Abschnitt XLI. Kirchengemeinde= und Synodal-Ordnung. 1421
§. 44. Die Entlassung eines Aeltesten oder Gemeindevertreters erfolgt
durch den Vorstand der Kreis-Synode nach Anhörung des Gemeinde-Kirchenraths:
1. wegen Verlustes einer zur Wählbarkeit erforderlichen Eigenschaft (§. 34),
2. wegen grober Pflichtwidrigkeit.
Gegen die Entscheidung des Vorstandes der Kreis-Synode steht sowohl dem
Betroffenen, als auch dem Gemeinde-Kirchenrath binnen 4 Wochen) die Be-
rufung an das Konsistorium zu, welches mit Zuziehung des Vorstandes der
Provinzial-Synode endgültig entscheidet (§. 55 Nr. 9).
§. 45. Wenn eine Gemeindevertretung beharrlich die Erfüllung ihrer
Pflichten vernachlässigt oder verweigert, so kann das Konsistorium auf den
Autrag des Vorstandes der Kreis-Synode dieselbe auflösen und den erwiesenen
Schuldigen die Wählbarkeit auf bestimmte Zeit entziehen.
Die Neubildung der Gemeindevertretung ist unter Leitung eines von dem
Konsistorium zu bestellenden Kommissarius zu bewirken.
Bis dahin werden die Rechte der Gemeindevertretung durch den Gemeinde-
Kirchenrath ausgeübt.
V. Schlußbestimmungen.
§. 46. Mittelst statutarischer Bestimmung können in einer Gemeinde be-
sondere, die vorstehende Ordnung ergänzende oder modifizirende Einrichtungen
aufrecht erhalten und neu eingeführt werden.
Geeignetenfalls ist das Ganze der Gemeinde-Ordnung in einem förmlichen
Gemeindestatut zusammenzufassen. .
Zur Festsetzung statutarischer Ordnungen bedarf es der Zustimmung der
Gemeindevertretung, der Prüfung durch die Kreis= und Provinzial-Synode)),
der Anerkennung der letzteren, daß die entworfene Bestimmung zweckmäßig und
wesentlichen Vorschriften der Kirchen-Ordnung nicht zuwider?) sei, sowie der ab-
schließenden Genehmigung des Konsistoriums?). ·
8. 47. Das in den bestehenden Gesetzen begründete Recht, sowohl der
Staatsbehörden als der vorgesetzten Kirchenbehörden, die Gemeinden und ihre
Organe zu einer pflichtmäßigen Thätigkeit anzuhalten, zu diesem Behufe ihnen
Weisungen zu ertheilen und erforderlichenfalls die gesetzlich statthaften Zwangs-
mittel anzuwenden, erfährt durch diese Ordnung keine Veränderung.
§. 48. Die Vorschriften dieses Abschnitts finden keine Anwendung:
1. auf diejenigen französisch-reformirten Gemeinden, in welchen ein nach
Vorschrift der discipline des églises réformées de France gebildetes
consistoire oder Presbyterium eingerichtet ists);
2. auf diejenigen Immediatgemeinden, welche eine Allerhöchst sanktionirte
Verfassung, und ein für die Interna und Externa der Gemeinde ge-
bildetes Kirchenkollegium besitzen?):
3. auf die Unitätsgemeinden der Provinz Posen?);
4. auf die Militär= und Anstaltsgemeinden?).
1) K. Ges. 9. März 1891 (K. G. u. Vd. Bl. S. 14).
2) Sowohl die Kreis= wie die Provinzial-Synode haben ein für das Zustande-
mimen von Statuten entschei dendes Votum, Res. 5. Nov. 1878 (K. G. u. Bd.
. S. 164).
) Bei Bemeinden auch unter 500 Seelen kann die Bildung einer Gemeinde-
vernetung bewilligt werden, wenn wegen zerstreuter Wohnsitze der Gemeindeglieder
eine Versammlung derselben mit Schwierigkeiten verknüpft ist. So für mehrere Pro-
vinzen vom O. K. N. anerkannt.
4) Außerdem bedarf es der Staatsgenehmigung des Regierungepräsidenten, in
Berlin des Polizeipräsidenten, Art. V. Ges. 25. März 1874; Bd. 9. Sept. 1876 Art. 3, 2.
* ) Kab. O. 30. Okt 1809 (Rabe X. 170).
") D. s. der kirchlichen Centralbehörde unmittelbar untergeordnete Behörden, Res.
E. O. K. 2. Dez. 1875 (Aktenst. H. 22 S. 292).
7) Regl. 25. Aug. 1796 (Rabe III. 492) und K. O. 30. Dez. 1831, mitgetheilt
durch Res. 5. März 1832. Es giebt deren 5, in Posen (Petrikirche), Lissa (Johannis-
5*8 Waschke (Jakobigemeinde), Laßwitz und Orzeslkowo, die die Didzesen Posen II
ilden.
6) Betr. der Militair-Gemeinden s. Mil. K. O. 12. Febr. 1882 (G. S. S. 69)