634 Abschnitt VII. Gendarmerie-Instruktion.
barten Kreise zum Beistand aufrufen. Bei der Feuersbrunst selbst haben die Gen-
darmen zwar auch für die schleunige Anwendung und hinreichende Unterstützung der
Löschungsanstalten, besonders aber für die Erhaltung der Ordnung, für die Rettung
der dem Feuer ausgesetzten Gegenstände, und für die Sicherheit der geretteten zu
sorgen; imgleichen liegt ihnen ob, der Entstehung des Brandes und Ermittelung und
Festhaltung des Thäters die höchste Sorgfalt zu widmen. #
§. 26. Die Gendarmen sind befugt, auch ohne Auftrag einer Behörde, vermöge
eigener Amtsgewalt, diejenigen anzuhalten, die
a) in Begehung eines Verbrechens betroffen werden;
b) durch blutige Waffen, durch den Besitz gestohlener Sachen, oder durch andere
dringende Gründe eines begangenen Verbrechens, oder der Theilnahme an dem-
selben, und zugleich der Flucht verdächtig sind; #
Zc) durch Steckbriefe verfolgt, oder sonst der Gendarmerie zum Zweck ihrer Fest-
haltung bekannt gemacht worden; m½
d) falsche, oder unrichtige Pässe, oder andere Legitimationsdokumente bei sich
führen;
e) die ihnen in ihren Pässen etwa speziell vorgeschriebenen Reiserouten verlassen
haben;
f) gesetzlich Pässe führen müssen, damit aber nicht versehen sind, und sich als
unverdächtig auch auf andere Art nicht ausweisen können, oder nach ihren
übrigen Verhältnissen nicht also erscheinen;
g) auf einem verbotenen Gewerbe betroffen werden;
h) ein herumziehendes Gewerbe treiben, ohne dazu legitimirt zu sein;
i) in thätlicher Störung der öffentlichen Ruhe und Ordnung, in Zusammen-
rottirung, Schlägerei und anderen groben Exzessen betroffen werden, oder.
aus Unvorsichtigkeit oder Nachlässigkeit im Reiten und Fahren, oder auf
andere Art Jemanden an öffentlichen Orten erheblich beschädigen, oder an
öffentlichen Anlagen Frevel verüben, insofern sie nicht an dem Orte Feuer
und Heerd haben;
k) als Vagabonden, oder des Vagabondirens dringend verdächtige Personen, und
zugleich unbekannte und unangesessene Leute sich der öffentlichen Ahndung und
der Schadensvergütung wegen eines polizeilichen oder fiskalischen Vergehens
sonst entziehen würden;
1) den Aufforderungen 1) und Anweisungen der Gendarmen nicht Folge leisten,
oder gar sich widersetzen;
m) aus Gefängnissen und auf Transporten entsprungen find; und endlich
n) die Deserteurs.
1) Ein Gendarm gehört zur bewaffneten Macht. Ein Gendarm ist ein Beamter
und als solcher selbst dann, wenn er aus eigenem Antriebe thätig ist, befugt, bei
einem Auflaufe die Aufforderung, sich zu entfernen, an die versammelte
Menge mit der Wirkung des §. 116 des R. Str. G. B. zu erlassen, Erk. O. Trib.
4. Okt. 1873 (J. M. Bl. S. 309).
Die Gendarmen sind seit Erlaß des Gesetzes zum Schutz der persönlichen Freiheit
vom 12. Febr. 1850 (oben S. 449) zu Sistirungen, vorläufigen Ergreifungen und
Festnahmen nur in den Fällen des §. 2 (jetzt der 985. 127 ff. der Str. P. O.) des
gedachten Gesetzes befugt. In Fällen, wo die Voraussetzungen dieses Paragraphen
nicht zutreffen, wird gewaltsamer Widerstand gegen Festnahmen durch Gendarmen
nicht nach §. 113 des R. Stir. G. B. bestraft, Erk. O. Trib. 4. Jan. 1872 (M. Bl.
S. 104). Wegen der Haussuchungen vergl. §§. 102 ff. der Sir. P. O.
Die Gendarmen find nicht Hülfsbeamte der Staatsanwaltschaft und also seit
Erlaß der neuen Strafprozeßordnung (8§. 98 ff. das.) nicht mehr befugt, selb-
ständig Beschlagnahmen vorzunehmen, Erk. 24. Okt. 1884 (E. Crim. XI.
S. 175). Eine Ausnahme sindet statt hinsichtlich der Beschlagnahme eingeschwärzten
Viehes durch die an der Landesgrenze mit Wahrnehmung des Sicherheitsdienstes be-
trauten Gendarmen, Res. 21. Juni 1888 (II. 6898). Desgl. sind sie zur Vornahme
von Beschlagnahmen berechtigt, wenn es sich um die beim Gewerbebetrieb im Umher-
ziehen mitgeführten Gegenstände handelt, die gemäß §. 29 Ges. 3. Juli 1876 zur
Sicherstellung der Steuer, Strafe und Kosten oder zum Beweise der strafbaren Hand-
lung dienen können, Res. 8. Febr. 1887 (M. d. J. 1II. 15433). Vgl. weiter unten
Anm. zu §. 113 des R. Str. G. B.