578 Abschnitt IX. Strafgesetzbuch.
§. 36. Die Wirkung der Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte über.
haupt, sowie der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Aemter insbesondere, tritt
mit der Rechtskraft des Urtheils ein; die Zeitdauer wird von dem Tage be-
rechnet, an dem die Freiheitsstrafe, neben welcher jene Aberkennung ausgesprochen
wird, verbüßt, verjährt oder erlassen ist. Z
§. 37. Ist ein Deutscher im Auslande wegen eines Verbrechens oder
Vergehens bestraft worden, welches nach den Gesetzen des Deutschen Reichs den
Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte überhaupt oder einzelner bürgerlichen
Ehrenrechte zur Folge hat oder zur Folge haben kann, so ist ein neues Straf-
verfahren zulässig, um gegen den in diesem Verfahren für schuldig Erklärten
auf jene Folge zu erkennen. „
§. 38. Neben einer Freiheitsstrafe kann in den durch das Gesetz vorge-
sehenen Fällen auf die Zulässigkeit von Polizei-Aufsicht!) erkannt werden.
Die höhere Landespolizeibehörde erhält durch ein solches Erkenntniß die
Befugniß, nach Anhörung der Gefängnißverwaltung den Verurtheilten auf die
Zeit von höchstens fünf Jahren unter Polizeiaufsicht zu stellen?).
Diese Zeit wird von dem Tage berechnet, an welchem die Freiheitsstrafe
verbüßt, verjährt oder erlassen ist. Z
§. 39. Die Polizeiaufsicht hat folgende Wirkungen?):
1. dem Verurtheilten kann der Aufenthalt an einzelnen bestimmten Orten
von der höheren Landespolizeibehörde untersagt werden;
2, die höhere Landespolizeibehörde ist befugt, den Ausländer aus dem
Bundesgebiete zu verweisen?);
1) Instr. 12. April 1871, betr. die Stellung unter Polizei-Aufsicht, weiter unten
hinter dem Str. G. B. S. 679.
:) Bezüglich solcher Personen, gegen die in einem Bundesstaate auf Zulässigkeit
von Polizeiaufsicht erkannt worden ist, kann, falls sie sich in einem anderen Bundes-
staate befinden, die Stellung unter Polizeiaufsicht auch von derjenigen Landespolizei-
behörde ausgesprochen werden, in deren Bezirke sie Aufenthalt nehmen. Jede Landes-
polizeibehörde, von der die Stellung unter Polizeiaufsicht angeordnet wird, hat hiervon,
sofern die Person in einem anderen Bundesstaate verurtheilt worden, oder heimathsange-
hörig ist, oder ihren Aufenthalt hat, jeder der dabei betheiligten Landespolizeibehörden
des anderen Staates Mittheilung zu machen, Bek. 9. Aug. 1872 (C. Bl. d. D. R.
S. 1967).
*) Wegen der Ausnahmebestimmungen, welche gegen Polizeibeaufsichtigte bei Ver-
hängung der Untersuchungshaft zur Anwendung kommen, vergl. §. 113 Str. P. O.
Sonstige Wirkungen: Gew. O. 88§. 43, 57, 62; Preß-Ges. 88. 4, 5; Str. P. O.
88. 103 - 106.
) Die im ersten Entwurf vorgeschlagene Fassung: Aufenthalt an bestimmten
Ortschaften ist in Aufenthalt an bestimmten Orten verändert worden, um anzu-
deuten, daß (namentlich in größeren Städten) auch der Besuch einzelner Stadttheile
Straßen, Plätze, Vergnügungslokale, Eisenbahnhöfe 2c. untersagt werden kann. Da-
gegen darf dem Verurtheilten der Aufenthalt an seinem Heimathsorte nicht gänglich
verboten werden, Opp. Anm. 3 zu § 39.
Die Landespolizeibehörde kann die ihr ertheilte Ermächtigung, dem zur Stellung
unter Polizeiaussicht Verurtheilten den Aufenthalt an einzelnen bestimmten Orten zu
untersagen, nicht auf untergeordnete Polizeibehörden übertragen, wohl
aber dadurch ausüben, daß sie diese anweist, allen zur Polizeiaufsicht Verurtheilten
einer gewissen Klasse den Aufenthalt an den von ihr, der Landespolizeibehörde, be-
stimmten Orten zu untersagen, Erk. O. Trib. 28. Mai 1853 (E. XXVI. 136).
5) Die Preußischen Behörden sind nicht befugt, Ausländer aus dem Deutschen
Reichsgebiet auszuweisen, es sei denn, daß ihnen eine derartige Befugniß durch eine
ausdrückliche reichsgesetzliche Vorschrift beigelegt wäre, wie dies namentlich in Fällen
der Bestrafung von Ausländern auf Grund der 88. 39, 284 und 362 R. Str. G. B.
geschehen ist. Daneben sind die Preußischen Regierungen aber, kraft des jedem ein-
zelnen Staate zustehenden Rechtes, befugt, Ausländer, welche die Ordnung und Sicher-
heit gefährden, aus dem Gebiete der Preußischen Monarchie auszuweisen,
beispielsweise solche Personen, welche sich durch Auswanderung der Erfüllung der
Militärpflicht entzogen haben, und, nachdem sie aus der Preußischen Staatsangehörigkeit