Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Erster Band. (1)

Abschnitt VII. Gendarmerie-Verordnung. 515 
die Armee-Gendarmerie, dann auf gualifizirte Leute aus den Garnisonkom= 
pagnien, demnächst aber auf Kapitulanten, die ihre Dienstzeit vollendet haben, 
Rücksicht nehmen. 
Zu diesem Zweck hat das Kriegsministerium ihm vollständige, von den 
Generalkommandos einzufordernde und alljährlich zu ergänzende Listen über alle 
dahin gehörige und zum Gendarmeriedienst qualifizirte Subjekte mitzutheilen. 
In diese Listen darf nur ausgenommen werden, wer 
a) den unverletzten Ruf der Treue, Ehrlichkeit, Nüchternheit und eines un- 
tadelhaften Lebens, auch wegen eines gemeinen Vergehens niemals eine 
körperliche Strafe erlitten hat; 
b) gans fertig lesen, verständlich schreiben und in den vier Spezies rechnen 
ann; un 
Tc) von starkem gesunden Körperbau und von guten natürlichen Geistes- 
anlagen ist. 
Der Chef der Gendarmerie hat die hierauf zu richtenden Prüfungen zu 
veranlassen, die Brigadiers soder Kommandeurs] deshalb mit Anweisung zu ver- 
sehen und demnächst über die Tüchtigkeit und Anstellung des geprüften Subjekts 
zu entscheiden, der Brigadier aber dafür zu haften, daß die Prüfung gewissenhaft, 
streng und zweckmäßig erfolge. Jedes Individuum, welches die Prüfung nicht 
bestanden hat, wird ohne weiteres in den Listen gelöscht. 
7. Die Anstellung eines Gendarmen ist für die ersten, seit dem Tage 
des Dienstantritts zu rechnenden sechs Monate 1)) nur provisorisch; wenn er schon 
während dieses Zeitraums der Erwartung nicht entspricht, kann er ohne weiteres 
vom Chef entlassen werden?). 
§. 8. Die Entlassung?), nach Ablauf der oben gedachten ersten sechs 
Monate, kann nicht allein durch Kriegsrecht, sondern mit gleicher rechtlicher 
–— — —„ — 
Zu Anmerkung 4 auf S. 514. 
über das Betragen eines Gendarmen während der sechsmonatlichen Probezeit an den 
Chef des Korps in Beziehung auf die Bestätigung desselben zu erstatten hat, Res. 
4. Febr. 1825 (A. 166). Die Kreisphysiker haben solche ihnen von Staatsbehörden 
im Interesse des Dienstes aufgegebenen Untersuchungen unentgeltlich zu bewirken, 
Res. 7. Dez. 1893 (M. Bl. S. 259). Ausführliche, wissenschaftlich begründete Gut- 
achten (z. B. zum Nachweise der Simulation 2c.) sind jedoch zu bezahlen, Res. 7. Mai 
1894 (M. Bl. S. 115). 
1) Interimistische Gendarmen, welche während ihrer Probedienstzeit bei der Gen- 
darmerie aus dienstlichen Rücksichten und ohne Verbesserung ihres Einkommens ver- 
setzt werden, haben Anspruch auf die reglememsmäßigen Reise= und Versetzungskosten, 
Res. 4. Dez. 1852 (M. Bl. S. 320). 
:) Die Landräthe haben den auf Probe angenommenen und nicht definitiv ange- 
stellten Gendarmen, welche bei ihrem Ausscheiden aus ihren provisorischen Dienst- 
leistungen noch ein Zeugniß über ihre Führung und Qualifikation nachsuchen, dasselbe 
mit dem Beifügen zu verweigern, daß dies Attest bereits ihrem Militärvorgesetzten 
zugestellt worden ist, Res. 18. Juni 1824 (A. 479). 
3) Das Ges. 27. März 1872, betreffend die Pensionirung der unmittelbaren 
Staatsbeamten (oben S. 182) findet nach § 4 desselben auch auf die Wachtmeister 
und Gendarmen der Landgendarmerie Anwendung; dagegen erfolgt die Pensionirung 
der Offiziere der Landgendarmerie nach den für die Offiziere des Reichsheeres gelten- 
den Vorschriften. 
Die Anerkennung der Invalidität der Wachtmeister und Gendarmen erfolgt durch 
den Chef der Gendarmerie, die Pensionsanweisung durch den Minister des Innern. 
Die Zahlung der Gendarmerie-Gehälter und Pensionen ist von 1849 ab vom 
Militär-Etat auf den Etat des Min. des Inn. übernommen worden, K. O. 22. Sept. 
1848, Res. 17. Dez. 1848 (M. Bl. S. 379). 
Die Legierungspräsidenten sind autorisirt, bei künftig vorkommenden Wohnusitz- 
veränderungen von Hendarmerie-Pensionären die Zahlung der betr. Pensionsbeträge 
an die Regierung desjenigen Bezirkes, in welchen der Pensionär seinen Wohnsitz 
verlegt hat, direkt zu überweisen. Die vorgekommenen Veränderungen sind dem 
Minister des Innern mittelst quartaliter einzureichender Nachweisungen anzuzeigen, 
Res. 17. Juli 1849 (M. Bl. S. 171). 
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