Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Zweiter Band. (2)

Abschnitt XLI. Vorbildung u. Anstellung der Geistlichen. 1519 
Lunsäbigtei zur Ausübung des geistlichen Amtes und den Verlust des Amtseinkommens 
zur Folge. 
IV. Strafbestimmungen. 
s. 22. Ein geistlicher Oberer, welcher den §§. 1—3 zuwider ein geistliches Amt 
Überträgt oder die Uebertragung genehmigt 1, wird mit Geldstrafe von 200 bis zu 
1000 Thalern bestraft. 
6“ Dieselbe Strafe trifft denjenigen, welcher der Vorschrift des §. 19 Abs. 1 zuwider- 
andelt. 
§. 23. Wer geistliche Amtshandlungen:) in einem Amte vornimmt, welches 
ihm den Vorschriften der §§. 1—3 zuwider übertragen worden ist, wird mit Geld- 
strafe bis zu 100 Thalern bestraft. 
Art. 2 Ges. 21. Mai 1874 (G. S. S. 139). Die Strafe des S. 23 des Ges. 
vom 11. Mai 1873 trifft einen jeden Geistlichen, welcher Amtsbandlungen 
vornimmt, ohne den Nachweis führen zu können, dass er zu einem hierzu er- 
mächtigenden Amte oder zur Stellvertretung oder zur Hülfsleistung in einem 
solchen Amte unter Beobachtung der Ss. 1—3 des genannten Gesetzes berufen 
worden sei. 
Art. 5 Ges. 14. Juli 1880 (G. S. S. 285): Den Strafbestimmungen der 
Ges. vom 11. Mai 1873 und 21. Mai 1874 unterliegen geistliche Amtshandlungen 
nicht, welche von gesetzmässig angestellten Geistlichen 2) in erledigten oder in 
solchen Pfarreien, deren Inhaber an der Ausübung des Amts verhindert ist, 
vorgenommen werden, ohne dabei die Absicht zu bekunden, dort ein geistliches 
Amt zu übernehmen. 
Die mit der Stellvertretung oder Hülfsleistung in einem geistlichen Amte 
gesetzmässig beauftragten Geistlichen gelten auch nach Erledigung dieses Amts 
als gesetzmässig angestellte Geistliche im Sinne der Bestimmung im Abs. 1. 
Art. 3 Ges. 11. Juli 1883: Die Vorschrift des Art. 5 im Ges. vom 14. Juli 
880 wegen Straffreiheit der Vornabme geistlicher Amtshandlungen in erledigten 
oder solchen Pfarreien, deren Inhaber an der Ausübung des Amtes verhindert 
ist, kommt für alle geistlichen Aemter, und ohne Rücksicht darauf, ob das 
Amt besetzt ist oder nicht, zur Anwendung. 
Art. 15 Ges. 21. Mai 1886: Das Lesen stiller Messen und das Spenden 
1) Auch in der Formeeiner allgemeinen Ermächtigung zu geistlichen Amtshandlungen, 
O. R. XVI. 338. Ueber den Begriff „geistlicher Oberer“ vergl. O. R. XV. 236. 
2) Ueber die Frage, ob solche Amtshandlungen vorliegen, vergl. O. R. XV. 375, 
XVI. 149, 267, XVII. 190, 192, 265. 
) Als gesetzmäßig angestellte Geistliche im Sinne des §. 5 Ges. 14. Juli 1880 
find bloße Hauskapläne, wenngleich sie vor der Geltung des Ges. 11. Mai 1873 
von ihrer vorgesetzten Behörde mit Ausübung der Funktionen eines Hausgeistlichen 
beauftragt werden, nicht zu erachten, Erk. 20. Jan. 1881 (E. K. II. 256). 
Seit Geltung des Ges. 14. Juli 1880 ist ein Vikar, der vor Erlaß der 
Maigesetze zum persönlichen Gehülfen, bezw. Vertreter eines Pfarrers bestellt worden 
ist, nicht strafbar, wenn er nach dem Tode des Pfarrers fortfährt, in der dadurch er- 
ledigten Pfarrei die ihm als Vikar obliegenden geistlichen Amtshandlungen vorzu- 
nehmen, ohne dabei die Absicht zu bekunden, dort das Amt des Pfarrers zu über- 
nehmen, Erk. 13. März 1881 (E. K. II. 259). . 
Nicht bloß Nachbargeistliche, sondern alle gesetzmäßig angestellten Geistlichen 
können geistliche Amtshandlungen erledigen oder in solchen Pfarreien vornehmen, 
deren Inhaber an der Ausübung des Amtes verhindert ist; dergleichen geistliche Amts- 
handlungen unterliegen nicht den Strafbestimmungen der Ges. 11. Mai 1873 und 
21. Mai 1874, Erk. 23. Febr. 1882 (E. K. II. 334). 
Ein nicht nach den Vorschriften der §§. 1—3 des Ges. 11. Mai 1873 zum 
Amte berufener Geistlicher kann eine Nothtaufe nicht schon deshalb, weil eine solche 
Taufe die Eigenschaft der Dringlichkeit hat und dabei Gefahr im Berzuge obwaltet, 
straffrei vornehmen, es müssen vielmehr noch andere Umstände hinzutreten, welche 
die Annahme, daß es sich hier um eine geistliche Amtshandlung gehandelt hat, aus- 
geschlossen erscheinen lassen, Erk. 26. Juni 1882 (E. K. 1II. 337).
	        
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