Abschnitt XLI. Von dem Pfarrer und dessen Rechten. 1329
§. 426. Kirchenbediente, welche sich mit den ihnen angewiesenen Gebühren
nicht begnügen, sollen um den drei= bis zehnfachen Betrag des zu viel Ge-
forderten fiskalisch bestraft1!) werden.
§. 427. Kein Geistlicher darf dergleichen Handlungen, die einer andern
Parochie zukommen, ohne ausdrückliche Bewilligung des gehörigen Pfarrers
vornehmen.
428. Dieser aber darf, gegen Empfang der ihm zukommenden Gebühren,
die inwilligung nicht versagen. 4“
§. 429. Diese Einwilligung muß schriftlich ertheilt, und es dürfen dafür
keine besondere Gebühren gefordert werden.
§. 430. Eine dergleichen Einwilligung berechtigt jeden zu dergleichen Hand-
lungen überhaupt befugten Geistlichen, die Handlung vorzunehmen.
§. 431. Soll aber bei einem protestantischen Eingepfarrten die Handlung
von einem katholischen Geistlichen, oder umgekehrt, verrichtet werden, so ist dazu
die Erlaubniß des Staats?) erforderlich.
§. 432. Soll ein Pfarrer eine an sich ihm gebührende Handlung in dem
Sprengel eines andern Pfarrers von seiner Religionspartei vornehmen: so
muß dazu die Einwilligung des diesem Sprengel vorgesetzten Pfarrers ein-
geholt werden.
§. 433. Dieser letztere ist schuldig, die Einwilligung gegen Empfang der
halben Gebühren zu ertheilen; dem die Handlung selbst vollziehenden Pfarrer
aber darf deswegen von seinen Gebühren nichts abgezogen werden.
§. 434. Ein Pfarrer, welcher obigen Vorschriften zuwider, eine vor einen
andern Pfarrer gehörende Handlung ohne dessen Einwilligung vornimmt, soll
um den doppelten Betrag der erhaltenen Gebühren fiskalisch bestraft; der ge-
örige Pfarrer aber von dem Eingepfarrten entschädigt werden.
Die §§. 435—445, betr. die Trauungs) sind aufgehoben?.
Zu Anmerkung 2 auf S. 1328.
vertretung der Bischof und der Regierungs-Präfident die Genehmigung zu ertheilen
(§. 21 Nr. 9 und §. 50 Nr. 6 Ges. 20. Juni 1875, Art. 1 Nr. 3 Vd. 30. Jan.
1893, G. S. S. 13). Ueber die Betheiligung des Ober-Präfidenten vergl. s. 8 Nr. 7
Ges. 7. Juni 1876 und Art. I Bd. 30. Jan. 1893 (G. S. S. 11).
Stolgebühren können durch Observanz begründet werden, Erk. O. Trib. 21. Okt.
1861 (Str. Arch. XLIII. 158).
Die Gebühren für Grabstellen und das Setzen von Grabdenkmälern gehören
nicht zu den Stolgebühren und eben so wenig die Gebühren für das Glocken-
läuten und für die Anfertigung und das Zuschütten von Gräbern, Res. 15. Okt.
1869 (E. 18959); desgl. nicht die Fuhrentschädigung der Geistlichen bei Diensten
außerhalb des Amtssitzes, Erk. O. Trib. 28. März 1872 (Sir Arch. CXXXVI. 65).
1) Die Festsetzung der Strafe erfolgt entweder als Digsziplinar-Orduungsstrafe
durch die geistliche Behörde oder auf deren Antrag durch die Gerichte, Res. 11. Febr.
1844 (M. Bl. S. 27).
) Dieser Erlaubniß, als unvereinbar mit der Berfassungs-Urkunde, bedarf es
nicht mehr, Res. 11. März 1849 (M. Bl. S. 44); der Anspruch des parochus
competens auf Zahlung der Stolgebühren für die durch einen Geistlichen anderer
Konfession verrichtete Amtshandlung ist aber nicht beseitigt, sondern besteht nach wie
vor, Res. 6. Okt. 1851 (M. Bl. S. 280).
2) Evangelisches Kirchengesetz 27. Juli 1880 (K. G. Bl. S. 109), be-
treffend die Trauungsorduung.
8. 4. Zur Vornahme des kirchlichen Aufgebots zuständig ist das Pfarramt
der für die Trauung gewählten Parochie (§. 9).
§. 9. Zuständig zur Vornahme der Trauung find nach der Wahl der zu Trau-
enden die Pfarrämter der Parochie, welcher der eine oder andere Theil bisher ange-
rt hat, sowie derjenigen, in welcher sie als Ehegatten ihren Wohnsitz nehmen
wollen.
§. 10. Ein nicht zuständiger Geistlicher bedarf zur Vornahme einer Trauung
des Erlaubnißscheines eines der zuständigen Geistlichen.
§. 12. Die Trauung findet statt bei allen nach dem bürgerlichen Recht zulässigen
Ehen, jedoch sind ausgenommen:
Illing-Kautz, Handbuch II, 7. Aufl. 84