192 Abschnitt XXXIII. Sonntagsruhe im Handelsgewerbe.
1. Für diejenigen Sonntage und Festtage, an denen gesetzlich eine fünfstündige
Beschäftigungszeit zulässig ist: a) Der Verkauf von Back= und Konditorwaaren, von
Fleisch und Wurst, der Milchhandel und der Betrieb der Vorkosthandlungen darf außer
den allgemein zugelassenen fünf Stunden schon vor deren Beginn, von fünf Uhr
Morgens ab, gestattet werden. b) Für den Verkauf von Back- und Konditorwaaren,
sowie für den Milchhandel 1) darf ferner bis auf weiteres noch eine weitere nach den
örtlichen Verhältnissen festzusetzende Stunde des Nachmittags freigegeben werden.
2. Für den ersten Weihnachts-, Oster= und Pfingsttag: a) Der Handel mit
Back- und Konditorwaaren, mit Fleisch und Wurst, mit Borkostartikeln und mit
Milch !) darf von 5 Uhr Morgens bis 12 Uhr Mittags — jedoch ausschließlich der
für den Hauptgottesdienst festgesetzten Unterbrechung — zugelassen werden. b) Der
Handel mit Kolonialwaaren, mit Blumen, mit Tabakl und Cigarren, sowie mit Bier
und Wein darf während zweier Stunden — jedoch nicht während der Pause für den
Hauptgottesdienst und nicht über 12 Uhr Mittags hinaus — gestattet werden.
Tc) Hinsichtlich der Zeitungs-Spedition darf dieselbe Regelung eintreten, wie an
sonstigen Sonn= und Festtagen (s. o. I. 5).
IV. Ausnahmen von dem Verbote des §. 55a.
Die unteren Verwaltungsbehörden werden ermächtigt, das Feilbieten von Waaren
auf öffentlichen Wegen, Straßen, Plätzen und an anderen öffentlichen Orten oder von
Haus zu Haus an Sonn= und Festtagen in folgendem Umfange zuzulassen?:
1. Das Feilbieten von Milch, Fischen, Obst, Backwaaren und sonstigen Lebens-
mitteln, insoweit es bisher schon ortsüblich war, bis zum Beginn der mit
Rücksicht auf den Hauptgottesdienst für die Beschästigung im Handelsgewerbe fest-
gesetzten Unterbrechung.
2. Das Feilbieten von Blumen, Backwaaren, geringwerthigen Gebrauchsgegen-
ständen, Erinnerungszeichen und ähnlichen Gegenständen a) bei öffentlichen Festen,
Truppenzusammenziehungen oder sonstigen außergewöhnlichen Gelegenheiten, b) für
solche Ortschaften, in denen an Sonn= und Festtagen regelmäßig durch Fremdenbesuch
ein gesteigerter Verkehr stattfindet.
Im Falle der Ziff. 2 darf das Feilbieten während des Gottesdienstes — sowohl
des vor- als des nachmittägigen — nicht zugelassen und im übrigen auf einzelne
Stunden beschränkt werden.
V. Sonstige Bestimmungen.
1. Die selbstthätigen Berkaufsapparate — die sogenannten Antomaten — mittels
deren namentlich Konfitüren, Cigarren, Streichhölzer und ähnliche Gegenstände abgesetzt
1) Für den Milchhandel geändert durch Res. 4. Okt. 1892 (M. Bl. S. 342):
Die Regierungspräsidenten, in Berlin der Polizeipräsident werden ermächtigt, auf
Grund des §. 10509 Gew. O. den stehenden Milchhandel an Sonn= und Festtagen
außerhalb der fünfftündigen Beschäftigungszeit und der durch Ziff. III. 1a der An-
weisung freigegebenen Zeit während zweier Stunden des Nachmittags — die unter
Berücksichtigung des örtlichen Bedürfnisses auszuwählen sind — zu gestatten.
Diese Ausnahme kann auch für den ersten Oster-, Pfingst- und Weihnachts-
Feiertag zugelassen werden.
Die unteren Verwaltungsbehörden find ermächtigt, auf Grund des §. 55a
Abs. 2 Gew. O. das Feilbieten von Milch auf öffentlichen Wegen 2c. und von Haus
zu Haus (den ambulanten Milchhandel) während der für den stehenden Milchhandel
freigegebenen Nachmittagsstunden zuzulassen.
2) Sowohl für den Gewerbebetrieb im Umherziehen, als auch für die stehenden
Gewerbe, aber nicht von offenen Verkaufsstellen aus, Res. 23. Dez. 1892; auch für
uinen Personen, doch darf darin keine willkürliche Vergünstigung liegen, Ref.
14. Nov. 1892.