688 Abschnitt IX. Unterbringung verwahrloster Kinder.
der Hälfte der ihnen nach dem zweiten Satze dieses Paragraphen obliegenden
Ausgaben, dessen Betrag entweder im Einverständniß mit den einzelnen Ver-
bänden periodisch als Pauschsumme, oder soweit ein Einverständniß nicht
erreicht ist, jährlich auf Liquidation der im Vorjahre aufgewendeten
Kosten vom Minister des Innern festgestellt wird.
Zum Zwecke der Beitreibung der Kosten aus dem eigenen Vermögen des
Zöglings oder von den aus privatrechtlichen Titeln zur Alimentation Ver-
pflichteten werden nach Anhörung des Kommunalverbandes durch den Minister
des Innern Pauschalsätze für die Unterbringung in Anstalten festgestellt.
§. 13. Die näheren Bestimmungen über die Verwaltung des den Kom-
munalverbänden durch dieses Gesetz übertragenen Verwaltungszweiges, sowie
der zu errichtenden Erziehungs= und Besserungsanstalten erfolgen durch besondere
von den Vertretungen der betreffenden Verbände zu erlassende Reglements.
Diese Reglements bedürfen der Genehmigung des Ministers des Innern
und des Ministers der geistlichen, Unterrichts= und Medizinal-Angelegenheiten
in Betreff derjenigen Bestimmungen, welche sich auf die Aufnahme, die Be-
handlung, den Unterricht und die Entlassung der Zöglinge beziehen.
In Betreff der Privatanstalten behält es bei den bestehenden Vorschriften
sein Bewenden. " Z » .
g. 14. Die zuständigen staatlichen Aufsichtsbehörden der im §. 7 be-
zeichneten Kommunalverbände, und in höherer Instanz der Minister des Innern,
haben die Oberaufsicht ) über die zur Unterbringung von 369lingen getroffenen
Leranstaltungen zu führen; sie sind befugt, zu diesem Behufe Revisionen vor-
unehmen.
§. 15. Wenn einer der im §. 7 gedachten Verbände die ihm nach diesem
Gesetze obliegenden, von der Behörde innerhalb der Grenzen ihrer Zuständigkeit
festgestellten Leistungen zu erfüllen verweigert oder unterläßt, so entscheidet dag
Oberverwaltungsgericht auf den Antrag des Oberpräsidenten, in den Hohen-
zollernschen Landen des Regierungspräsidenten?). "
§. 16. Die gesetzlichen Bestimmungen, wonach die zwangsweise Unter-
bringung von Kindern in eine geeignete Familie oder in eine Erziehungs= oder
Besserungsanstalt auch ohne die Voraussetzung einer verübten strafbaren Hand-
lung zugelassen ist, werden durch dieses Gesetz nicht berührt. "
§. 17. Die gesetzlichen Bestimmungen über die religiöse Erziehung der
Kinder gelten unverändert auch für die in diesem Gesetze geordnete Zwangs.
erziehung.
z — Dieses Gesetz tritt mit dem 1. Oktober 1878 in Kraft.
§. 19. Der Minister des Innern ist mit der Ausführung dieses Gesetzes.
beauftragt.
Zu Anmerkung 2 auf S. 687. 6
gehören auch die Kosten, welche durch die gegen alimentationspflichtige Personen ge-
führten Prozesse entstehen, Res. 28. Dez. 1883 (II. S. J. 3450) und desgleichen eine
angemessene Quote als Vergütung für die freie Wohnung, welche die Kommunal=
verbände dem Personal ihrer Erziehungs- und Besserungsanstalten in partem salarii
gewähren, Res. 3. Jan. 1887 (II. S. J. 3083).
Res. 18. Mai 1886 (M. Bl. S. 161): Zu den nach §. 12 Gef. 13. März
1878 zur Hälste von der Staatskasse zu tragenden Zwangserziehungskosten gehören
auch die Stempelkosten für Lehr= und Pflegeverträge.
1) Durch die obige Vorschrift wird das den Regierungen nach der Instr. 23. Okt.
1817 in Verbindung mit lit. D der K. O. 31. Dez. 1825, zustehende Schulauf-
sichtsrecht nicht berührt. Es steht ihnen dies Recht resp. die Verpflichtung zur Beauf.
sichtigung auch hinfichtlich der in den Provinzialanstalten befindlichen Schulen zu.
Ref. 29. Jan. 1884 (M. Bl. S. 150). »«»
2) Es ist aber deshalb nicht befugt, rechtskräftige Beschlüsse des Vormundschafts-
gerichtes nachzuprüfen, E. O. V. VII. 239, XV. 3. Wegen unveränderter Geltung des
§. 15 trotz Art. I. Ges. 22. März 1881 (G. S. S. 176) vergl. E. O. V. XV. 3.