Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Zweiter Band. (2)

1132 Abschnitt XXXIX. Landesverwaltungs-Gesetz. 
gelegten Berufung erfolgt vor dem Bezirksausschusse durch den von dem 
Regierungspräsidenten, vor dem Oberverwaltungsgerichte durch den von dem 
Ressortminister zu bestellenden Kommissar. 
§. 85. Die Frist zur Einlegung der Berufung beträgt vorbehaltlich der 
Bestimmungen der §§. 82 Abs. 2, 83 Abs. 2 und 157 dieses Gesetzes 
zwei Wochen. 
§. 86. Innerhalb der in §. 85 gedachten Frist ist, bei Verlust des 
Rechtsmittels, die Berufung bei dem Gerichte, gegen dessen Entscheidung die- 
selbe gerichtet ist ), schriftlich anzumelden und zu rechtfertigen. 
Das Gericht prüft, ob die Abmeldung rechtzeitig erfolgt ist. Ist dies 
der Fall, so wird die Berufungsschrift mit ihren Anlagen der Gegenpartei 
zur schriftlichen Gegenerklärung innerhalb einer bestimmten, von einer bis zu 
vier Wochen zu bemessenden Frist zugefertigt. 
Zur Rechtfertigung der Berufung, sowie zur Gegenerklärung kann in 
nicht schleunigen Sachen eine angemessene, der Regel nach nicht über zwei 
Wochen zu erstreckende Nachfrist gewährt werden?). 
Ist die Frist versäumt, so ist die Berufung ohne Weiteres durch einen 
mit Gründen versehenen Bescheid zurückzuweisen. Namens des Kreisausschusses 
steht auch dem Vorsitzenden, Namens des Bezirksausschusses dem Vorsitzenden 
im Einverständniß mit den ernannten Mitgliedern der Erlaß eines solchen 
Bescheides zu. In demselben ist dem Berufungskläger zu eröffnen, daß ihm 
innerhalb zwei Wochen vom Tage der Zustellung ab die Beschwerde an das 
Berufungsgericht zustehe, widrigenfalls es bei dem Bescheide verbleibe. 
§. 8V7. Der Berufungsbeklagte kann sich der Berufung anschließen?), 
selbst wenn die Berufungsfrist verstrichen ist. 
§. 88. Nach Ablauf der Frist sind die Verhandlungen dem Verufungs= 
gerichte einzureichen. Die Parteien sind hiervon unter abschriftlicher - 
theilung der eingegangenen Gegenerklärung zu benachrichtigen. 
§. 89. Bezüglich der von einer Partei eingelegten Berufung findet die 
Bestimmung des 8. 67 für das Berufungsgericht entsprechende Anwendung 
mit der Maßgabe, daß gegen den Bescheid nur der Antrag auf mündliche 
Verhandlung zulässig ist. 
  
!) Die fristzeitige Anbringung des Rechtsmittels bei dem für die Eutscheidung 
zuständigen Gericht reicht nicht hin (Berf. O. B. G. 26. Sept. 1876, E. I. 436) 
und ebensowenig die bloße Anmeldung der Bernfung; die fristzeitige Rechtfertigung 
ist an keine Form gebunden, sie muß aber Gegenstand und Ziel der Beschwerde er- 
kennbar machen, E. O. V. II. 433, V. 202 und XIII. 222. 
Der Präsentationsvermerk ist nicht unbedingt maßgebend, besonders nicht, wenn 
eine Verzögerung der Empfangnahme durch ein Versehen der Behörde, bei der das 
Rechtsmittel anzubringen war, eingetreten ist, Erk. O. V. G. 27. Febr. 1879 Nr. II. 
455, 30. Okt. 1880 Nr. I. 1932. 
:) Die mangels anderweitiger Bestimmung vom Tage des Ablaufs der gesetz- 
lichen Frist an läuft, E. O. V. XlI. 435, XXVI. 434. Die Bewilligung einer 
Nachfrist ist auch nach Ablauf der gesetzlichen Frist statthaft, wenn uur der Antrag 
innerhalb der letzteren an das zuständige Gericht gelangt ist, E. O. B. XXIV. 149. 
*) Auch noch im Termine zur mündlichen Verhandlung, E. O. B. VII. 260, 
XXV. 207. Hat eine Partei ein ihr theilweise ungünstiges Endurtheil erster Instanz 
nicht angefochten, so kann sie seine Abänderung nicht noch dadurch erlangen, daß sie 
sich, nachdem die Gegenpartei die Berufung und demnächst die Revision giugelegt 
hat, in der Revifionsinstanz beiden Rechtsmitteln anschließt, E. O. B. VIII. 156. 
Im Disziplinarverfahren findet der Auschluß an die Berufung Seitens der Gegen- 
partei nicht statt, E. O. V. XII. 433. 
Die Anschließung wird unwirksam, sobald das gegnerische Rechtsmittel selbst 
wegfällt, E. O. V. XVIII. 445. 
Legt der Vorsitzende des Kreisausschusses gegen dessen Entscheidung aus Gründen 
des öffentlichen Interesses die Berufung ein, so steht nicht ihm, sondern dem Re- 
gierungspräsidenten gegen das zweitinstangliche Urtheil die Klage auf Wiederaufnahme 
des Verfahrens zu, Erk. 9. Mai 1885 (E. O. V. XII. 439).
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.