1538 Abschnitt XLI. Rechte der altkathol. Kirchengemeinschaften.
Gesetz, betr. die Rechte der altkatholischen Kirchengemeinschaften!)
an dem kirchlichen Vermögen.
Vom 4. Juli 1875 (G. S. S. 333).
§. 1. In denjenigen katholischen Kirchengemeinden, aus welchen eine erheb-
liche:) Anzahl von Gemeindemitgliedern einer altkatholischen Gemeinschaft bei-
getreten?) ist, wird die Benutzung des kirchlichen Vermögens im Verwaltungs-
wege") bis auf Weiteres nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen geordnet.
§. 2. Der altkatholischen Gemeinschaft wird der Mitgebrauch der Kirche
und des Kirchhofs eingeränmt. Sind mehrere Kirchen (Kapellen u. s. w.)
vorhanden, so kann eine Gebrauchstheilung nach bestimmten Objekten verfügt
werden.
Die nämliche Gebrauchstheilung findet bezüglich der kirchlichen Geräth-
schaften statt.
Ist der altkatholischen Gemeinschaft die Mehrheit der Gemeindemitglieder
beigetreten, so steht der Gemeinschaft der Mitgebrauch der Kirche in den zur
Abhaltung des Hauptgottesdienstes herkömmlich bestimmten Stunden, bei
mehreren Kirchen der Gebrauch der Hauptkirche zu.
§. 3. Tritt ein Pfründeninhaber der altkatholischen Gemeinschaft bei, so
bleibt er im Besitz und Genuß der Pfründe.
Bei Erledigung der Pfründe wird dieselbe im Fall des §. 2 Abs. 3 der
altkatholischen Gemeinschaft überwiesen.
Sind mehrere Pfründen vorhanden, so kann bei deren Erledigung mit
Rücksicht auf das Zahlenverhältniß beider Theile eine Genußtheilung nach be-
stimmten Pfründen verfügt werden.
§. 4. An dem übrigen, zu kirchlichen Zwecken bestimmten Vermögen wird
der altkatholischen Gemeinschaft, mit Rücksicht auf das Zahlenverhältniß beider
Theile, der Mitgenuß eingeräumt.
Umfaßt die altkatholische Gemeinschaft die Mehrheit der Gemeindemitglieder
und ist die Zahl der übrigen Gemeindemitglieder nicht mehr erheblich, so kann
die Einräumung des vollen Genusses an die Gemeinschaft verfügt werden.
Gleichzeitig hat in diesem Falle eine Neuwahl des Kirchenvorstandes und
der Gemeindevertretung stattzufinden?).
§. 5. Altkatholische Gemeinschaft im Sinne dieses Gesetzes sind sowohl
die zu gottesdienstlichen Zwecken gebildeten altkatholichen Vereine, sofern die-
selben von dem Oberpräsidenten als kirchlich organtfirt anerkannt worden sind,
als auch die altkatholischen Parochien.
Die Mitglieder der altkatholischen Parochien bleiben verpflichtet, zu der
Zu Anmerkung 6 auf S. 1537.
unter Aufhebung der Erlasse 15. März 1832 (A. XVI. 100) und 15. Mai 1844
(M. Bl. S. 144) bestimmt, daß zu den Beschlüssen der kirchlichen Gemeindeorgane
über die Annahme von Schenkungen und letztwilligen Zuwendungen, sofern der
Gegenstand Grundeigenthum im Werthe von nicht über 3000 M. bildet, die Staats-
genehmigung in Zuknnft von dem Regierungspräfidenten zu ertheilen ist. Beschwerden
entscheidet der Oberpräsident endgültig.
1) Anerkennung der Zugehörigkeit zur privilegirten katbolischen Kirche 2c., Erk.
O. Trib. 24. Mai 1873 (O. R. XIV. 399); 20. Okt. 1874 (das. 687); 12. Juli
1875 (O. R. XVI. 537); 15. Septbr. und 17. Okt. 1878 (O. R. XVIII.
587, 653)0. **-
2) D. i. eine Zahl, für die die Einrichtung einer besonderen Pastoration ange-
messen erscheint, Drucks. A. H. 1875 Nr. 284 S. 4.
) Eine bloße Erklärung beim Borstande oder dauernde Theilnahme am alt-
katholischen Gottesdienste unter Fernhaltung von dem andern genügt, Koch IV. 447
Anm. 19.
4) Zuständig ist der Oberpräfident.
„) Gemäß Ges. 20. Juni 1875.