Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Zweiter Band. (2)

170 Abschnitt XXXIII. Abänderung der Gewerbe-Ordnung. 
Zeit des Jahres vorausgearbeitet werden konnte. Bei der Behandlung der eingehenden 
Anträge ist Fürsorge zu treffen, daß die gleichen Betriebe in demselben Absatzgebiete 
möglichst gleich behandelt werden. Wenn nur einzelne Betriebe die Genehmigung 
zur Ueberarbeit nachsuchen, während die übrigen unter gleichen Verhältnissen arbeitenden 
Betriebe desselben Gewerbszweiges der Ueberarbeit nicht bedürfen, so ist ersteren der 
Regel nach die Genehmigung nicht zu ertheilen, da fie sich ebenso wie ihre Gewerbs- 
genofsen ohne Ueberarbeit werden cinrichten können. 
Für Betriebe derjenigen Saisonindustrien, für welche der Bundesrath auf Grund 
des §. 139a Abs. 1. Ziff. 4 Ausnahmen zugelassen hat, dürfen auf Grund des 
§ 138 à weitere Ausnahmen nicht zugelassen werden, wenn die außergewöhnliche 
Arbeitshäufung durch das zu gewissen Zeiten des Jahres regelmäßig eintretende ver- 
mehrte Arbeitsbedürfniß hervorgerufen ist. 
7. Nicht unter die Saisonindustrie fallen die sogen. Campagneindustrien, deren 
Betrieb auf bestimmte Jahreszeiten beschränkt ist und während des übrigen Jahres 
ganz ruht. Zu ihnen zählen beispielsweise die Rübenzucker-, Cichorien., Kraut- und 
Fruchtkonservenfabriken, Fischränchereien, Rasenbleichereien, Feldziegeleien, Thongräbe- 
reien und Torfstechereien 
In diesen Campagneindustrien sowohl wie in allen übrigen nicht zu den Saison- 
industrien gehörigen Fabrikationszweigen kann außergewöhnliche Arbeitshäufung zu 
nuregelmäßig wiederkehrenden Zeiten des Jahres oder in nicht vorherzusehenden Fällen 
vorkommen. In solchen Fällen kann wegen außergewöhnlicher unregelmäßiger Arbeits- 
häufung eine Verlängerung der Arbeitszeit auf Grund des §. 138 a auch für die- 
jenigen Betriebe gestattet werden, für welche der Bundesrath auf Grund des §. 139 a 
Ziff. 2 Ausnahmen von den Bestimmungen des §. 137 zugelassen hat. 
8. Für alle diese Fabrikbetriebe, welche nicht zu den Saisonindustrien gehören, 
kann die Ueberarbeit nur gestattet werden, wenn die außergewöhnliche Arbeitshäufung 
nicht vorherzusehen war oder durch wichtige wirthschaftliche Gründe gerechtfertigt wird. 
Als solche Gründe sind insbesondere hervorzuheben: 
a) die Gefahr eines Berderbens oder einer Verschlechterung der zu verarbeitenden 
Stoffe, z. B. bei Frucht= und Fleischkonservenfabriken, wenn die Zufuhr der 
zu verarbeitenden Stoffe außergewöhnlich reichlich ist; bei Stärkereien und 
Brennereien wegen drohender Kartoffelfäule; bei Leimfabriken, wenn in der 
heißen Jahreszeit der Leim nur während der Abend-= und Nachtstunden fertig- 
gestellt werden kann; 
b) die Rücksicht auf die Transport-Gelegenheiten, wenn z. B. wegen plötzlich ein- 
tretenden Frostes ein frühzeitiger Schluß der Schiffahrt in Aussicht steht und 
eilige Verladungen vorgenommen werden müssen, oder wenn bei unerwartet 
früher Eröffnung der Schiffahrt die Ausrüstungs-Gegenstände für die Schiffe 
schlennig beschafft werden müssen, oder wenn die Gestellung von Wagen durch 
die Eisenbahnen nuregelmäßig erfolgt; 
e) die Rücksicht auf öffentliche Interessen, wenn beispielsweise für die Militär- 
verwaltung große Lieferungen von Munition und Montirungsgegenständen 
ausgeführt werden müssen, oder wenn die Eisenbahnverwaltung die Druckereien 
mit schleuniger Herstellung neuer Fahrpläne beaufungt; 
d) die Unmöglichkeit der Innehaltung der Lieferungsfristen wegen nicht vorher- 
zusehender Hindernisse) 
e) die Befriedigung unaufschiebbarer Bestellungen, wenn diese nicht wohl von 
anderen befriedigt werden können. 
Dagegen ist die Uebernahme zu großer Bestellungen, deren Nichtbewältigung 
innerhalb der vereinbarten Lieferungsfrist von dem Fabrikbesitzer vorherzusehen war, 
nicht algs Grund zur Genehmigung von Ueberarbeit anzusehen. Ueberhaupt ist die 
Genehmigung zur Ueberarbeit der Regel nach dann zu versagen, wenn die außer- 
gewöhnliche Häufung der Arbeit von dem Fabrikbesitzer selbst freiwillig herbeigeführt 
oder durch ungeschickte Disposition verschuldet ist, und wenn nur die eigenen Interessen 
des Fabrikbesitzers, nicht auch öffentliche oder andere erhebliche Privatinteressen in 
Frage kommen. Z " 
9. Die umere Verwaltungsbehörde hat über die Fälle, in denen sie die Er- 
laubniß zur Ueberarbeit auf Grund des §. 138 a Abs. 1 bis 4 ertheilt hat, ein 
Verzeichniß zu führen, welches nach beiliegendem Formular G. anzulegen und nach 
Kalenderjahren und Fabrikbetrieben zu führen ist. In dieses Berzeichniß ist auch die
	        
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