Abschnitt VII. Gendarmerie in den neu erworbenen Landestheilen. 537
zur Dienstleistung überwiesen sind, zu versehen. Die Oberwachtmeister sind jedoch,
damit sie ihre Funktionen als Militärvorgesetzte der Gendarmen erfüllen können, zu
dem Civildienste nicht regelmäßig, sondern nur in besonders dazu geeigneten Fällen
heranzuziehen.
§. 5. Die Bertheilung der Gendarmerie im Lande nach Maßgabe des Bedürf-
nisses und der örtlichen Verhältnisse, die Bestimmung des Stationsortes ihrer Mit-
glieder einschließlich der Offiziere, sowie die Bezeichnung derjeuigen Civilbehörden,
welchen die Oberwachtmeister der Gendarmerie und die Gendarmen in ihren civil-
dienstlichen Verrichtungen unterzuordnen sind, bleibt dem Minister des Innern unter
Rücksprache mit dem Chef der Gendarmerie überlassen.
§. 6. Die Anstellung der Offiziere bei der Gendarmerie behalten Wir uns vor.
Der Militär-Chef soll Uns aber dazu die Vorschläge machen. Die Entlassung und
Pensionirung der Offiziere bei der Gendarmerie erfolgt nach denselben Grundsätzen,
wie die der Offiziere des stehenden Heeres.
§. 7. Die Oberwachtmeister und Gendarmen werden von dem Chef der Gen-
darmerie, die ersteren vorzugsweise aus den dazu geeigneten Gendarmen, die letzteren
aus der Zahl derjenigen Unteroffiziere angenommen und bestellt, welche die als Be-
dingung der Anstellungsfähigkeit vorgeschriebene Dienstzeit im stehenden Heere erfüllt
haben und außerdem
a) den unverletzten Ruf der Treue, Ehrlichkeit, Nüchternheit und eines untadel-
haften Lebens besitzen,
b) ganz fertig lesen, verständlich schreiben und in den vier Spezies rechnen
können, und
J) von starkem gesunden Körperbau und von guten natürlichen Geistesanlagen sind.
Der Chef der Gendarmerie hat die hierauf zu richtenden Prüfungen zu veran-
lassen, die Brigadiers deshalb mit Anweisung zu versehen und demnächst über die
Tüchtigkeit und Anstellung des geprüften Subjekts zu entscheiden, der Brigadier aber
dafür zu haften, daß die Prüfung gewissenhaft, streng und zweckmäßig erfolge.
§. S. Die Anstellung eines Gendarmen ist für die ersten seit dem Tage des
Dienstantritts zu rechnenden sechs Monate nur provisorisch; wenn er während dieses
Zeitraumes der Erwartung nicht entspricht, kann er ohne Weiteres vom Chef entlassen
werden. Bei ihrer Anstellung werden die Gendarmen durch Diensteid verpflichtet.
§. 9. Die Entlassung nach Ablauf der vorgedachten ersten sechs Monate kann
nicht allein durch Kriegsrecht, sondern mit gleicher rechtlicher Wirkung auch durch
Standrecht, alsdann jedoch nur unter Bestätigung des Chefs, verhängt werden.
§. 10. Oberwachtmeister und Gendarmen können wegen solcher Handlungen,
welche zwar nicht in den Strafgesetzen vorgesehen sind, durch welche sie aber die
Pflichten verletzen, welche ihnen ihr Amt auferlegt, oder wenn sie sich durch ihr Ver-
halten in und außer dem Dienste der Achtung, des Ansehens oder des Vertrauens,
die ihr Beruf erfordert, unwürdig zeigen, im Wege der Disziplinar-Untersuchung
durch einen Beschluß des Chefs der Gendarmerie aus dem Dienste entfernt werden.
Gegen diese Entscheidung steht ihnen der Rekurs an das Staatsministerium binnen
einer Frist von vier Wochen nach Empfang der Entscheidung zu.
§. 11. Oberwachtmeister und Gendarmen, welche durch körperliche Gebrechen
oder wegen Schwäche ihrer körperlichen und geistigen Kräfte zu der Erfüllung ihrer
Dienstpflichten dauernd unfähig sind, werden sowohl dann, wenn sie selbst ihre
Pensionirung nachsuchen, als wenn sie dieselbe nicht nachsuchen, durch Verfügung des
Ministers des Innern in dem für die freiwillige, beziehungsweise unfreiwillige
Pensionirung der Civilbeamten vorgeschriebenen Verfahren mit Pension in den Ruhe-
stand versetzt!). Die Vorschriften des Preußischen Civil-Pensionsreglements vom
30. April 1825 und die dazu ergangenen und ergehenden abändernden und ergänzen-
den Bestimmungen finden auf die Oberwachtmeister und Gendarmen mit der Maßgabe
Anwendung, daß die Höhe der Pension nach der Dienstdauer, vom Tage des wirk-
lichen Eintritts in den Dienst, ohne Rücksicht auf das damalige Lebensalter des be-
treffenden Oberwachtmeisters oder Gendarmen, sowie nach dem Betrage des Gehalts,
in dessen Genuß der betreffende Oberwachtmeister oder Gendarm sich zur Zeit seiner
Entlassung befindet, berechnet wird. Diejenigen Oberwachtmeister und Gendarmen,
welche bei eintretender Invalidität noch nicht volle fünfzehn Jahre gedient und sich
unbescholten geführt haben, erhalten jedoch erst nach zurückgelegter sechsmonatlicher
1) Vergl. S. 525 Anm. 1 Abs. 3, S. 183 F. 4, S. 269ff.