Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Erster Band. (1)

Abschnitt XVIII. Viehseuchen-Gesetz. 973 
Die Sperre eines Ortes, einer Feldmark oder eines sonstigen Sperr- 
gedietes (Absatz 1) y ist nur dann zulässig, wenn die Seuche ihrer Beschaffenheit 
nach eine größere und allgemeinere Gefahr einschließt ). Die Sperre kann auf 
einzelne Straßen oder Theile des Orts oder der Feldmark beschränkt werden. 
Die polizeilich angeordnete Sperre eines Stalles oder sonstigen Stand- 
ortes, eines Gehöftes oder einer Weide verpflichtet den Besitzer, diejenigen 
Einrichtungen zu treffen, welche zur wirksamen Durchführung der Sperre vor- 
geschrieben werden. · 
§. 23. 5. Die Impfung der der Seuchengefahr ausgesetzten Thiere, die 
thierärztliche Behandlung der erkrankten Thiere, sowie Beschränkungen in der 
Befugniß zur Vornahme von Heilversuchen. · 
Die Impfung oder die thierärztliche Behandlung darf nur in den Fällen 
angeordnet werden, welche in diesem Gesetze ausdrücklich bezeichnet sind, und 
zwar nach Maßgabe der daselbst ertheilten näheren Vorschriften. 
Die polizeilich angeordnete Impfung erfolgt unter Aufsicht des beamteten 
Thierarztes oder durch denselben. 
§. 24. 6. Die Tödtung der an der Seuche erkrankten oder verdächtigen 
Thiere. 
Dieselbe darf nur in den Fällen angeordnet werden, welche in diesem 
Gesetze ausdrücklich vorgesehen sind. 
Die Vorschrift unverzüglicher Tödtung der an einer Seuche erkrankten 
oder verdächtigen Thiere findet, wo sie in diesem Gesetze enthalten ist, keine 
Anwendung auf solche Thiere, welche einer der Staatsaufsicht unterworfenen 
höheren Lehranstalten übergeben sind, um dort für die Zwecke derselben ver- 
wendet zu werden. 
§. 25. Werden Thiere, welche bestimmten Verkehrs= oder Nutzungs- 
beschränkungen oder der Absperrung unterworfen sind, in verbotwidriger Be- 
nutzung oder außerhalb der ihnen angewiesenen Räumlichkeit oder an Orten, 
zu welchen ihr Zutritt verboten ist, betroffen, so kann die Polizeibehörde die 
sofortige Tödtung derselben anordnen. 
§. 26. 7. Die unschädliche Beseitigung der Kadaver solcher Thiere, welche 
an der Seuche verendet, in Folge der Seuche oder in Folge des Verdachts 
getödtet sind, und solcher Theile des Kadavers kranker oder verdächtiger Thiere, 
welche zur Verschleppung der Seuche geeignet sind (Fleisch, Häute, Eingeweide, 
Hörner, Klauen u. s. w.), endlich der Streu, des Düngers oder anderer Abfälle 
kranker oder verdächtiger Thiere. 
§. 27. 8. Die Unschädlichmachung (Desinfektion) der von den kranken 
oder verdächtigen Thieren benutzten Ställe und Standorte und Eisenbahn-- 
rampen, sowie des von ihnen herrührenden Döüngers:) und die Unschädlich- 
machung oder unschädliche Beseitigung der mit denselben in Berührung ge- 
kommenen Geräthschaften und sonstigen Gegenstände, insbesondere auch der 
Kleidungsstücke solcher Personen, welche mit den kranken Thieren in Berührung 
gekommen sind. 
Erforderlichenfalls kann auch die Desinfizirung der Personen, welche mit 
seuchenkranken oder verdächtigen!) Thieren in Berührung gekommen sind, an- 
geordnet werden. 
In Zeiten der Seuchengefahr und für die Dauer derselben kann die 
Reinigung der von zusammengebrachten, der Seuchengefahr ausgesetzten Thieren 
benutzten Wege und Standorte (Rampen, Buchten, Gastställe, Marktplätze u. s. W.) 
polizeilich angeordnet werden 7. 
Die Durchführung dieser Maßregel muß nach Anordnung des beamteten 
Thierarztes und unter polizeilicher Ueberwachung erfolgen. 
Zu Anmerkung 5 auf S. 977. 
und die betr. Stallungen nach dem Gutachten des beamteten Thierarztes gehörig 
desinfizirt sind, Res. 3. Juni 1893 bei v. Rohrscheidt S. 57. 
1) Eingefügt durch die Nov. 1. Mai 1894. Z 
2) Die weitere Bedingung, daß Thiere in größerer Anzahl bereits davon befallen 
sein mußten, ist durch die Nov. 1. Mai 1894 gestrichen worden.
	        
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