190 Abschnitt XXXIII. Sonntagsruhe im Handelsgewerbe.
Regierungsbezirke durch die Regierungs-Präfidenten, für die Stadt Berlin durch den
Polizei-Präsidenten. Sie ist — abgesehen von den unter Ziff. 5 zugelassenen Aus-
nahmen — für alle Zweige des Handelsgewerbes einheitlich zu treffen!).
2. Die Feststellung der Beschäftigungszeit erfolgt durch Bestimmung des An-
fangs= und des Endpunktes derselben mit dem Vorbehalte, daß die Beschäftigungszeir
durch eine von der Orts-Polizeibehörde — nach Ziff. 3 — für den Hauptgottesdienst
festzusetzende Pause von in der Regel zwei Stunden unterbrochen werde. Der An-
fangspunkt der Beschäftigungszeit ist in der Regel auf 7 Uhr Vormittags, der End-
punkt auf 2 Uhr Nachmittags festzusetzen. Die Bestimmung eines früheren Aufangs-
und Endpunkts — 6½ und 1½⅛ oder 6 und 1 Uhr — sei es für das ganze Jahr,
sei es nur für das Sommerhalbjahr, ist zulässig, falls nach den örtlichen Ver-
hältnissen die Zeit vor 7 Uhr Vormittags für das Handelsgewerbe nicht bedeu-
tungslos ist.
3. Die für den Hauptgottesdienst festzusetzende Pause wird durch die Orts-
Polizeibehörde nach Benehmen mit den kirchlichen Behörden bestimmt und öffentlich
bekannt gemacht. Sie soll nicht nur die Dauer der gottesdienstlichen Feier, sondern
auch die für etwaige Vorbereitungen, sowie für den Kirchgang erforderliche Zeit vor
und nach der gottesdienstlichen Feier umfassen. Im Allgemeinen werden im Ganzen
zwei Stunden hierfür genügen. In Gemeinden, in denen mehrere Kirchengemeinden
desselben oder verschiedenen Bekenntnisses sich befinden, oder in denen der Gottesdienst
in verschiedenen Sprachen abgehalten wird, ist darauf hinzuwirken, daß der Haupt-
gottesdienst in den verschiedenen Kirchengemeinden, Bekenntnissen und Sprachen thun-
lichst zu gleicher Stunde abgehalten wird. Wo dieses Ergebniß nicht erzielt werden
kann, bleibt den höheren Verwaltungsbehörden überlassen, nach der Besonderheit der
obwaltenden Berhältnisse über die Festsetzung der für den Hauptgottesdienst freizu-
lassenden Pause nähere Bestimmung zu treffen.
4. In Ortschaften, in denen zwei Stunden für die Abhaltung des Haupt-
gottesdienstes und die Zeit des Kirchenganges nicht ausreichen, kann die für den
Hauptgottesdienst bestimmte Pause über zwei Stunden hinaus verlängert werden. In
solchen Fällen ist der Anfangspunkt der zulässigen Beschäftigungszeit entsprechend
früher (vor 7 Uhr) zu legen. Ein Hinansschieben des Endpunktes über 2 Uhr ist
nur in Ausnahmefällen und nicht über 2½ Uhr hinaus zuzulassen.
5. Eine Feststellung der fünfstündigen Arbeitszeit, die von der in Ziff. 2 und 4
bestimmten abweicht, darf nur erfolgen a) für die Zeitungs-Spedition, für welche es
sich empfiehlt, die fünfstündige Beschäftigungszeit vor Beginn des Hauptgottesdienstes,
etwa auf die Stunden von 4 bis 9 Uhr Vormittags zu legen; b) für den Handel
mit Blumen und Kränzen. Für diesen können die Beschäfrigungsstunden dem ört-
lichen Bedürfnisse entsprechend gelegt werden, jedoch so, daß der Schluß spätestens um
4 Uhr Nachmittags eintritt; c) für den gesammten Handelsverkehr in Badeorten, Luft-
kurorten und Plätzen mit starkem Touristenverkehr. Für diese Plätze darf die Fest-
setzung der fünfstündigen Beschäftigungszeit für die Dauer der Saison je nach dem
örtlichen Bedürfniß mit der Einschränkung erfolgen, daß der Schluß der Beschäftigung
spätestens um 5 Uhr Nachmittags statifinden muß. Diese Borschrift findet indeß auf
größere Städte, die gleichzeitig Badeorte find, wie Aachen, Wiesbaden u. a. keine
Anwendung. Auch in den unter à bis Ic erwähnten Fällen ist die für den Haupt-
gottesdienst festgesetzte Zeit (Ziff. 3) jedenfalls freizulassen.
6. Bei statutarischer Feststellung der durch Stutut eingeschränkten Beschäftigungs-
zeit haben die Regierungs-Präfidenten darauf binzuwirken, daß nur solche Statuten
die Bestätigung des Bezirksausschufses erhalten, die eine wirksamere als die gesetzliche
Sonntagsruhe herbeizuführen geeignet find. Dies gilt beispielsweise nicht von
1) Die Regierungs-Präsidenten brauchen die Beschäftigungszeit nicht einheitlich
festzusetzen. Sie können Anfangs-= und Endpunkt je nach den örtlichen Verhältnissen
in den verschiedenen Theilen ihres Bezirkes innerhalb des durch I. 2 und 4 gezogenen
Rahmens verschieden bestimmen, in Städten anders, als auf dem Lande und für
einzelne Ortschaften besonders, Res. 22. Sept. 18920 M. d. J. II. 11071).