Abschnitt XXXIX. Landesverwaltungs-Gesetz. 1133
Die Abänderung der durch Berufung angefochtenen Entscheidung findet
nur nach vorgängiger Anberaumung der mündlichen Verhandlung statt.
§. 90. Die Ladung der Parteien zur mündlichen Verhandlung erfolgt
unter der Verwarnung, daß beim Ausbleiben nach Lage der Verhandlungen
werde entschieden werden. In gleicher Weise erfolgt in den Fällen der Be-
rufung aus Gründen des öffentlichen Interesses die Ladung des zur Ver-
tretung desselben bestellten Kommissars.
Das Gericht kann zur Aufklärung des Sachverhältnisses das persönliche
Erscheinen einer Partei anordnen.
§. 91. Ist die Berufung von dem Vorsitzenden des Kreisausschusses oder
des Bezirksausschusses aus Gründen des öffentlichen Interesses 1) eingelegt, so
entscheidet das Berufungsgericht zunächst über die Vorfrage, ob das öffent-
liche Interesse für betheiligt zu erachten ist, Wird die Vorfrage verneint, so
weist das Berufungsgericht, ohne im Uebrigen in die Sache selbst einzutreten,
die Berufung als unstatthaft zurück.
§. 92. Die SS. 66, 70. 71 — mit Ausschluß der Bestimmungen über die
Abänderung der Klage — §§. 72 bis 81 sind auch für das Verfahren in der
Berufungsinstanz:) maßgebend.
Die Zufertigung der Entscheidung erfolgt durch Vermittelung desjenigen
Gerichts, gegen dessen Entscheidung die Berufung eingelegt worden war.
§. 93. Gegen die von den Bezirksausschüssen in zweiter Instanz erlassenen
Endurtheile steht, soweit nicht gemäß besonderer geselicher Vorschrift diese
Urtheile endgültig) oder die gegen dieselben stattfindenden Rechtsmittel in ab-
weichender Weise geregelt sind, den Parteien das Rechtsmittel der Revision
an das Oberverwaltungsgericht zu.
Soweit das Rechtsmittel der Revision überhaupt zugelassen ist, steht das-
selbe aus Gründen des öffentlichen Interesses auch dem Vorsitzenden des Bezirks-
ausschusses zu.
§. 94. Die Revision kann nur darauf gestützt werden:
1. daß die angefochtene Enischeidung auf der Aichtanwendung oder auf der
unrichtigen Anwendung des bestehenden Rechts, insbesondere auch der
von * Behörden innerhalb ihrer Zuständigkeit erlassenen Verordnungen
eruhe );
2. daß das Verfahren an wesentlichen s) Mängeln leide.
§. 95. Die Bestimmungen des §. 66, des §. 71 — mit Ausschluß der
Bestimmungen über die Abänderung der Klage — sowie der Gi- 72 bis 75,
80 und 81, 82 Abs. 2, 84 bis 90 sind auch für die Frist zur Einlegung und
RNechtfertigung der Revision, sowie für das Verfahren in der Revisionsinstanz
maßgebend.
Die Anmeldung und Rechtfertigung der Revision hat bei demjenigen Ge-
richte zu erfolgen, welches in erster Instanz entschieden hat.
§. 96. In der Revisionsschrift ist anzugeben, worin die behauptete Nicht-
anwendung oder unrichtige Anwendung des bestehenden Rechts oder worin die
behaupteten Mängel des Verfahrens gefunden werden.
1) Hinsichtlich der Borfrage, ob das öffentliche Interefse betheiligt ist, vergl. E.
O. B. III. 171, IV. 347, V. 46, 331, VIII. 301, IX. 347.
2) Der Bernfungsrichter ist befugt, unter Umständen eine Sache zur anderweiten
Entscheidung in die Borinstanz zurückzuweisen, E. O. B. IV. 367, III. 52, 1I. 403.
Er ist nicht wie der Revifionsrichter (§. 94), auf die Prüfung der Richtigkeit der
Vorentscheidung beschränkt, vielmehr steht ihm die Entschließung über die Klage auf
Grund des ihm vorliegenden Thatbestandes in vollem Umfange und ganz in derselben
Weise zu wie dem Richter erster Instanz, E. O. B. VI. 270. Die Aenderung des
Klagegrundes in den höheren Instanzen ist unzulässig, E. O. B. XVI. 390.
*:) So z. B. in den Fällen der S§. 74 und 114 Zust. Ges. und §. 1 Bd.
31. Dez. 1883 (G. S. 1884 S. 7).
4) Vergl. C. Pr. O. F. 513.
5) Was find „wesentliche“ Mängel? Vergl. E. O. V. I. 311, 324, 407,
409, 11I. 209, 379, 450, III. 109, IV. 131, 178, 253, 368, VI. 394, VIII. 187,
IX. 433, XII. 433, XIV. 198, XXV. 310, 897.