1178 Abschnitt XXXIX. Zuständigkeits-Gesetz.
§. 56. Gegen die Anordnungen der Wegepolizeibehörde, welche den Bau
und die Unterhaltung der öffentlichen Wege oder die Aufbringung und Ver-
theilung der dazu erforderlichen Kosten oder die Inanspruchnahme von Wegen
für den öffentlichen Verkehr?) betreffen, findet als Rechtsmittel innerhalb zwei
Wochen der Einspruch an die Wegepolizeibehörde statt?).
Wird der Einspruch der Vorschrift des ersten Absatzes zuwider innerhalb
der gesetzlichen Frift bei denjenigen Behörden erhoben, welche zur Beschlußfassung
oder Entscheidung auf Beschwerden gegen Beschlüsse oder Verfügungen der
Wegepolizeibehörde zuständig sind, so gilt die Frist als gewahrt.
Der Einspruch ist in solchen Fällen von den angerufenen Behörden an
die Wegepolizeibehörde zur Beschlußfassung abzugeben.
Ueber den Einspruch hat die Wegepolizeibehörde zu beschließen. Gegen
den Beschluß findet die Klage im Verwaltungsstreitverfahren statt?). Dieselbe
Zu Anmerkung 3 auf S. 1177.
Lehnt die Wegepolizeibehörde ein Einschreiten ab, so ist dagegen nicht Einspruch
und Klage nach §F. 56 zulässig, sondern nur Beschwerde an die vorgesetzte Iustanz,
E. O. V. III. 186; IV. 229; VIII. 194; XXV. 219.
1) Inanspruchnahme eines Weges für den öffentlichen Verkehr ist eine poli-
zeiliche Maßregel behufs Inanspruchnahme einer Landfläche als öffentlicher Weg gegen
denjenigen, der darauf privatrechtliche, den öffentlichen Berkehr beeinträchtigende oder
ausschließende Eigenthums- oder Nutzungsrechte geltend macht; sie liegt auch dann
vor, wenn ein Weg, dessen Bestimmung für den öffentlichen Fußverkehr unbestritten
ist, für den öffenlichen Fahrverkehr in Anspruch genommen wird; sie findet auch statt
gegen Personen, die nicht den Weg für ihren Privatweg angesehen wissen wollen,
sondern eine den Verkehr erschwerende Grundgerechtigkeit an dem Wege prätendiren,
vergl. E. O. V. II. 226, 238, III. 351, V. 224, IX. 207, 233, X. 213, XX. 222,
XXV. 207 und Erk. O. B. G. 1. Mai 1886 (Nr. I. 576) und 13. März 1886
(Pr. Berw. Bl. S. 292, 288).
Ein auf Einspruch ergangener und nicht, oder nicht rechtzeitig angefochtener
Bescheid der Wegepolizeibehörde, durch den ein Weg für den öffentlichen Verkehr in
Anspruch genommen wird, schafft nicht endgültiges Recht, es kann vielmehr im Einzel-
falle von Neuem materiell entschieden werden, E. O. V. XXIII. 163.
Eine ortspolizeiliche Verfügung, die die Beseitigung einer Wege-
sperre fordert, weil der Weg ein öffentlicher und im allgemeinen Verkehreinteresse
erforderlich sei, gehört nicht zu den polizeilichen Berfügungen im Sinne der 8§. 127 ff.
Land. Verw. Gefs., sondern unterliegt den Vorschriften über wegepolizeiliche Verfügungen
gemäß §. 56 Zust. Ges, ist daher mittelst Einspruchs und event. Klage an-
zufechten. Die Belastung eines Grundstücks mit einem Wegerecht ist eine öffentliche
Last, welche zu ihrer Wirksamkeit Dritten gegenüber der Eintragung in das Grund-
buch nicht bedarf, und deren Fortdauer ebenso wenig von der unterlassenen Anmeldung
im Konkurse des Grundeigenthümers als davon berührt wird, daß dieser es versäumt
hat, die Inabganugstellung der Grundsteuer für das Wegeterrain herbeizuführen, Erk.
R. Ger. 30. Juni 1888 (I. 764). 6
Gegen den Wegebaupflichtigen als solchen kann die Frage, ob ein Weg ein
öffentlicher ist, nur durch eine bauliche Anforderung, nicht durch Inanspruchnahme
für den öffentlichen Verkehr ausgetragen werden, E. O. V. XX. 215.
Wegepolizeiliche Anordnungen sind nur aus Anlaß eines bestimmten Falles und
gegen eine bestimmte Person möglich, Erk. O. V. G. 4. Dez. 1891 (Pr. V. Bl. XII. 271).
Zur Begründung der Klage ist nicht gerade nötbig, daß Kläger sein Eigenthum
am Wege nachweist, wenn er nur darthut, daß der Weg kein öffentlicher ist, E. O.
V. XII. 268.
2) Schreitet die Polizeibehörde durch sofortige Ausführung einer Wegebauarbeit zur
Anwendung unmittelbaren Zwanges, so findet, je nachdem sich der Betroffene durch
die darin liegende Anordnung oder durch die Ausführung des Zwangmittels beschwert
fühlt, ersterenfalls das Rechtsmittel des Einspruches, letzterenfalls aber nur die An-
rufung der Aufsfichtebehörde statt, Erk. 28. April 1888 (E. O. V. XVI. 284).
*) Die Klage ist in dem Falle des §. 56 erst zulässig nach zuvorigem Einspruch.
Wird von vornherein Klage erhoben, so ist dieselbe als Einspruch zu behandeln und
an die Wegepolizeibehörde zur Beschlußfassung abzugeben, E. O. V. VIII. 190, 199.