1366 Abschnitt XLI. Vorschriften über Kirchen= u. Schulabgaben.
S§. 846. Das Gnadenfahr bleibt der Wittwe und den Kindern, wenn sie
auch ihres Mannes und Vaters Erben nicht geworden sind.
52 847. Doch können rechtmäßig enterbte Kinder keinen Anspruch darauf
machen. ."
§. 848. Ist eine Wittwe vorhanden, so gebührt derselben allein das
Guadeniahr; sie muß aber dagegen für den Unterhalt der Kinder unentgeltlich
orgen. «
§. 849. Stirbt die Wittwe während des Gnadenjahrs, so wird der Ge-
5 von den nach §§. 839, 840 dazu berechtigten Kindern des Pfarrers fort-
gesetzt. v
§. 850. Genießen nur Kinder das Gnadenjahr und stirbt während des.
Genusses eines derselben, so wächst dessen Portion den übrigen zu.
§. 851. Andere, als die §§. 839, 840 benannte Wittwen und Kinder des
verstorbenen Pfarrers, können auf eine Gnadenzeit niemals Anspruch machen.
§. 852. Was von den Einkünften der Pfarre während der Vacanz, nach
Abzug der Vertretungskosten, übrig bleibt, wächst, wo kein Gnadenjahr statt-
findet, dem Pfarrvermögen zu!)2).
§. 853. Die Stolgebühren gehören der Regel nach weder zum Gnaden-
jahr noch zum Pfarrvermögen; sondern sie kommen demjenigen zu, der die
Handlung, wofür sie erlegt werden müssen, verrichtet hat.
§. 854. Wo es hergebracht ist, daß auch die Stolgebühren zum Gnaden-
jahre gehören, da müssen die im Genusse des Letzteren befindliche Wittwe und
Kinder diejenigen, welche die Handlung verrichtet haben, für die dabei vorge-
fallenen Reise und Zehrungskosten schadlos halten.
§. 855. Sowohl im Sterbequartale, als im Gnadenjahre, müssen die-
jenigen, welche die Pfarreinkünfte genießen, denjenigen, welche den Gottesdiinst
versehen, die in der Provinz oder im Kreise gewöhnliche Entschädigung, soweit
sie nicht durch die Stolgebühren erfolgt, gewähren.
§. 856. Kommt das Sterbequartal und Gnadenjahr verschiedenen Per-
sonen zu: so müssen die Nutzungen unter sie nach Verhältniß der Zeit getheilt
werden.
Allerhöchste Kabinetsordre ?) vom 19. Juni 1836, betreffend die
Einziehung der Kirchen-, pfarr und SIchul-Abgaben, ingleichen der
Forderungen von Medizinal-Personen (G. S. S. 198).
Da bei Einforderung von Kirchen= und Pfarr-Abgaben sowohl über die
Zulässigkeit der Exekution ohne vorgängigen Prozeß, als auch darüber, ob die
Exekution von dem Richter oder von der betreffenden Regierung zu verfügen
ist, Zweifel entstanden, auch gleichzeitig über die Einziehung der Forderungen
der Medizinalpersonen nähere Bestimmungen in Antrag gebracht worden find,
so verordne Ich hierdurch, nach den Anträgen des Staats-Ministeriums, auf
Ihren Bericht vom 2ten d. M.:
1) Diese Bestimmung findet auch im Falle eines Gnadenjahres Anwendung,
wenn die Pfarre nach Ablauf der Gnadenzeit unbesetzt bleibt, Prdi. O. Trib. 25.
Sept. 1837 (Schles. Arch. III. 383).
Vergl. Res. 22. März 1847 (M. Bl. S. 250), betr. die Frage, inwiefern den
Konfistorien und Regierungen die Bestimmung über die Verwaltung vacanter Pfarr-
stellen und über die Berwendung der Einkünfte derselben zusteht.
Die Pfarrvacanzkassen stehen unter der Aufsicht des Konsistoriums, Res. 1. Okt.
1847 (M. Bl. S. 278). Dieses hat allein über dieselben zu disponiren, Res. 6.
Sept. 1858 (Aktenstücke des O. K. R. II. 264).
2) Der Zus. 209 Oftpr. Prov. R. zu §. 852 ist durch K. Ges. 3. Aug. 1897 (K.
G. u. B. Bl. S. 39) aufgehoben worden.
2) Die Kab. O. 19. Funi 1836 findet auch in der Rheinprovinz Anwendung,
Erk. Komp. G. H. 18. April 1857 (J. M. Bl. 1858 S. 47).