Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Zweiter Band. (2)

Abschnitt XXXVIII. Kreis-Ordnung für die östlichen Provinzen. 1069 
Die Aufsicht über die Geschäftsführung der Amtsvorsteher führt der Land- 
ratht) als Vorsitzender2) des Kreisausschusses. 
Dienstvergehens) des Amtsvorstehers. 
§. 68. Bezüglich der Dienstvergehen der Amtsvorsteher finden die Be- 
stimmungen des Gesetzes vom 21. Juli 1852, betreffend die Dienstvergehen 
der nicht richterlichen Beamten (G. S. S. 465), mit folgenden Maßgaben 
Anwendung: 
1. Ueber die Verhängung von Ordnungsstrafen"!) gegen die Amtsvorsteher 
beschließt im Umfange des den Provinzialbehörden beigelegten Ordnungs- 
strafrechtes der Kreisausschuß und im Umfange des dem Minister bei- 
elegten Ordnungsstrafrechts der Regierungspräsident. Dem Landrathe 
Leht das Recht zur Verhängung von Ordnungsstrafen gegen die Amts- 
vorsteher nicht zu. 
Gegen den Beschluß des Kreisausschusses") findet innerhalb zwei 
Wochen die Beschwerde an den Bezirksausschuss, gegen die Strafver- 
fügungen des WDerungspräsidenten innerhalb gleicher Frist die Be- 
schwerde an den Oberpräsidenten statt. 
Gegen den auf die Beschwerde Wrgependen Beschluß des Bezirks- 
ausschusses beziehungsweise des Oberpräsidenten findet innerhalb zwei 
Wochen die Klage beim Oberverwaltungsgerichte statt. 
2. In dem auf Entfernung aus dem Amte gerichteten Verfahren wird die 
Einleitung des Disziplinarverfahrens von dem Landrathe oder von dem 
Regierungspräsidenten verfügt und von demselben der Untersuchungs- 
kommissar, sowie der Vertreter der Staatsanwaltschaft für die erste 
Instanz ernannt. 
Die entscheidende Behörde erster Instanz ist der Kreisausschuß, die 
entscheidende Behörde zweiter Instanz das Oberverwaltungsgericht. Der 
1) Der Landrath ist der Dienstvorgesetzte des Amtsvorstehers, obwohl ihm ein 
Ordnungsstrafrecht gegen ihn nicht zusteht, Erk. O. V. G. 16. Okt. 1878. Nr. I. 
1269; die Beschwerden über seine Anordnungen bei Ausübung der Aussicht gehen 
an den Regierungspräsidenten. Der Landrath hat besonders die Kontrolle Über das 
Kafsenwesen der Amtsverbände, Res. 3. April 1874 (M. Bl. S. 101). 
Der Amtsvorsteher darf Privatbüreauarbeiter aunehmen. Liegen jedoch Thatsachen 
vor, die die Befürchtung rechtfertigen, daß die Integrität des Amtes und das Ver- 
trauen zu der Behörde durch den Mangel an sittlicher Zuverlässigkeit und Unbe- 
scholtenheit der Privatbüreauarbeiter gefährdet werden können, so hat die Aufsichtsbehörde 
das Recht und die Pflicht einzuschreiten, E. O. B. XII. 423. 
2) Im Falle der Verhinderung des Landraths führt also der stellvertretende 
Vorsitzende des Kreisausschusses (s. 136 Abs. 2) die Aufsicht über die Geschäfts- 
führung der Amtsvorsteher. 
2) Die Kreiskommunalbeamten (Kommunalkafsen-Rendanten, Amtsvorsteher 2c.) 
sind der Disziplinargewalt der im §. 68 bezeichneten Behörden, nach Maßgabe dieses 
Baragraphen auch in dem Falle unterworfen, wenn sie ihr Kommunalamt nur neben- 
amtlich bekleiden und vermöge ihres Hauptamtes unmittelbare Staatsbeamte sind, 
Erk. 3. Mai 1879 (E. O. V. V. 41). 
4) Die von dem Kreisausschuß und in höherer Instanz von dem Bezirksver- 
waltungsgericht festgesetzten Ordnungsstrafen fließen zur Kreiskommunalkasse, Res. 
12. Dez. 1874 (M. Bl. 1875 S. 2) und 23. März 1878 (M. Bl. S. 46). Die 
durch die Disziplinaruntersuchung gegen einen Amtsvorsteher entstehenden Kosten 
gehören zu den von der Kreiskorporation zu tragenden Ausgaben der Kreisausschuß- 
verwaltung, Res. 26. März 1880 (M. Bl. S. 167). 
Wegen des Umfanges des Ordnungsstrafrechtes vergl. §§. 15, 18, 19 Diszi- 
plinarges. 21. Juli 1852 (oben in B. I S. 242). 
*¾/l Gegen den Beschluß des Kreisausschusses kann auch der Vorsitzende aus 
Gründen des öffentlichen Interesses Beschwerde erheben, da er nicht Kreiskommunal- 
angelegenheiten, sondern Angelegenheiten der allgemeinen Landesverwaltug betrifft, 
E. O. V. 1III. 55; V. 146.
	        
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