Abschnitt XXXIII. Abänderung der Gewerbe-Ordnung. 177
J. Ausdehnung der Fabrik-Gesetzgebung auf andere Betriebe
(§. 154 Gew. O.).
I. Während nach dem bisherigen Abs. 2 des §. 154 die Bestimmungen der
88. 134 bis 139b nur auf Werkstätten, in deren Betrieb eine regelmäßige Benutzung
von Dampfkraft stattfindet, auf Hüttenwerke, Bauhöse und Werfte entsprechende An-
wendung fanden, gelten fie nach der jetzigen Fafsung des §. 154 Abs. 2 vom 1. April
1892 ab auch für Zimmerplätze und für solche Ziegeleien, über Tage betriebene
Brüche und Gruben, welche nicht bloß vorübergehend oder in geringem Umfang be-
trieben werden. Darüber, ob eine solche Anlage vorübergehend oder in geringem
Umfang betrieben, entscheidet die höhere Verwaltungsbehörde endgültig.
II. Bei dieser Entscheidung sind bis auf Weiteres folgende Grundsätze zu
beachten:
1. Ziegeleien, welche auf dauernder Betriebsstätte mit ständigen Anlagen und
Maschinen betrieben werden, find, wie schon bisher geschehen, ohne Rücksicht auf ihren
Umfang als Fabriken im Sinne der 88§. 134 bis 139 b anzusehen.
2. Ziegeleien, welche auf dauernder Betriebsstätte mit ständigen Anlagen, aber
ohne Maschinen betrieben werden, gelten nur dann als Fabriken, wenn ihr Betrieb
ein regelmäßiger und gewerbsmäßiger, d. h. auf den Verkauf der Steine berechneter
ist oder wenn sie eine Jahresproduktion von 200,000 Stück Ziegelsteinen erreichen.
3. Feldziegeleien, d. h. solche, welche ohne ständige Anlagen nur zur Ausziege-
lung des im Felde vorhandenen Lehmes oder Thones betrieben werden, find den
Fabriken gleichzustellen, wenn sie eine Jahresproduktion von 200,000 Stück Ziegel-
steinen erreichen. Werden mehrere Feldbrände von einem Unternehmer, wenn auch
auf verschiedenen Grundstücken in derselben Gemarkung betrieben, so sind fie als ein
Betrieb anzusehen und den §§. 134 bis 139 b unterworfen, wenn ihre gesammte
Jahresproduktion 200,000 Stück Ziegelsteine erreicht.
4. Verweigert der Unternehmer einer der unter 2 und 3 bezeichneten Ziegeleien
den von ihm erforderten Nachweis über den vorausfichtlichen Umfang seiner Jahres-
produktion und ist dieser Nachweis auch sonst nicht zu beschaffen, so ist der Betrieb
als ein solcher von geringem Umfange nur dann anzunehmen, wenn die Zahl der in
demselben beschäftigten Personen, einschließlich der mitbeschäftigten Frauen und Kinder,
weniger als zehn beträgt.
5. Brüche und Gruben, welche von einem Unternehmer gewerbsmäßig, wenn
auch auf wechselnden Grundstücken, oder welche für größere Bauten (z. B. von Eisen-
ahnen, Landstraßen oder Kanälen) in größerem Umfang, wenn auch nur für die
Dauer des Baues betrieben werden, sind als unter die Bestimmungen der 88. 134
bie 139b fallend anzusehen. Solche Brüche und Gruben dagegen, welche nur un-
regelmäßig für den eigenen land= und forstwirthschaftlichen Bedarf des Unternehmens
etrieben werden, unterliegen diesen Bestimmungen nicht.
III. Der Zeitpunkt, mit welchem die Bestimmungen der 8§§. 135 bis 139b auf
alle Werkstäiten, in welchen durch elementare Kraft bewegte Triebwerke nicht bloß
vorübergehend zur Verwendung kommen, ausgedehnt werden, wird durch Kaiserliche
erordnung bestimmt werden. Werkstätten, in deren Betriebe eine regelmäßige Be-
nutzung von Dampfkraft stattfindet, unterliegen bis zu diesem Zeitpunkt nach Art. 9
Abs. 1 des Gesetzes vom 1. Juni 1891 den Bestimmungen der S§. 134 bis 139b
in ihrer bisherigen Fassung.
Diese Anweisung findet keine Anwendung auf die unter Aufsicht der Bergbehörden
stehenden Berriebe und die darin beschäftigten Arbeiter. Für diese wird besondere
Anweisung ergehen 0.
Ingleichen bleiben vorbehalten die Bestimmungen über die Ausführung der
38 4la, 55a, 105 a bis 105 i und des §. 155 Abs. 2 und 3 der Gew. O. in der
—
1) Anw. 15. März 1892 (M. Bl. S. 116); Nr. III ergänzt Bek. 11. Jan.
1893 (M. Bl. S. 30). Bek. 17. März 1892 (M. Bl. S. 116), betr. Aufsicht über
die Ausführung der Bestimmungen der S§. 135— 139a Gew. O. auf Staatsberg-
werken und Salinen.
Illing-Kautz, Handbuch II, 7. Aufl. 12