Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Zweiter Band. (2)

1294 Abschnitt XL. Fürsorge für die Waisen der Lehrer. 
§. 5. Das Waisengeld kann mit rechtlicher Wirkung weder abgetreten, noch 
verpfäudel oder soust übertragen werden. 
§. 6. Das Recht auf den Bezug des Waisengeldes erlischt: 
1. mit dem Ablauf des Monats, in welchem die Waise das achtzehnte Lebens- 
jahr vollendet; 
2. mit dem Ablauf des Monats, in welchem fie sich verheirathet oder stirbt. 
Das Recht auf den Bezug des Waisengeldes ruht, wenn die Waise die deutsche 
Staatsangehörigkeit verliert, bis zur etwaigen Wiedererlangung derselben. 
§s. 7. Die Entscheidung darüber, ob und welches Waisengeld den Waisen eines 
Lehrers zusteht, erfolgt durch die Schulaufsichtsbehörde ). 
Die Beschreitung des Rechtsweges gegen diese Entscheidung steht den Betheiligten 
offen, doch muß die Entscheidung des Ministers der geistlichen, Unterrichts= und 
Medizinal-Angelegenheiten der Klage vorhergehen und letztere sodann bei Berlust des 
Klagerechts innerhalb sechs Monaten, nachdem den Betheiligten die Entscheidung des 
Ministers der geistlichen, Unterrichts= und Medizinal-Angelegenheiten bekannt gemacht 
worden, erhoben werden. 
Der Berlust des Klagerechts tritt auch dann ein, wenn von den Betheiligten 
gegen die Entscheidung der Schulaussichtsbehörde über den Anspruch auf Waisengeld 
nicht binnen gleicher Frist die Beschwerde an den Minister der geistlichen, Unterrichts- 
und Medizinal-Angelegenheiten erhoben ist. 
§. 8S. Für den Bereich der Wittwen= und Waisenkasse im Regierungsbezirk 
Wiesbaden kann mit Königlicher Genehmigung von dem Minister der geiftlichen, 
Unterrichts= und Medizinal-Angelegenheiten angeordnet werden, daß die den Lehrer- 
waisen aus dieser Kasse zustehenden Bezüge ganz oder theilweise um den Betrag der 
genselben nach diesem Gesetz aus der Staatskasse zu gewährenden Waisengelder gekürzt 
werden. 
Die Kürzung ist jedoch nur soweit zulässig, als die aus der Kasse zahlbare 
Wittwen= und Waisenpension nicht unter den Betrag von jährlich zweihundert und 
fünfzig Mark herabsinkt, und nur unter der weiteren Boraussetzung, daß die ein- 
tretende Ersparniß zur entsprechenden Ermäßigung der Beiträge der zur Unterhaltung 
der Kasse verpflichteten Volksschullehrer und Schulverbände Verwendung findet. 
§. 9. Dieses Gesetz tritt mit dem 1. Juli 1890 in Kraft. 
Mit dem gedachten Zeitpunkte treten die Bestimmungen der Dienstpragmatik für 
das vormalige Fürstenthum Hohenzollern-Hechingen vom 11. Oktober 1843 über die 
Gewährung von Erziehungsbeiträgen an Waisen von Bolksschullehrern außer Krast. 
§. 10. Mit der Ausführung dieses Gesetzes werden die Minister der geistlichen, 
Unterrichts= und Medizinal-Angelegenheiten und der Finanzminister beauftragt. 
  
1) D. i. diejenige Regierung, in deren Bezirk der Lehrer zuletzt angestellt gewesen 
ist, Ausf. Res. 15. Juli 1890. Die Beibringung der Geburteregister = Auszüge ist 
zur Festsetzung der Waisengelder nothwendig. Die Festsetzung und die Bewilligung 
der Waisengelder liegt aber lediglich im Interesse der Waisengeldberechtigten. Die 
Gebühren für die Ausfertigung der Auszüge find daher, selbst wenn die Auszüge von 
der Regierung gefordert sind, von den Waisengeldberechtigten zu tragen. Ansgenommen 
bei Sen Unvermögen; in diesem Falle hat die Ertheilung der Auszüge gebührenfrei 
zu erfolgen. 
Uebrigens können die Regierungen Weiterungen wegen der Kosten dadurch ver- 
meiden, daß sie vor der Festsetzung der Waisengelder den Waisengeldberechtigten auf- 
geben, die Auszüge beizubringen, Res. 13. April 1895 (C. Bl. U. V. S. 465). 
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