Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Zweiter Band. (2)

224 Abschnitt XXXIII. Anweisung, betr. die Sonntagsruhe 2c. 
9. Arbeiter, welche auf Grund der Ausnahmebestimmungen unter Ziffer 1 bis 8 
mit Sonntagsarbeiten beschäftigt werden, find — wenn nicht Gefahr im Verzuge ist 
— während der ihnen ausbedungenen Ruhezeit auch nicht zu solchen Arbeiten, die in 
dem betreffenden Betriebe auf Grund des §. 105t Abs. 1 vorgenommen werden 
dürfen, und ferner auch nicht zu Arbeiten in dem etwa mit dem Betriebe verbundenen 
Handelsgewerbe heranzuziehen. 
10. Die nach vorstehenden Vorschriften erlassenen Ausnahmen find in den Amts- 
und Kreisblättern zu veröffentlichen. 
IV. Ausnahmen für Betriebe mit Wind oder unregelmäßiger 
Wasserkraft. 
(6. 105e Abs. 1 und 2.) 
1. Das Gesetz macht die Zulassung der Ausnahmen bei den mit Wind oder 
Wasserkraft arbeitenden Betrieben davon abhängig, daß sie als Triebkraft ausschließlich 
oder vorwiegend Wind oder Wasser verwenden, bei den mit Wasserkraft arbeitenden 
Betrieben außerdem davon, daß die Wasserkraft eine unregelmäßige ist. 
2. Als vorwiegend mit Wind oder Wasserkraft arbeitend ist ein Triebwerk dann 
anzusehen, wenn eine andere Triebkraft (Dampf, Gas, Elektricität u. dgl.) nur beim 
Versagen der Wind= oder Wasserkraft eintritt oder wenn, im Falle des Nebeneinander- 
wirkens der Wind-= oder Wasserkraft, mit einer anderen Triebkraft die Wind- oder 
Wasserkraft bei normalem Betriebe die stärkere (Hauptkraft) ist. Letzteres ist bei 
Wassertriebwerken in der Regel dann anzunehmen, wenn bei mittlerem Wasserstand 
die Wasserkraft mehr als die Hälfte der zum normalen Betriebe des Werkes erforder- 
lichen Kraft liefert. 
3. Als unregelmäßig ist eine Wasserkraft dann anzusehen, wenn der Wasserzufluß 
während der jährlichen Betriebszeit in Folge elementarer Einwirkungen (z. B. Trocken- 
heit, Hochwasser, Frost), oder aus anderen Gründen (Mitbenutzung des Wassers zu 
anderen Zwecken, z. B. Bewässerungsanlagen u. s. w.) erheblichen Schwankungen 
unterworfen ist und dadurch ein ununterbrochener oder gleichmäßiger Wasserbetrieb 
unmöglich gemacht wird. 
Bei Prüfung der Frage, ob eine Wasserkraft unregelmäßig ist, sind hiernach 
außergewöhnliche Naturereignisse, die nicht regelmäßig während der jährlichen Betriebs- 
zeit wiederkehren, sowie solche Umstände außer Betracht zu lassen, die zwar im Laufe 
des Jahres öfters wiederkehren, jedoch die unnnterbrochene oder gleichmäßige Fortführung 
des Betriebes im gewöhnlichen Umfange nicht wesentlich hindern. 
4. Die Ausnahmen haben nur den Zweck, Ausfälle der regelmäßigen werktägigen 
Arbeitszeit, welche durch Bersagen der Triebkraft verursacht werden, auszugleichen, so- 
weit ein wirthschaftliches Bedürfniß hierzu vorliegt. In der Regel wird ein solches 
S30 nicht anzuerkennen sein, wenn und soweit bisher die Sonntagsarbeit nicht 
üblich war. 
Bei Gestattung der Ausnahmen ist thunlichst zu ermitteln, an wieviel Wochen- 
tagen während der jährlichen Betriebszeit die Triebkraft ganz oder theilweise zu ver- 
sagen pflegt, und dementsprechend ist die Zahl der Sonn= und Festtage, an denen eine 
Beschäftigung stattfinden darf, und die Dauer dieser Beschäftigung zu bemessen. 
5. Ausnahmen werden nicht zuzulassen sein für größere Betriebe, welche zwar 
vorwiegend mit Wind oder unregelmäßiger Wasserkraft arbeiten, sich daneben aber 
ständig einer Hülfskraft bedienen, sofern diese Hülfskraft an Werktagen beim Versagen 
der Wind= oder Wasserkraft die Fortführung des Betriebes in einem nicht wesentlich 
beschränkteren Umfange ermöglicht. ½*!“ 
6. Kommt Wind oder Wasser nur in einzelnen Theilen einer gewerblichen An- 
lage als Triebkraft in Anwendung, so erstreckt sich die Gestattung der Sonntagsarbeit 
nicht nur auf diejenigen Arbeiten, welche unter Benutzung des Wind= oder Wasser- 
triebwerks ausgeführt werden, sondern auch auf solche Arbeiten, die mit jenen Arbeiten 
derart im Zusammenhange stehen, daß fie nicht wohl am vorhergehenden oder nach- 
folgenden Werktag vorgenommen werden können. 
7. Für die Zulassung der Ausnahmen kommen zwei Berfahren in Frage: 
a) Einmal ist der Regierungspräsident, für die der Aufsicht der Bergbehörden 
unterstellten Betriebe das Oberbergamt, befugt, nach Lage der örtlichen Ver- 
  
 
	        
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