1076 Abschnitt XXXVIII. Kreis-Ordnung für die östlichen Provinzen.
besitzern, mit Einschluß der juristischen Personen, Aktiengesellschaften und
Kommanditgesellschaften auf Aktien, welche von ihrem gesammten, auf dem
platten Lande innerhalb des Kreises belegenen Grundeigenthume den Betrag
von mindestens 225 Mark an Grund= und Gebäudesteuer !) entrichten, be-
ziehungsweise zu entrichten haben würden, wenn sie nach Maßgabe der Gesetze
vom 21. Mai 1861 (G. S. S. 253 und 317) zur Grund= beziehungsweise Ge-
bäudesteuer veranlagt wären.
Nach Erlaß der Provinzialordnung bleibt den Provinzialvertretungen
überlassen, für ihre Provinz oder auch für einzelne Kreise derselben den Betrag
von 225 Mark auf den Betrag von 300 Mark zu erhöhen oder bis auf den
Betrag von 150 Mark zu ermäßigen. 6.
Für einzelne Kreise der Provinz Sachsen darf diese Erhöhung bis zu dem
Betrage von 450 Mark erfolgen. 6
Dem Wahlverbande der größeren ländlichen Grundbesitzer treten diejenigen
Gewerbetreibenden und Bergwerksbesitzer hinzu, welche wegen ihrer auf dem
platten Lande innerhalb des Kreises betriebenen gewerblichen Unternehmungen
in den Klassen 1 und II2) der Gewerbesteuer mit dem Mittelsatze veranlagt
find (§. 14 Abs. 4).
Bildung des Wahlverbandes der Landgemeinden.
§. 87. Der Wahlverband der Landgemeinden umfaßt:
1. sämmtliche Landgemeinden des Kreises;
2. sämmtliche Besitzer selbständiger:) Güter mit Einschluß der juristischen
Personen, Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien,
Lkiche nicht zu dem Verbande der größeren Grundbesitzer (§. 86) ge-
ören;
Zu Anmerkung 3 auf S. 1075.
diesem Wahlverbande nur insofern in Betracht, als die Grundstücke innerhalb des
Kreises gelegen sein müssen und daher mit Kreisabgaben belegt werden können und
daß sie nicht zu städtischen Gemeindebezirken gehören dürfen, im Uebrigen ist es un-
wesentlich, ob die Grundstücke Landgemeinden oder Gutsbezirken oder beiden zugleich
angehören, oder auch kommunalfrei sind, Erk. O. V. G. 8. Nov. 1876 (E. I. 117).
1) Es genügt ein Grundeigenthum, wofür 225 Mk. an Grundsteuer o der an
Gebäudesteuer entrichtet werden, Erk. O. B. G. 8. Jan. 1880 Nr. II. 196.
2) §. 80 Gewerbesteuerges. 24. Juni 1891. Unter „Bergwerksbesitzern“ find
auch Berggewerkschaften inbegriffen, Res. 15. Dez. 1886.
*) Mit dem Ausdruck selbständige Güter hat nicht die wirthschaftliche, sondern
die kommunale Selbständigkeit ausgedrückt werden sollen. Die Frage, wer bei Zer-
stückelung von Gutsbezirken in größerem Maßstabe, als Restgutsbesitzer und als
Träger der öffentlichen Rechte und Pflichten des Gutsbezirkes anzusehen ist, läßt sich
nur nach den in jedem konkreten Falle obwaltenden besonderen Berhältnissen ent-
scheiden. Keinesfalls aber kann den Besitzern der Trennstücke gestattet werden, einen
besonderen Repräsentanten für die Ausübung des Wahlrechtes zum Kreistage zu
wählen, Res. 10. März 1873. Art. 3 Nr. 8 der Instr.
Ausnahmsweise können bei der Zerstückelung von Gutsbezirken auch aus solchen
Theilstücken, die weniger als 225 Mk. an Grund= und Gebändesteuer (. 86 oben)
entrichten, selbständige Gutsbezirke gebildet werden, wenn die Nathwendigkeit einer
anderweiten kommunalen Regelung ländlicher Besitzungen durch das öffentliche Inter-
esse bedingt wird und ihre Vereinigung mit einem Gemeindebezirke im Hinblick auf
die örtliche Lage und die sonst in Betracht kommenden örtlichen Verhältnisse unthunlich
ist, Res. 20. März 1888 (M. Bl. S. 102).
Unter selbständigen Gütern im Sinne des §. 87 sind kommnnalrechtlich-selbständige
Gutsbezirke zu verstehen. Die Besitzer von Abzweigungen selbständiger Güter und
von kommunalfreien Grundstücken find überhaupt nicht stimmberechtigt, Erk. O. V. G.
13. Okt. 1876 (E. 1. 109).
Sind in Folge von Abverkäufen und Zerstückelungen in einem selbständigen
Gutsbezirke mehrere Besitzer vorhanden, so ist in das Verzeichniß nur der Besitzer des
Restgutes mit der auf das letztere entfallenden Grund= und Gebäudesteuer aufzu-
nehmen, Art. 3 der Instr. 13. Dez. 1872 (M. Bl. 1873 S. 89).