Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Zweiter Band. (2)

134 Abschnitt XXXIII. R. Gew. Ordn. Strafbestimmungen. 
der Betriebsleiter oder Auffichtspersonen es an der erforderlichen Sorgfalt hat 
fehlen lassen!). 
Ist an eine solche Uebertretung der Verlust der Konzession, Approbation 
oder Bestallung geknüpft, so findet derselbe auch als Folge der von dem 
Stellvertreter begangenen Uebertretung statt, wenn diese mit Vorwissen des 
verfügungsfähigen Vertretenen begangen worden. Ist dies nicht der Fall, so 
ist der Vertretene bei Verlust der Konzession, Approbation u. s. w. verpflichtet, 
den Stellvertreter zu entlassen?). „ 
§. 152. Alle Verbote und Strafbestimmungen gegen Gewerbetreibende, 
ewerbliche Gehülfen, Gesellen oder Fabrikarbeiter wegen Verabredungen und 
Vereinigungen zum Behufe der Erlangung günstiger Lohn= und Arbeits- 
bedingungen, insbesondere mittelst Einstellung der Arbeit oder Entlassung der 
Arbeiter, werden aufgehobens). . 
Jedem Theilnehmer steht der Rücktritt von solchen Vereinigungen und 
Berabredungen frei, und es findet aus letzteren weder Klage noch Einrede statt. 
§. 153. Wer Andere durch Anwendung körperlichen Zwanges, durch 
Drohungen"), durch Ehrverletzung ) oder durch Verrufserklärungen) bestimmt 
oder zu bestimmen versucht, an solchen Verabredungen (§. 152) Theil zu nehmen, 
oder ihnen Folge zu leisten, oder Andere durch gleiche Mittel hindert oder zu 
hindern versucht, von solchen Verabredungen zurückzutreten, wird mit Gefängniß 
bis zu drei Monaten bestraft, sofern nach dem allgemeinen Strafgesetz') nicht 
eine härtere Strafe eintritt. 
  
) Die strafrechtliche Berantwortlichkeit des Gewerbetreibenden für 
die Uebertretung polizeilicher Vorschriften bei der Ausübung des Gewerbes ist durch 
die Gew. O. Novelle 1. Juni 1891 wesentlich anders geregelt, als fie bis dahin 
bestanden hat. Während früher der Gewerbetreibende für Polizei- Contraventionen 
seiner Betriebsbeamten ohne weiteres strafrechtlich haftbar war, wenn 
er nicht die Leitung des Betriebes in vollem Umfange einem anderen (einem Stell- 
vertreter im Sinne des §. 45 Gew. O.) übertragen hatte, so ist er jetzt nicht mehr 
für Contraventionen seiner Werkführer, Aufsichtsbeamten strafrechtlich verantwortlich, 
wenn er weder dolose noch hinsichtlich der ihm nach den Verhältnissen möglichen 
eigenen Aufsicht des Betriebes oder der Auswahl oder der Beaussichtigung seiner 
Werkführer 2c. fahrlässig gehandelt hat, E. Crim. XXIV. 181. Erk. 26. Sept. 1893 
und 21. Mai 1894 (Reger XIV. 140; XV. 16). 
2) Vergl. hierzu E. O. V. XlI. 339; XIX. 326. Die Entlassung wird 
spätestens auf ergangene behördliche Aufforderung hin zu erfolgen haben; jedoch nach 
erlangter glaubhafter Kenntniß von der Uebertretung auch schon vorher Erk. O. B. G. 
24. —“s (Reger 4n. 3). gr E 
3) Unberührt bleibt aber die Frage, welche Mittel, abgesehen von der Koalition 
selbst, zur Erreichung des Zweckes des 8. 162 angewendet geleten dürfen; find diese 
nach anderen Gesetzen bei Strafe verboten, so bleibt die Strafbestimmung in Geltung, 
E. Crim. XXI. 120. Im Uebrigen dürfen die Vereinigungen nur die Erlangung 
günstigerer Lohn= und Arbeitsbedingungen bezwecken. Verlassen sie das Gebiet des 
gewerblichen Lebens mit seinen concreten Interefsen, so werden sie politische Vereine, 
E. Crim. XVI. 383. Das Berlangen rechtzeitiger vertragsmäßiger Lohnzahlung 
fällt nicht unter den Begriff der zahndmeungn E. * XX. 396. 
4) z. B. auch mit der Verhängung der Sperre über einen Betrieb (Boykott), 
Erk. L. G. Celle 27. Sept. 1890 (G. A. XXXVIII. 377). Eine an sich fonsar 
Handlung oder etwas Widerrechtliches braucht das Angedrohte nicht zu sein, E. Crim. 
XIV. 387. 
) Fälle der Nöthigung zum Snriike durch Ehrverletzung, vergl. Erk. O. Trib. 
19. Sept. u. 9. Okt. 1873 (E. LXXI. 383 u. 408) (die verntteilten Personen 
hatten die Fortsetzung der Arbeit als Verrath an der gerechten Sache und als 
Schurkenstreich bezeichnet). Vergl. §. 240 Str. G. B. u. E. Crim. XI. 128. 
"6) Jede Kundgebung, die geeignet ist, eine Person in einem kleineren oder 
größeren Kreise in den übeln Ruf eines den Verkehr nicht würdigen Menschen zu 
bringen, E. K. XII. 189. Z 
7) Die entsprechenden Vorschriften find in §§. 123 ff., 240, 241 R. Str. G. B. 
enthalten.
	        
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