vollstrecken. Ein
unmittelbarer Zwang zur Vornahme einer Handlung ist nur im Falle des.
§. 130 der Gewerbeordnung zulässig. Wo ein Verwaltungszwangsverfahren
nicht besteht, finden die Bestimmungen über die Zwangsvollstreckung in bürger-
lichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.
§. 74. Der Gemeindevorsteher kann die Wahrnehmung der ihm nach den
95, 71 bis 73 obliegenden Geschäfte mit Genehmigung der höheren Verwaltungs-
ehörde 1) einem Stellvertreter übertragen. Derselbe muß aus der Mitte der
Gemeindeverwaltung oder Gemeindevertretung auf mindestens ein Jahr berufen
werden. Die Berufung ist öffentlich bekannt zu machen.
§. 75. Durch Anordnung der Landes-Centralbehörde kann an Stelle des
Gemeindevorstehers ein zur Vornahme von Sühneverhandlungen über streitige
Rechtsangelegenheiten staatlich bestelltes Organ mit Wahrnehmung der in den
5 71 bis 73 aufgeführten Geschäfte beauftragt werden. Die Anordnung ist
öffentlich bekannt zu machen.
Sechster Abschnitt. Schlußbestimmungen.
§. 76. Die Bestimmungen dieses Gesetzes finden keine Anwendung auf
Gehülfen und Lehrlinge in Apotheken und Handelsgeschäften, sowie auf Arbeiter,
welche in den unter der Militär= oder Marineverwaltung stehenden Betriebs-
anlagen beschäftigt sind.
§. 77. Auf Streitigkeiten der in Bergwerken, Salinen, Aufbereitungs-
anstalten und unterirdisch betriebenen Brüchen und Gruben beschäftigten Arbeiter.
mit ihren Arbeitgebern finden die Bestimmungen dieses Gesetzes mit der Maß-
gabe Anwendung, daß die Errichtung von Gewerbegerichten, deren Zuständigkeit
auf die vorbezeichneten Betriebe beschränkt wird, unabhängig von den Voraus-
setungen des §. 1 Abs. 5 durch Anordnung der Landes-Centralbehörde er-
olgen kann. 1
Für die auf Grund der letzteren Bestimmung errichteten Gewerbegerichte
gelten nachstehende besondere Vorschriften: ·
1. Die Bestimmung des letzten Satzes im Abs. 2 des S. 6 findet keine
Anwendung.
2. Durch die Zuständigkeit eines solchen Gerichts wird die Zuständigkeit
anderer innerhalb seines Bezirks bestehender oder später errichteter
Gewerbegerichte ausgeschlossen.
3. Die Kosten der Gewerbegerichte werden, soweit sie in deren Einnahmen
nicht Deckung finden, vom Staate getragen.
4. Der Vorsitzende und dessen Stellvertreter werden von der Landes-
Centralbehörde ernannt. Zur Bewirkung der Zustellungen können an
Stelle der Gerichtsvollzieher oder Gemeindebeamten (§. 23 Abs. 2)
andere Beamte verwendet werden.
5. Inwieweit den Arbeitgebern im Sinne der §§. 11 bis 13 die mit der
Leitung eines Betriebes oder eines bestimmten Zweiges desselben be-
trauten Stellvertreter der selbständigen Gewerbetreibenden gleichstehen,
wird durch Anordnung der Landes-Centralbehörde bestimmt.
6. Die Bestimmung des §. 63 Abs. 3 findet, soweit sie sich auf Beisitzer
bezieht, keine Anwendung.
§. 78. Der §. 120 a der Grwerbeordnung wird aufgehoben?).
Soweit auf denselben zur Bezeichnung der im Abs. 1 daselbst erwähnten
Streitigkeiten in anderen Gesetzesstellen Bezug genommen wird, tritt der F. 3
Abs. 1 dieses Gesetzes an seine Stelle.
Soweit nach den gesetzlichen Vorschriften über die Krankenversicherung der
Arbeiter die Entscheidung von Streitigkeiten über die Berechnung und An-
rechnung von Versicherungsbeiträgen in Gemäßheit der Bestimmungen des
1) Des Regierungspräsidenten, in Berlin des Oberpräsidenten, Ausf. Bek. IIIc.
9 2) D. h. der §. 120 a in seiner Fassung vor der Nov. 1. Juni 1891 (G. S.
261).