Abschnitt XLI. Dienstvergehen der Kirchenbeamten. 1475
. 8. 10. Die Versetzung geschieht durch Anstellung des Beamten in einem gleich-
artigen Kirchenamte eines anderen Orts, welches mit einem geringeren Dienstein-
ommen verbunden sein kann.
Durch die Entscheidung kann zugleich bestimmt werden, daß der Beamte bis zu
deren Vollstreckung von den Amtsgeschäften ganz oder theilweise zu entbinden und
während dieser Zeit auf den Bezug bestimmter Theile des bisherigen Dienstein-
kommens zu beschränken sei.
Erweist sich die Versetzung wegen mangelnder Gelegenheit zur Verwendung des
Beamten in einem anderen Kirchenamte als unausführbar, so ist dieselbe durch Nach-
entscheidung der Disziplinarbehörde in Amtsenthebung (§. 11) zu verwandeln.
Die Bewilligung eines Ruhegehaltes ist in diesem Falle unzulässig, wenn der
eamte ein ihm angetragenes, nach dem Urtheil der Disziplinarbehörde angemessenes
Kirchenamt ausgeschlagen hat.
§. 11. Die Amtsenthebung bewirkt den Verlust des Kirchenamtes; der Verur-
theilte bleibt jedoch anstellungsfähig und behält die Rechte des geistlichen Standes.
Gehört der Angeschuldigte zu den Kirchenbeamten, welche einen Anspruch auf
Ruhegehalt haben, so kann die Disziplinarbehörde in ihrer Entscheidung zugleich fest-
setzen, daß demselben ein Theil des gesetzlichen Ruhegehaltes auf bestimmte Zeit, oder
bis zu seiner Wiederanstellung, oder auf Lebensdauer zu belassen sei. Ueber den zu-
lässigen Höchstbetrag dieses Theiles entscheiden die im S. 4 Abs. 3 des K. Ges. vom
26. Januar 1880 (K. G. u. Bd. Bl. S. 37) aufgestellten Grundsätze, auch dann,
wenn das Ruhegehalt nicht aus dem Pensionsfonds der evangelischen Landeskirche zu
gewähren ist.
§. 12. Die Dienstentlafsung hat den Verlust aller Rechte eines Kirchenbeamten,
insbesondere des Titels und des Anspruchs auf Ruhegehalt, bei der Entlassung aus
einem geistlichen Amte auch derjenigen des geistlichen Standes von Rechtswegen zur Folge.
It der Beamte vor Beendigung des Disziplinarverfabrens aus dem Kirchen-
dienste geschieden, ohne die im vorstehenden Absatze erwähnten Rechte verloren zu
haben, so ist in Fortsetzung des Verfahrens an Stelle der Dienstentlassung auf den
Verlust dieser Rechte zu erkennen.
§. 13. Welche der in den §§. 8 und 9 bestimmten Strafen anzuwenden sei, ist
nach der größeren oder geringeren Erheblichkeit des Dienstvergehens mit besonderer
Rücksicht auf die Eigenthümlichkeit des Falles und die sonstige Führung des Ange
schuldigten zu ermessen.
Die Berbindung verschiedener Ordnungsstrafen mit einander ist zuläsffig.
3. Verfahren in leichten Disziplinarfällen.
§. 14. Ordnungsstrafen können von dem Evangelischen Ober-Kirchenrathe und
dem Konfistorium verhängt werden.
§. 15. Vor der Festsetzung einer Ordnungsstrafe ist dem Beamten in der
Regel Gelegenheit zu geben, sich über die ihm zur Last gelegte Verletzung seiner Amts-
pflicht zu verantworten. Geldstrafen dürfen nach Anhörung des Beschuldigten ver-
hängt werden.
Die Festsetzung der Ordnungsstrafen erfolgt unter Angabe der Gründe durch
schriftliche Verfügung.
§. 16. Gegen die Verhängung einer Ordnungsstrafe findet nur Beschwerde im
Instanzenzuge binnen vier Wochen statt.
" 4. Förmliches Disziplinarverfahren.
§. 17. Der Entfernung aus dem Kirchenamte muß ein förmliches Disziplinar-
verfahren vorhergehen.
Dasselbe besteht in Voruntersuchung und Hauptverhandlung.
§. 18. Die Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens wird von dem für
die Entscheidung zuständigen Provinzial-Konsistorium oder von dem Evangelischen
Ober-Kirchenrathe verfügt; sie bleibt jedoch dem letzteren ausschließlich vorbehalten,
wenn das Verfahren gegen einen in einem kirchenregimentlichen Amte stehenden oder
unmittelbar vom Könige ernannten Geistlichen eingeleitet, oder wenn ein Kirchen-
beamter wegen Irrlehre in Untersuchung gezogen werden soll.
Die Behörde, welche das förmliche Disziplinarverfahren einleitet, ernennt für
dasselbe einen Untersuchungs-Kommissar und einen Vertreter der Anklage.
93°