Abschnitt XXXVIII. Kreis-Ordnung für die östlichen Provinzen. 1067
61. Der Kreisausschuß bestimmt endgültig denjenigen Amtsvorsteher
beziehungsweise Bürgermeister, welcher die in Bezug auf die öffentlichen Wege
nothwendigen Anordnungen zu treffen hat, wenn die Betheiligten verschiedenen
Amtsbezirken, beziehungsweise Amts- und Stadtbezirken angehören).
Diese Bestimmung findet gleichmäßig Anwendung auf die in Vorfluths=
und anderen polizeilichen Angelegenheiten zu treffenden Anordnungen.
§. 62. Das durch die §§. 5 ff. des Gesetzes vom 11. Mai 1850 (G. S.
S. 265) :) der Ortspolizeibehörde für den Umfang einer Gemeinde ertheilte
Recht zum Erlaß von Polizeistrafverordnungen wird auf den Amtsvorsteher
mit der Maßgabe übertragen, daß er nicht nur für den Umfang einer einzelnen
Gemeinde oder eines einzelnen Gutsbezirks, sondern auch für den Umfang
mehrerer Gemeinden oder Gutsbezirke und für den Umfang des ganzen Amts-
bezirks unter Zustimmung des Amtsausschusses, auch im Falle des §. 7 des
Gesetzes, derartige Verordnungen zu erlassen befugt ist.
Versagt der Amtsausschuß die Zustimmung, so kann dieselbe auf Antrag
des Amtsvorstehers durch Beschluß des Kreisausschusses ergänzt werden. Der
Beschluß ist endgültig.
§. 63. Der Amtsvorsteher hat in den seiner Verwaltung anheimfallenden
Angelegenheiten das Recht der vorläufigen Straffestsetzung nach den Vorschriften
des Gesetzes vom 23. April 1883.
§. 64. (Fortgefallen.)
Dienstliche Stellung der Gemeinde= und Gutsvorstände, sowie der Gendarmen
zu dem Amtsvorsteher.
§. 65. Die Gemeinde= und Gutsvorsteher ?) sind verbunden, den An-
Zu Anmerkung 4 auf S. 1066.
ordnungen vgl. §. 132 L. B. G. — wegen des Instanzenzuges in polizeilichen An-
gelegenheiten vgl. §. 127 ebenda, in Kommunalangelegenheiten §. 5 Zust. Ges.
Die Polizeibehörden dürfen nur in dringenden Fällen gegen säumige Armen-
verbände (beifpielsweise um dieselben zur Unterbringung obdachloser Familien zu
nöthigen) einschreiten, Erk. 2. Okt. 1880 (E. O. V. VII. 129).
1) d. h. wenn ein Weg in mehreren Amtsbezirken liegt; nicht aber, wenn er
nur in einem Amtsbezirke liegt, aber seine Unterhaltung zum Theile einem Guts-
bezirke obliegt, der zu einem anderen Amtsbezirke gehört, E. O. V. XXIII. 175.
Beim Tode des bestimmten Amtsvorstehers tritt hier ohne Weiteres sein Stellvertreter
oder Nachfolger ein, E. O. V. XXIV. 250. Hat ein Amtsvorsteher zugleich einen
benachbarten Bezirk zu verwalten, so ist er zu Anordnungen bezüglich eines in beiden
Bezirken liegenden Weges ohne besondere Bestimmung zuständig, E. O. V. XX. 215.
Die in solchen Fällen entstehenden Kosten sind von den betheiligten Verbänden an-
theilsweise nach den Grundsätzen in 5§. 8, 2 Tit. 17 Th. I. A. L. R. über zu-
fällig entstandene Gemeinschaften zu tragen, E. O. V. XXVII. 8.
2) §§F. 5 ff. sind abgedruckt in B. I. S. 416 ff.
In Amtöbezirken, die nur aus einer Gemeinde bestehen, werden die Funktionen
des Amtsausschusses bei dem Erlaß von Polizeiverordnungea, in Gemäßheit des 8, 51
Nr. 2 Kr. O. durch die Gemeindeversammlung bezw. Gemeindevertretung wahrgenommen,
Erk. O. Trib. 16. Juni 1876 (M. Bl. S. 203).
Wegen des Erlasses von Polizeiverordnungen vergl. die allgemeinen Vorschriften
in §§. 130 ff. L. V. G.
*:) Der Amtsvorsteher ist dem Gemeindevorsteher in bestimmten Beziehungen
übergeordnet und hat insofern auch eine geschäftliche Aufsicht über denselben zu
führen, er besitzt aber nicht ein persönliches Aufsichtsrecht, welches sich über die
gesammte Dienstführung des Gemeindevorstehers erstreckt und die Befugniß verleiht,
in dessen Geschäftskreis durch Kontrolle oder in anderer Weise einzugreifen. Dem-
zufolge ist der Amtsvorsteher auch nicht befugt, gemäß §. 196 des Str. G. B. als
Vorgesetzter des Gemeindevorstehers einen Strafantrag wegen Beleidigung zu stellen,
welche dem letzteren bloß in Bezug auf Gemeindee#angelegenheiten widerfahren sind,
Erk. O. Trib. 15. Okt. 1874 (M. Bl. S. 285).