182 Abschnitt III. Pensions-Gesetz.
16. Pensions-Gesehz.
Gesetz, betr. die pensionirung der unmittelbaren Staatsbeamten, sowie
der Lehrer und Beamten an den höheren UAnterrichtsanstalten mit
Ausschluß der Universitäten.
Vom 27. März 1872 (G. S. S. 268)7.
§. 1. Jeder unmittelbare:) Staatsbeamte, welcher sein Diensteinkommen
aus der Staatskasse bezicht, erhält aus derselben eine lebenslängliche Pension,
wenn er nach einer Dienstzeit von wenigstens zehn Jahren in Folge eineg
körperlichen Gebrechens oder wegen Schwäche seiner körperlichen oder geistigen
Kräfte zu der Erfüllung seiner Amtspflichten dauernd unfähig ist 3) und deshalb
in den Ruhestand versetzt wird.
Ist die Dienstunfähigkeit die Folge einer Krankheit, Verwundung oder
sonstigen Beschädigung, welche der Beamte bei Ausübung des Dienstes oder
aus Veranlassung desselben ohne eigene Verschuldung sich zugezogen hat, so
tritt Pensionsberechtigung auch bei kürzerer als zehnjähriger Dienstzeit ein.
Bei Staatsministern") welche aus dem Staatsdienste ausscheiden, ist ein-
getretene Dienstunfähigkeit nicht Vorbedingung des Anspruchs auf Pension.
Diese Bestimmung findet gleichfalls Anwendung auf diejenigen Beamten, welche
das fünfundsechzigste Lebeusjahr vollendet haben #).
§. 2. Die unter dem Vorbehalte des Widerrufs?") oder der Kündigung an-
gestellten Beamten haben einen Anspruch auf Pension nach Maßgabe dieses.
esetzes nur dann, wenn sie eine in dem Besoldungsetat aufgeführte Stelle
bekleiden 7) 8).
1) Braun, Pensionirung der Staatsbeamten, 4. Aufl. 1889; Marcinowski, gesetz-
liche Bestimmungen betr. Pensionirung der Staatsbeamten, 2. Aufl. 1884.
2) Ueber den Begriff „unmittelbarer Staatsbeamter“ vergl. weiter oben.
2) Es ist nicht die absolute Dienstunfähigkeit erforderlich, sondern nur relative
Unfähigkeit zur Weiterführung des bekleideten, oder ein ihm im Range und Ein-
kommen gleichstehenden Amtes, vergl. Res. 29. Juli 1884 Nr. 1 (M. Bl. S. 194),
unten S. 195.
4) Das heißt: Staatsminister haben bei ihrem Ausscheiden aus dem Staats-
dienst auch ohne eingetretene Dienstunfähigkeit Anspruch auf Pension und zwar von
ihrem Ministereinkommen, auch wenn sie nur einen Tag Minister gewesen sind; im
Uebrigen finden die Vorschriften des Pensionsgesetzes auf sie gleichergestalt Anwendung
sie können also eine Pension bei ihrem Ausscheiden aus dem Staatsdienste nur dann
beanspruchen, wenn sie wenigstens zehn Jahre in demselben zugebracht haben, Sten.
Ber. A. H. 1871/72, Anl. B. II S. 665 und Kommissionsber, ebenda S. 1086.
5) Abs. 3 eingefügt durch Ges. 31. März 1882 (G. S. S. 133) s§. 1. Der
65 jährige. Beamte kann hiernach die Pensionirung als sein Recht in Anspruch nehmen.
während ihm die Verpflichtung immer nachgewiesen werden muß. Sten. Ber. A. H.
1882, Drucks. B. II S. 119ff. Im Rechtswege kann aber dies Recht nicht erstritten
werden, es steht darüber nur der Beschwerdeweg offen.
6) Vergl. §. 21 der Anst. Grunds. für Militäranwärter vom 1. Nov. 1882.
Res. 9. Aug. 1882 (M. Bl. S. 261), 2. Nov. 1882 (M. Bl. 1883 S. 5) und
25. Febr. 1884 (M. Bl. S. 48).
7) Ausgeschlossen von der Pensionsberechtigung sind also Beamte dieser Gatung
welche nicht eine etatsmäßige Besosdung beziehen, sondern eine Remuneration aus den
Titeln „zu anderen persönllchen Ausgaben“, Sten. Ber. a. a. O. Anl. B. II S. 666.
Cf. §s. 2 al. 2.
Abgesehen von der Ausnahme des §. 2 genügt lebenslängliche, nur durch Disziplinar-
oder Strafurtheil entziehbare Anstellung, gleichviel, ob das bekleidete Amt ein etats.
mäßiges ist, oder nicht, Erk. O. Trib. 7. Sept. 1868 (Str. Arch. LXXII. 132).
Den auf Kündigung angestellten Beamten steht, wenn ihnen gekündigt wird,
ein Pensionsanspruch nicht zu, selbst wenn sie pensionsberechtigt sind, Erk. des