Abschnitt XXXIX. Zuständigkeits-Gesetz. 1165
Gutsvorsteher 1) kommen die Bestimmungen des Gesetzes vom 21. Juli 1852
mit folgenden Maßgaben zur Anwendung.
1. Die Befugniß, gegen die Gemeindevorsteher (Amtmänner in Westfalen,
Bürgermeister in der Rheinprovinz), Schöffen, Mitglieder des kollegia-
lischen Gemeindevorstandes und sonstigen Gemeindebeamten, sowie gegen
Gutsvorsteher Ordnungsstrafen zu verhängen, steht dem Landrathe,
und im Umfange des den Provinzialbehörden beigelegten Ordnungs-
strafrechts dem Regierungspräsidenten zu. ·
Gegen die Strafverfügungen des Landraths findet innerhalb zwei
Wochen die Beschwerde an den Regierungspräsidenten, gegen die Straf—
verfügungen des Regierungspräsidenten innerhalb gleicher Frist die
Beschwerde an den Oberpräsidenten statt. ·
2. Gegen die von dem Amtmann in Westfalen oder von dem Bürger—
meister in der Rheinprovinz auf Grund des 8. 83 der Westfälischen
Landgemeinde-Ordnung vom 19. März 1856, beziehungsweise der
§§. 83 und 104 der Rheinischen Gemeinde-Ordnung vom 23. Juli
1845 gegen Unterbeamte der Gemeinden, Aemter oder Bürgermeistereien
erlassenen Strafverfügungen findet innerhalb zwei Wochen die Beschwerde
an den Landrath und gegen den auf die Beschwerde ergehenden Be-
schluß des Landraths innerhalb zwei Wochen die Beschwerde an die
Regierungspräsidenten statt.
3. Gegen den auf die Beschwerde in den Fällen zu 1 und 2 in letzter
Instanz ergehenden Beschluß des Regierungspräsidenten, beziehungsweise
des Oberpräsidenten findet innerhalb zwei Wochen die Klage bei dem
Oberverwaltungsgerichte statt.
In den Hohenzollernschen Landen findet gegen die Strafverfügungen
des Regierungspräsidenten innerhalb zwei Wochen unmittelbar die
Klage bei dem Oberverwaltungsgerichte statt.
4. In dem Verfahren auf Entfernung aus dem Amte wird die Einleitung
des Verfahrens von dem Landrathe oder von dem Regierungspräsidenten
verfügt:) und von denselben der Untersuchungskommissar und der Ver-
treter der Staatsanwaltschaft ernannt. Als entscheidende Disziplinar-
behörde erster Instanz tritt an die Stelle der Sezirksregterung der
Kreisausschuß; an die Stelle des Staatsministeriums tritt das Ober-
verwaltungsgericht. Der Vertreter der Staatsanwaltschaft bei dem
Oberoerwaltungsgericht- wird von dem Minister des Innern ernannts).
In dem vorstehend zu 4 vorgesehenen Verfahren ist entstehenden Falles
auch über die Thatsache der Dienstunfähigteit der ländlichen Gemeindebeamten
Entscheidung zu treffen.
Ueber streitige Pensionsansprüche der besoldeten Gemeindebeamten be-
schließt, soweit nach den Gemeindeverfassungsgesetzen die Beschlußfassung der
Aufsichtsbehörde zusteht, der Kreisausschuß, und zwar, soweit der Beschluß
sich darauf erstreckt, welcher Theil des Diensteinkommens bei Feststellung der
Pensionsansprüche als Gehalt anzusehen ist, vorbehaltlich der den Betheiligten
gegen einander zustehenden Klage im Verwaltungsstreitverfahren, im Uebrigen
vorbehaltlich des ordentlichen Rechtsweges. Der Beschluß ist vorläufig voll-
eckbar.
§. 37. Zuständig in erster Instanz ist im Verwaltungsstreitverfaren
für die in diesem Titel vorgeschriebenen Fälle, sofern nicht im Einzelnen anders
1) Aber nicht der sonstigen Gutsbeamten, E. O. V. XIX. 167; den Beamten
der Gutsbezirke steht die Klage im Verwaltungsstreitverfahren gegen Berfügungen,
durch welche sie in Disziplinarstrafen genommen werden, nicht zu, E. O. V. XVIII.
442; auf Entlassung stellvertretender Gutsvorsteher findet das Verfahren des §. 36
Anwendung, wenn sie gegen den Willen desjenigen, der sie bestellt hat, aus dem
Amte entfernt werden sollen, VII. 183.
:) Also nicht vom Kreisausschusse, E. O. V. XVI. 397.
3) Die Kosten des Verfahrens rrägt der Kreisausschuß, wenn der Angeklagte
freigesprochen oder das Verfahren mit Rücksicht auf den Ausfall der Voruntersuchung
eingestellt wird, Res. 26. März 1880 (M. Bl. S. 167).