1144 Abschnitt XXXIX. Laudesverwaltungs-Gesetz.
Behörden findet, soweit das Gesetz nicht ausdrücklich Anderes 1) bestimmt, die
Beschwerde:) statt, und zwar:
a) gegen die Verfügungen der Ortspolizeibehörden auf dem Lande oder
einer zu einem Landkreise gehörigen Stadt, deren Einwohnerzahl bis zu
10,000 Einwohner beträgt, an den Landrath und gegen dessen Bescheid
an den Regierungspräsidenten; 4
b) gegen die Verfügungen der Ortspolizeibehörden eines Stadtkreises mit
Ausnahme von Berlin, einer zu einem Landkreise gehörigen Stadt mit
mehr als 10,000 Einwohnern?), oder des Landraths an den Regierungs-
präsidenten und gegen dessen Bescheid an den Oberpräsidenten");:
Jc) gegen ortspolizeiliche Verfügungen in Berlin an den Oberpräsidenten.
Gegen den in letzter Instanz ergangenen Bescheid des Regierungspräsidenten
beziehungsweise des Oberpräsidenten findet die Klage bei dem Oberverwaltungs-
gerichte statt.
Die Klage kann nur darauf gestützt werden,
1. daß der angefochtene Bescheid durch Nichtanwendung oder unrichtige
Anwendung des bestehenden Rechts, insbesondere auch der von den Be-
örden innerhalb ihrer Zuständigkeit erlassenen Verordnungen den Kläger
in seinen Rechten#) verletze; F5r
2. daß die thatsächlichen Voraussetzungen nicht vorhanden seien, welche die
Polizeibehörde zum Erlasse der Verfügung berechtigt") haben würden.
Zu Anmerkung 35 auf S. 1143.
heiten der Landespolizeibehörden auf die nachgeordneten Behörden und Beamten nicht
Übertragen werden, E. O. V. XXX. 281, 412.
s 1) So beispielsweise im Falle des §. 14 Enteignungsges. 11. Juni 1874 und
des §. 14 Eisenbahnges. 3. Nov. 1838. Der für diese beiden Fälle angeordnete
Instanzenzug bleibt unberührt.
:) Diese ist an besondere formelle Borschriften nicht gebunden, doch muß die Un-
zufriedenheit mit einer polizeilichen Berfügung ausgedrückt und die Anrufung der
höheren Instanz bezweckt sein, E. O. B. X. 350.
*:) Die in den Is§. 127, 128 für Städte mit mehr als 10,000 Einwohnern
gegebenen Bestimmungen kommen in der Provinz Hannover auf die im §. 27 Abs. 1
H. Kr. O. 6. Mai 1884 bezeichneten Städte ohne Rücksicht auf die Einwohnerzahl
zur Anwendung.
4) Für den Stadtkreis Charlottenburg tritt gemäß Res. 24. März 1877 an Stelle
des Regierungspräsidenten der Polizeipräsident zu Berlin.
5) Die sog. Popularklage ist also ausgeschlossen; zur Einlegung des Rechtsmittels
ist nur befugt, wer durch die betreffende Verfügung in seiner Person oder in seinem
Lermögen berührt wird, E. O. V. III. 222, IV. 233, V. 412, VII. 312, X. 199,
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Die Polizeibehörde ist nicht verpflichtet, Mittel zur Beseitigung polizeilich un-
zulässiger Zustände anzugeben, E. O. B. XIV. 331, Erk. O. V. G. 26. März 1888
(Pr. B. Bl. IX. 310); auf der anderen Seite hat der Berpflichtete unter mehreren
gleichberechtigten Mitteln die Wahl, E. O. V. I. 326, VI. 290, 318, XlI. 381,
XIII. 400.
Unmögliches darf nicht verlangt werden; eine Verfügung, deren Ausführung sich
von vornherein aus rechtlichen oder thatsächlichen Gründen als unthunlich erweist, ist
daher aufzuheben, E. O V XXIV. 384; desgl. eine solche, in der das zu Leistende
nicht genügend zum Ausdrucke gelangt, E. O V. IX. 231, XX. 278, 283, XXIII. 341.
Die Verfügung kann nur ganz oder theilweise aufrecht erhalten oder aufgehoben,
nicht etwa abgeändert werden, E. O. V. VI. 294; X. 267; XXIII. 315, 389.
6") Der Berwaltungerichter ist also nicht befugr, über die Frage zu entscheiden,
ob die angefochtene Verfügung in casu nothwendig oder angemessen. „Erst dann
handelt es sich um die „Berechtigung“ (der Polizeibehörde zum Erlaß der angefochtenen
Verfügung) und ist nach dieser Richtung ein Verwaltungsstreitverfabren möglich, wenn
behauptet wird, daß die Verfügung die äußersten, dem volizeilichen Ermessen gezogenen
Grenzen überschreite, daß sie nicht sowohl auf objektiven polizeilichen Motiven
als vielmehr auf Willkür oder sonstiger Pflichtwidrigkeit der Behörde beruhe“, C. O.
V. II. 393, VIII. 331. Bergl. E. O. V. II. 398, III. 291, 340, IV. 374, V.