Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Zweiter Band. (2)

216 Abschnitt XXXIII. Anweisung, betr. die Sonntagsruhe 2c. 
Preußische Ausführungs-Auweisung vom 11. März 1895, 
betreffend 
die Sonntagsruhe im Gewerbebetriebe mit Ansnahme des Handelsgewerbes. 
In Ausführung der Vorschriften des Gesetzes, betr. die Abänderung der 
Gewerbe-Ordnung vom 1. Juni 1891 (R. G. Bl. S. 261) über die Sonntagsruhe 
im Gewerbebetrieb — mit Ausnahme des Handelsgewerbes — (8§. 105 a, 105b Abs. 1, 
105 bis 105 i1) wird hierdurch Folgendes bestimmt: 
A. Allgemeines. 
(GEs. 105a, 105b Abs. 1, 105g, 105h Abs. 1 und 105i.) 
I. Das im §. 105 b Abs. 1 der Gewerbe-Ordnung enthaltene Verbot der Sonntags- 
arbeit gilt nicht für die Land= und Forstwirthschaft, den Weinbau, den Gartenbau, 
die Viehzucht, den Geschäftsbetrieb der Apotheker, die Ausübung der Heilkunde und 
der schönen Künste und die im §. 6 Abs. 1, Satz 1 a. a. O. bezeichneten Gewerbe. 
Ferner find kraft besonderer Vorschrift von dem Verbot der Sonntagsarbeit ausgenommen 
Gast= und Schankwirthschaftsgewerbe, Mufikaufführungen, Schaustellungen, theatralische 
Vorstellungen und sonstige Lustbarkeiten sowie die Berkehrsgewerbe (. 105j. 
II. In denjenigen Handelsgewerben, in welchen beim Ladenverkauf an den Waaren 
Aenderungs= oder Zurichtungsarbeiten vorgenommen werden, (z. B. Gewerbe der Hut- 
macher, Blumenhändler, Uhrmacher, Fleischer) ist die Beschäftigung mit diesen Arbeiten 
als Beschäftigung im Handelsgewerbe zu betrachten und deshalb an Sonn= und Fest- 
tagen während der für das betreffende Handelsgewerbe freigegebenen Zeit gestattet. 
III. Verboten ist an Sonn= und Festtagen jede Art der Beschäftigung von 
Arbeitern „im Betriebe“ der unter §. 105b Abs. 1 fallenden Gewerbe, also im Be- 
triebe von Bergwerken, Salinen, Aufbereitungsaustalten, Brüchen und Gruben, von 
Hüttenwerken, Fabriken und Werkstätten, von Zimmerplätzen und Banhöfen, von 
Werften und Ziegeleien. 
Durch die Worte „im Betriebe“ ist zum Ausdruck gebracht, daß das Verbot 
nicht nur räumlich für die Betriebsstätte, in welcher sich der betreffende Gewerbebetrieb 
regelmäßig abzuwickeln pflegt, sondern für jede zu dem Gewerbebetriebe gehörige 
Thätigkeit gelten soll. So dürfen z. B. Monteure, Schlosser-, Glaser-, Maler-, 
Tapezier-, Barbiergehülfen während der Sonntagsruhe auch außerhalb der Betriebs- 
stätte nicht beschäftigt werden, so weit nicht etwa die betreffenden Arbeiten gemäß den 
Borschriften der Ss. 105c bis f statthaft sind. 
IV. Das Berbot der Sountagsarbeit gilt auch für „Banuten aller Art“, d. h. 
für Hoch-, Tief-, Wege-, Eisenbahn= und Wasserbauten, sowie für Erdarbeiten, sofern 
diese nicht Ausfluß eines land= oder forstwirthschaftlichen Betriebes, des Weinbaues 
oder des Gartenbaues find, ferner nicht nur für Neubauten, sondern auch für Aus- 
besserungs- und Instandhaltungsarbeiten, z. B. auch für das Schornsteinfegergewerbe. 
V. Das Verbot der Sonntagsarbeit gilt für gewerbliche Arbeiter im weitesten 
Sinne, also nicht nur für Gesellen, Gehülfen, Lehrlinge, Fabrikarbeiter und andere 
im Betriebe beschäftigte Handarbeiter, sondern auch für Betriebsbeamte, Werkmeister 
und Techniker. « 
VI. Die den Arbeitern zu gewährende Ruhe soll mindestens dauern: 
für einzelne Soun- und Festtage 24 Stunden, 
für zwei auf einander folgende Sonn= und Festtage 36 Stunden, 
für das Weihnachts-, Oster= und Pfingstfest 48 Stunden. 
 
	        
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