Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Zweiter Band. (2)

Abschnitt XXXVIII. Kreis-Ordnung für die östlichen Provinzen. 1073 
Fünfter Abschnitt. Von dem Amt des Landraths. 
Landrath. 
a) Ernennung desselben. 
§. 74. Der Landrath wird vom Könige ernannt. 
Der Kreistag ist befugt, für die Besetzung des erledigten Landrathsamtes 
geeignete Personen, welche seit mindestens einem Jahre dem Kreise durch Grund- 
besitz oder Wohnsitz angehören, in Vorschlag zu bringen. 
Geeignet zur Bekleidung der Stelle eines Landrathes sind diejenigen Per- 
sonen, welche - 
1. die Befähigung zum höheren Verwaltungs- oder Justizdienste erlangt 
haben, welche · · „ 
2. dem Kreise seit mindestens einem Jahr durch Grundbesitz oder Wohnsitz 
angehören, und zugleich mindestens während eines vierjährigen Zeit- 
raumes, entweder 
a) als Referendare 1) im Vorbereitungsdienste bei den Gerichten und 
Verwaltungsbehörden 
oder 
b) in Selbstverwaltungsämtern des betreffenden 2) Kreises, des Bezirkes 
oder der Provinz, jedoch nicht lediglich als Stellvertreter oder 
als Mitglieder von Kreiskommissionen 
thätig gewesen sind. — 
Auf den Zeitraum von vier Jahren kann zu den 2b) bezeichneten Personen 
eine Beschäftigung bei höheren Verwaltungsbehörden bis zur Dauer von zwei 
Jahren in Anrechnung gebracht werden. 
b) Stellvertretung desselben. 
§. 75. Behufs Stellvertretungs) des Landrathes werden von dem Kreis- 
tage aus der Zahl der Kreisangehörigen zwei Kreisdeputirte") auf je sechs 
41) Der betreffende Referendar muß während eines vierjährigen Zeitraumes bei 
den Gerichten und Verwaltungsbehörden thätig gewesen sein, nicht bloß bei den Ge- 
richten oder bei den Verwaltungsbehörden. 
2) Das Wort „betreffend“ bezieht sich nicht nur auf den Kreis, sondern auch 
auf den Bezirk und die Provinz. Abg. H. Sten. Ber. 1880/81 S. 1874. Selbst- 
verwaltungsämter sind die Aemter der Amtsvorsteher, der gewählten Mitglieder der 
Kreisausschüfse, Bezirksausschüsse, Provinzialräthe und Provinzialausschüsse. 
2) Der §. 75 entspricht der bisherigen Anordnung, daß die Regierungen die 
Stellvertretung der Landräthe in Berhinderungsfällen niemals über 14 Tage hinaus 
den Kreissekretären anvertrauen dürfen und daß bei einer Berhinderung von längerer 
Dauer, sowie bei eintretender Vakanz die Stellvertretung einem Kreisdeputirten über- 
tragen werden muß, Res. 10. Mai 1831 (M. Bl. 1841 S. 314). 
Die Stellvertretung des Landrathes kann nicht bloß einem der Kreisdeputirten, 
sondern auch einem Königlichen Beamten übertragen und dieser Stellvertreter des 
Landrathes auch mit der Leitung der Wahl der Kreistagsabgeordneten in den Wahlver- 
Inden der größeren Grundbesitzer beauftragt werden, Erk. 17. Mai 1883 (E. O. B. 
Die Regierungen find bei der Auswahl des Kreisdepntirten, dem sie die Stell- 
vertretung des verhinderten Landrathes übertragen wollen, nicht beschränkt; sie sind 
nicht verpflichtet, sie dem ältesten Kreisdeputirten zu übertragen, Res. 9. Jan. 1876 
und 24. Okt. 1877. 
4) Es empfiehlt sich, zu Kreisdeputirten vorzugsweise Mitglieder des Kreisaus- 
schusses zu wählen, die Gelegenheit gehabt haben, sich mit den Geschäften des letzteren 
vertraut zu machen, Res. 7. Sept. 1873 (Decker, Kr. O. S. 166). 
Die Kreisdepurirten erhalten für die Verrichtung von Dienstgeschäften in Ver- 
tretung des Landrathes außerhalb der landräthlichen Kreise Diäten und Reisekosten 
nach den für Räthe der vierten Rangklasse bestimmten Sätzen, Res. 14. Juli 1874 
M. Bl. S. 226). Vertreten fie den Landrath innerhalb des Kreises, so erhalten sie 
6 Mark Diäten pro Tag und zwar auch dann, wenn sie am Sitze des Landraths= 
Illing-Kautz, Handbuch II. 7. Aufl. 68
	        
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