694 Abschnitt X. Gerichtsverfassung. Schöffengerichte.
Der Ausschuß besteht aus dem Amtsrichter als Vorsitzenden und einem von der
Landesregierung zu bestimmenden Staatsverwaltungsbeamten, sowie sieben Vertraueng-
männern als Beisitzern.
i Vertrauensmänner werden aus den Einwohnern des Amtzgerichtsbezirkes
ewählt. *
8 Die Wahl erfolgt nach näherer Bestimmung der Landesgesetze durch die Ver-
tretungen der Kreise, Aemter, Gemeinden und dergleichen Verbände; wenn solche Ver-
tretungen nicht vorhanden sind, durch den Amtsrichter. Letzterer hat die Vertraueng.
männer vornehmlich aus den Vorstehern der vorbezeichneten Verbände zu wählen.
Zur Beschlußfähigkeit des Ausschusses genügt die Anwesenheit des Vorsitzenden
des Staatsverwaltungsbeamten und dreier Vertrauensmänner. Der Ausschuß faßt
seine Beschlüsse nach der absoluten Mehrheit der Stimmen. Bei Stimmengleichheit
entscheidet die Stimme des Vorsitzenden.
§s. 41. Der Ausschuß entscheidet über die gegen die Urliste erhobenen Ein-
sprachen. Die Entscheidungen sind zu Protokoll zu vermerken. Beschwerde findet
nicht statt.
7 §. 42. Aus der berichtigten Urliste wählt der Ausschuß für das nächste Ge-
schäftsjahr:
1. die erforderliche Zahl von Schöffen,
2. die erforderliche Zahl derjenigen Personen, welche in der von dem Ausschusse
festzusetzenden Reihenfolge an die Stelle wegfallender Schöffen treten (Hülfs-
schöffen). Die Wahl ist auf Personen zu richten, welche am Sitze des Amts-
gerichts oder in dessen nächster Umgebung wohnen.
§. 43. Die für jedes Amtsgericht erforderliche Zahl von Hauptschöffen und
Hülfsschöffen wird durch die Landesjustizverwaltung bestimmt.
Die Bestimmung der Zahl der Hauptschöffen erfolgt in der Art, daß vorausfichtlich
Jeder höchsteus zu fünf ordentlichen Sitzungstagen im Jahre herangezogen wird.
§. 44. Die Namen der erwählten Hauptschöffen und Hülfsschöffen werden bei
jedem Amtsgerichte in gesonderte Verzeichnisse !1) ausgenommen (Jahreslisten).
§. 45. Die Tage der ordentlichen Sitzungen des Schöffengerichts werden für
das ganze Jahr im Voraus festgestellt.
Die Reihenfolge, in welcher die Hauptschöffen an den einzelnen ordentlichen
Sitzungen des Jahres Theil nehmen, wird durch Ausloosung in öffentlicher Sitzung
des Amtsgerichts bestimmt. Das Loos zieht der Amtsrichter.
Ueber die Ausloosung wird von dem Gerichtsschreiber ein Protokoll ausgenommen.
§. 46. Der Amtsrichter setzt die Schöffen von ihrer Ausloosung und von den
Sitzungstagen, an welchen sie in Thätigkeit zu treten haben, unter Hinweis auf die
gesetzlichen Folgen des Ausbleibens in Kenntniß.
In gleicher Weise werden die im Laufe des Geschäftsjahrs einzuberufenden
Schöffen benachrichtigt.
§. 47. Eine Aenderung in der bestimmten Reihenfolge kann auf übereinstim-
menden Antrag der betheiligten Schöffen von dem Amtsrichter bewilligt werden, so-
fern die in den betreffenden Sitzungen zu verhandelnden Sachen noch nicht bestimmt
sind. Der Antrag und die Bewilligung sind aktenkundig zu machen.
§. 48. Wenn die Geschäfte die Anberaumung außerordentlicher Sitzungen er-
forderlich machen, so werden die einzuberufenden Schöffen vor dem Sitzungstage in
Gemäßheit des §. 45 ausgeloost.
Erscheint dies wegen Dringlichkeit unthunlich, so erfolgt die Ausloosung durch
den Amtsrichter lediglich aus der Zahl der am Sitze des Gerichts wohnenden Hülfs-
schöffen. Die Umstände, welche den Amtsrichter hierzu veranlaßt haben, sind akten-
kundig zu machen.
Zu Anmerkung 2 auf S. 693.
Die Vertrauensmänner des Ausschusses für den Bezirk von Helgoland werden
durch die Vertretung der dortigen Gemeinde gewählt, Ges. 8. April 1894 (.
S. S. 31).
1) Res. 18. April 1879 (M. Bl. S. 105), 14. Aug. 1879 (M. Bl. S. 227).
15. Okt. 1879 (M. Bl. 1880 S. 51), 18. Jan. 1882 (M. Bl. S. 26), betr. die
Aufstellung der Jahreslisten der Schöffen und der Geschworenen.