Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Erster Band. (1)

Abschnitt XIV. Genossenschafts-Gesetz. 863 
Festgestellte Forderungen, welche im Prüfungstermine von dem Vorstande 
oder den Liquidatoren nicht ausdrücklich bestritten sind, können auch von den in 
Anspruch genommenen Genvssen nicht bestritten werden. 
Das rechtskräftige Urtheil, welches in dem Prozeß über eine im Prüfungs- 
termine von dem Vorstande oder den Liquidatoren bestrittene Forderung für 
oder gegen dieselbe ergeht, wirkt gegenüber allen Genossen. 
In Ansehung einer im Konkursverfahren streitig gebliebenen Forderung 
kann, so lange dieselbe nicht festgestellt ist, eine Verurtheilung der Genossen 
nicht erfolgen. 
§. 117. Die Klage der Gläubiger gegen die einzelnen Genossen verjährt, 
sofern nicht nach Beschaffenheit der Forderung eine kürzere Verjährungsfrist ge- 
setzlich eintritt, in 2 Jahren seit Ablauf der im §. 116 Abs. 2 bestimmten Frist. 
Die Verjährung zu Gunsten eines Genossen wird durch Rechtshandlungen 
unterbrochen, welche gegen die Genossenschaft oder von derselben vorgenommen 
werden; sie wird nicht unterbrochen durch Rechtshandlungen, welche gegen einen 
andern Genossen oder von demselben vorgenommen werden. 
Die Verjährung läuft auch gegen Minderjährige und bevormundete Per- 
sonen, sowie gegen juristische Personen, denen gesetzlich die Rechte der Minder- 
jährigen zustehen, ohne Zulassung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, 
jedoch mit Vorbehalt des Rückgriffs gegen die Vormünder und Verwalter. 
§. 118. Soweit Genossen in Gemäßheit des §. 116 Konkursgläubiger 
befriedigen, treten sie in die Rechte der letzteren gegen die Genossenschaft ein. 
§. 119. Die Bestimmungen der §§. 116 bis 118 finden auf die in den 
letzten 2 Jahren vor der Eröffnung des Konkursverfahrens aus der Genossen- 
schaft ausgeschiedenen Genossen (§8§. 68, 74), welche nicht schon in Gemäßheit 
des §. 73 der Haftpflicht unterliegen, wegen der bis zu dem Zeitpunkte ihres 
Ausscheidens von der Genossenschaft eingegangenen Verbindlichkeiten mit der 
Maßgabe Anwendung, daß der Anspruch der Gläubiger erst nach Ablauf von 
6 Monaten seit dem Termine, in welchem die Nachschußberechnung (S. 107) für 
vollstreckbar erklärt ist, erhoben werden kann. 
Dieser Anspruch erstreckt sich, wenn im Falle des Todes eines Genossen 
dessen Ausscheiden nach dem im §. 75 Abs. 1 bezeichneten Zeitpunkte eingetragen 
ist, auf die bis zum Tage der Eintragung von der Genossenschaft eingegangenen 
Verbindlichkeiten, sofern nicht der Erbe beweist, daß bei ihrer Eingehung dem 
Gläubiger der Tod des Genossen bekannt war. 
II. Für Genossenschaften mit unbeschränkter Nachschußpflicht. 
§. 120. Die Bestimmungen des §F. 112 über die Beschränkung der Be- 
theiligung auf einen Geschäftsantheil und des §. 115 über die Berufung der 
Generalversammlung im Falle der Ueberschuldung finden auf die Genossen- 
schaften mit unbeschränkter Nachschußpflicht Anwendung. 
§. 121. Die Beitrittserklärungen (§. 15) müssen die ausdrückliche Bemerkung 
enthalten, daß die einzelnen Genossen mit ihrem ganzen Vermögen verpflichtet 
sind, der Genossenschaft die zur Befriedigung der Gläubiger derselben erforder- 
lichen Nachschüsse nach Maßgabe des Gesetzes zu leisten. 
§. 122. Ist im Falle der Eröffnung des Konkursverfahrens nach Ablauf 
von 3 Monaten seit dem Termine, in welchem die Nachschußberechnung (§. 107) 
für vollstreckbar erklärt ist, die Befriedigung oder Sicherstellung der im §. 98 
Abs. 1 bezeichneten Konkursgläubiger noch nicht bewirkt, so sind die hierzu er- 
forderlichen Beiträge von den innerhalb der letzten 18 Monate vor der Eröffnung 
des Konkursverfahrens ausgeschiedenen Genossen, welche nicht schon in Gemäß- 
heit des §. 73 oder des §. 74 Abs. 4 der Nachschußpflicht unterliegen, nach 
Maßgabe des §F. 98 zur Konkursmasse zu leisten. » 
§. 123. Der Konkursverwalter hat ohne Verzug eine Berechnung über 
die Beitragspflicht der Ausgeschiedenen aufzustellen. !*½* 
In der Berechnung sind dieselben namentlich zu bezeichnen und auf sie die 
Beiträge zu vertheilen, soweit nicht das Unvermögen Einzelner zur Leistung 
von Beiträgen vorauszusehen ist. Z„ 
Im Uebrigen finden die Vorschriften in §. 99 Abs. 3, S§. 100 bis 102, 
104 bis 106 und 108 entsprechende Anwendung.
	        
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