110 Abschnitt XXXIII. R. Gew. Ordn. Gesellen und Gehülfen.
8. wenn sie jur Fortsetzung der Arbeit unfähig oder mit einer abschrecken-
den Krankheit behaftet 4#
In den unter Nr. 1 bis 7 gedachten Fällen ist die Entlassung nicht mehr
zulässig, wenn die zu Grunde liegenden Thatsachen dem Arbeitgeber länger als
eine Woche bekannt sind.
Inwiefern in den unter Nr. 8 gedachten Fällen dem Entlassenen ein An-
spruch auf Entschädigung zustehe, ist nach dem Inhalt des Vertrages und nach
den allgemeinen gesetzlichen Vorschriften zu beurtheilen.
§. 124. Vor Ablauf der vertragsmäßigen Zeit und ohne Aufkündigung
können Gesellen und Gehülfen die Arbeit verlassen:
1. wenn sie zur Fortsetzung der Arbeit unfähig werden;
2. wenn der Arbeitgeber oder seine Vertreter sich Thätlichkeiten oder grobe
Beleidigungen gegen die Arbeiter oder gegen ihre Familienangehörigen
zu Schulden kommen lassen;
3. wenn der Arbeitgeber oder seine Vertreter oder Familienangehörige der-
selben die Arbeiter oder deren Familienangehörige zu Handlungen ver-
leiten oder zu verleiten versuchen oder mit den Familienangehörigen der
Arbeiter Handlungen begehen, welche wider die Gesetze oder die guten
Sitten laufen;
4. wenn der Arbeitgeber den Arbeitern den schuldigen Lohn nicht in der
bedungenen Weise auszahlt, bei Stücklohn nicht für ihre ausreichende
Beschäftigung sorgt, oder wenn er sich widerrechtlicher Uebervortheilungen
gegen sie schuldig macht!);
5. wenn bei Fortsetzung der Arbeit das Leben oder die Gesundheit der
Arbeiter einer erweislichen Gefahr ausgesetzt sein würde, welche bei Ein-
gehung des Arbeitsvertrages nicht zu erkennen war.
In den unter Nr. 2 gedachten Fällen ist der Austritt aus der Arbeit nicht
mehr zulässig, wenn die zu Grunde liegenden Thatsachen dem Arbeiter länger
als eine Woche bekannt sind. ·
§ 124 a. Außer den in 88. 123 und 124 bezeichneten Fällen kann jeder
der beiden Theile aus wichtigen Gründen?) vor Ablauf der vertragsmäßigen
Zeit und ohne Innehaltung einer Kündigungsfrist die Aufhebung des Arbeits-
verhältnisses verlangen, wenn dasselbe mindestens auf vier Wochen oder wenn
eine längere als vierzehntägige Kündigungsfrist vereinbart ist.
§. 124 b. Hat ein Geselle oder Gehülfe rechtswidrig die Arbeit verlassen,
so kann der Arbeitgeber als Entschädigung für den Tag des Vertragsbruchs
und jeden folgenden Tag der vertragsmäßigen oder gesetzlichen Arbeitzzeit,
höchstens aber für eine Woche, den Betrag des ortsüblichen Tagelohnes (5. 8
.l J.
des Krankenversicherungs-Gesetzes vom 10-April#88 R. G. Bl. S. 417) fordern. Diese
Forderung ist an den Nachweis eines Schadens nicht gebunden?). Durch
ihre Geltendmachung wird der Anspruch auf Erfüllung des Vertrages und
auf weiteren Schadensersatz ausgeschlossen. Dasselbe Recht steht dem Gesellen
oder Gehülfen gegen den Arbeitgeber zu, wenn er von diesem vor rechtmäßiger
Beendigung des Arbeitsverhältnisses entlassen worden ist.
§. 125. Ein Arbeitgeber, welcher einen Gesellen oder Gehülfen verleitet,
vor rechtmäßiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Arbeit zu verlassen,
ist dem früheren Arbeitgeber für den entstandenen Schaden oder den nach
§. 124b an die Stelle des Schadensersatzes tretenden Betrag als Selbst-
schuldner mitverhaftet. In gleicher Weise haftet ein Arbeitgeber, welcher einen
) Bleibt der Arbeiter wegen rückständigen Lohnes aus, so kann er über den
Zeitpunkt seines Austrittes hinans Lohn nicht beanspruchen, Erk. R. G. 3. Mai 1831
(Reger I. 368). ½m“ »
2)TodesfälleoderfchwereKraukhettmder·ZamtltedesArbeitgebercqdet
Arbeiters, unter Umständen auch wohl Gelegenheit zur Berheirathung für eine
Arbeiterin. · » »
I)ZnständigzanmicheidnngistdasAmtsgerxchywoemGewetbegerichtovsk
Innungsschiedsgerich besteht, dieses; Ges. 29. Juli 1890 (R. G. Bl. S. 141)
Is. 3, 1, 78, 79.