Abschnitt XL. Pensionirung der Lehrer und Lehrerinnen. 1279
öffentlichen Schule (öffentlichen Volksschule) definitiv angestellte Lehreri) erhält eine
lebenslängliche Penfion, wenn er nach seiner Dienstzeit von wenigstens zehn Jahren
in Folge körperlichen Gebrechens oder wegen Schwäche einer körperlichen oder geistigen
Kräfte zur Erfüllung seiner Amtspflichten dauernd unfähig ist und deshalb in den
Ruhestand versetzt wird).
Ist die Dienstunfähigkeit die Folge einer Krankheit, Verwundung oder sonstigen
Beschädigung, welche der Lehrer bei Ausübung des Dienstes oder aus Beranlassung
desselben ohne eigene Verschuldung sich zugezogen hat, so tritt die Pensionsberechtigung
auch bei kürzerer als zehnjähriger Dienstzeit ein.
Bei Lehrern, welche das fünfundsechszigste Lebensjahr vollendet haben, ist ein-
getretene Dienstunfähigkeit nicht Vorbedingung des Anspruchs auff Pension.
Lehrern, welche, abgesehen von dem Falle des Abs. 2, vor Vollendung des
zehnten Dienstjahres dienstunfähig und deshalb in Ruhestand versetzt werden, kann bei
vorhandener Bedürftigkeit von dem Unterrichtsminister eine Pension entweder auf
bestimmte Zeit oder lebenslänglich bewilligt werden.
§. 2. Die Penfion beträgt.s), wenn die Versetzung in den Ruhestand nach
vollendetem zehnten, jedoch vor vollendetem elften Dienstjahre erfolgt, 1½⅛0% und
steigt von da ab mit jedem weiter zurückgelegten Dienstiahre um ½% des im
F. 4 bestimmten Diensteinkommens. Ueber den Betrag von 1⅜0 dieses Einkommens
hinaus findet eine Steigung nicht statt.
In dem im S§. 1 Abs. 2 erwähnten Falle beträgt die Pension 1%0, in dem
Falle des §. 1 Abs. 4 höchstens 1½%⅝0 des vorbezeichneten Diensteinkommens.
§. 3. Bei jeder Pension werden überschießende Markbrüche auf volle Mark ab-
gerundet ).
§. 42). Der Berechnung der Penfion wird das von dem Lehrer zuletzt bezogene,
1) Das Ges. findet nur auf Lehrer Anwendung, die an öffentlichen Volksschulen
angestellt find, nicht auf Lehrer an Mittelschulen, Res. 3. Nov. 1888 (C. Bl. U. B.
1889 S. 239). Bergl. wegen dieser letzteren Ges. 11. Juni 1894 (G. S. S. 109)
weiter unten. Ueber den Unterschied beider Arten von Schulen vergl. auch Erk. O.
B. G. 23. Sept. 1893 (C. Bl. U. B. S. 798). Jüdische Schulen, die lediglich der
Ertheilung des jüdischen Religionsnnterrichtes dienen, haben nicht den Eharakter
öffentlicher Volksschulen, Erk. O. V. G. 29. Mai 1896 (Pr. V. Bl. XVIII. 156).
Die von einem Privatvereine errichtete Rettungsanstalt ist eine Privatanstalt, die
mit ihr verbundene Schule keine öffentliche Volksschule. Die Pensionsberechtigung
kann daher den Lehrern an einer solchen Schule nur durch einen Nachtrag zum
Bereinsstatute beigelegt werden, Res. 11. Jan. 1888 (C. Bl. U. V. S. 254). Wird
aber ; B. an Stelle einer privaten Fabrikschule bei der Volksschule des Ortes eine
besondere Klasse für den Unterricht der in Fabriken beschäftigten schulpflichtiger Kinder
eingerichtet, so hat der Lehrer dieser Klasse alle Rechte und Pflichten der an öffent-
lichen Volksschulen angestellten Lehrer, Res. 5. Jan. 1888 (C. Bl. U. V. S. 252).
Dies gilt auch von endgültig angestellten, vollbeschäftigten Zeichenlehrern und
Handarbeitslehrerinnen, Res. 30. März 1886 (Schneider und v. Bremen BodV. III.
S. 894).
2) Vergl. Ausf. Best. 2. März 1886 Nr. 4. Weigert sich ein Lehrer im Falle
dauernder Dienstunfähigkeit seine Pensionirung nachzusuchen, so ist die zwangsweise
Penfionirung gemäß Res. 5. Sept. 1888 (C. Bl. U. B. S. 765) einzuleiten.
Zur Vermeidung übermäßiger Belastung der Pensionskasse, sowie ernftllicher
Schwierigkeiten für die Besetzung vakanter Stellen soll die Versetzung der Lehrer in
den Ruhestand nur bei zwingender Nothwendigkeit eintreten, Res. 26: Sept. 1887
(C. Bl. U. V. S. 782).
Die Pensionsberechtigung durch Verzichtleistungen in den Vokationen aus-
zuschließen, ist grundsätzlich unstatthaft. Solchen Vokationen soll die Bestätigung
versagt werden, Res. 3. Juli und 6. Dez. 1878 (Schneider und v. Bremen Bd. I.
S. 260).
2) Ohne Anrechnung etwaiger Bezüge aus besonderen, durch freiwillige Beiträge
der Lehrer gebildeten Pensionskassen, Sten. Ber. A. H. 1885 S. 1323.
4) Bergl. Ausf. Best. 2. März 1886 Nr. 8.
5) §. 4 ist ergänzt durch das Ruhegehaltskafsenges. 23. Juli 1893 (weiter unten)
und durch §§. 11, 20 Lehrerbesoldungsges. 3. März 1894.