342 Abschnitt XXXIV. Haftpflicht-Gesetz.
oder körperlich verletzt wird, so haftet der Betriebsunternehmer ) für den
dadurch entstandenen Schaden, sofern er nicht beweist, daß der Unfall durch
höhere Gewalt:) oder durch eigenes Verschuldens) des Getödteten oder Ver-
letzten verursacht ist.
Zu Anmerkung 3 auf S. 341.
bahnen, Erk. O. Trib. 16. Okt. 1863 (Strieth. Arch. LII. 33), Erk. R. G. 22. Juni
1880 (Eger, Entsch. I. 228), mag der Betrieb über oder unter der Erde stattfinden,
Erk. R. G. 8. April 1885 (E. Civ. XIII. 17), sowie auf solche, die nur zur Ver-
bindung einer Fabrik 2c. mit einer dem öffeutlichen Berkehr übergebenen Eisenbahn
und zur Erleichterung des Fabrikbetriebes dienen und deren Wagen mittelst mensch-
licher Muskelkräfte befördert werden, Erk. 16. Mai 1882 (E. Civ. VII. 40). Ueber-
haupt ist s. 1 auf alle Anstalten anwendbar, bei denen der Transport auf
Schienen stattfindet, und ähnliche Gefahren wie bei den mit Dampf betriebenen
öffentlichen Schienengeleisen existiren also auch auf Strecken, die noch nicht für den
öffentlichen Verkehr, sondern nur für ihren eigentlichen Materialtrausport arbeiten.
Auf die Länge der Strecken kommt es nicht an, Erk. R. G. 5. Mai 1880 (A. R.
II. 185) und 21. Jan. 1880 (Eger, Entsch. I. 106).
Es gehören nicht hierher Rutschbahnen auf Holzplätzen oder in Steinbrüchen,
Erk. R. G. 13. April 1886 u. 18. Jan. 1891 (Eger, Entsch. V. 383 u. VIII. 366).
1) Ersatzpflichtiger Betriebsunternehmer im Sinne des §. 1 ist diejenige Bahn,
auf deren Rechnung der Betrieb auf der Strecke, wo der Unfall stattgefunden hat,
erfolgt; bei durchgehenden Zügen ist also, sofern sie nicht für gemeinsame Rech-
nung der bei der Gesammtstrecke betheiligten Bahnen gehen, jede dieser Bahnen auf
ihrer eigenen Strecke als Betriebsunternehmerin im Sinne des S§. 1 ersatzpflichtig,
Erk. O. H. Ger. 12. März 1877 (E. O. H. Ger. XXII. 3) und R. G. 6. Febr. 1885.
(E. Civ. XII. 145); bei Privatbahnen unter Staatsverwaltung diese, Erk. R. G.
19. Mai 1880 (Eger, Entsch. I. 106), bei Anschlußgeleisen derjenige, der die Wagen
auf ihnen bewegen läßt, Erk. R. G. 27. April 1886 (Eger, Entsch. V. 34).
2) Die Ausdrücke „unabwendbarer äußerer Zufall“ in §. 25 Eisenbahn-Ges.
3. Nov. 1838 und „höhere Gewalt“ im S§. 1 Haftpflicht-Ges. 7. Juni 1871 find
gleichbedeutend. Es sind darunter nicht bloß elementare Ereignisse, unüberwindbare
Kräfte der Natur zu verstehen, sondern alle von außen, d. h. außerhalb des Be-
triebes des Unternehmens einwirkende Ereignisse zu verstehen, die nach menusch-
licher Einsicht nicht vorauszusehen find und — wenun sie eintreten — durch menuschliche
Kraft und Sorgfalt nicht abgewendet und in ihrem Erfolge nicht abgeschwächt
werden können, Erk. R. G. 8. Jan. 1881 (Kommunal-Zeitung 1882 S. 30), die
trotz Anwendung zweckmäßiger Einrichtungen, die möglich waren, ohne den wirth-
schaftlichen Zweck des Unternehmens gänzlich anszuschließen, den Unfall herbeiführten,
Erk. R. G. 1. Dez. 1892 (Eger, Entsch. X. 31); z. B. plötzlich eintretender, nicht
vorherzusehender Irrsinn, Erk. R. G. 9. Juli 1880 (das. I. 250); Anstürmen einer
außergewöhnlichen, nicht zu erwartenden Menschenmenge, Erk. R. G. 7. Sept. 1890
und 9. Febr. 1893 (das. VIII. 40, X. 58).
Höhere Gewalt bei Unfällen im Betriebe einer Eisenbahn fällt nach einem
Urtheil R. G. 5. Jan. 1887 nicht zusammen mit dem Mangel eines Verschuldens
auch vom höchsten Diligenzmaßstabe aus; der Unterschied zwischen den von dem Eisen-
bahn-Unternehmer zu vertretenden Zufällen (welche Unfälle herbeigeführt haben) und
der von der Haftpflicht befreienden „höheren Gewalt“ ist im Allgemeinen der, daß
unter den zu vertretenden Zufällen diejenigen, die als dem Eisenbahnbetriebe eigen-
thümlich mehr oder minder häufig vorzukommen pflegen, auf die der Unternehmer
gerüstet oder gefaßt sein muß, unter „höherer Gewalt“ die über dieses Maß augen-
scheinlich hinausgehenden Zufälle zu verstehen sind. Vergl. Erk. R. G. 18. Sept.
1885 (Eger, Entsch. IV. 370); höhere Gewalt liegt ferner nicht vor bei Scheuwerden
von Thieren durch Bahngeräusch, Erk. R. G. 1. März 1894 (das. X. 270).
3) Unter Umständen ist eigenes Verschulden nicht anzunehmen, wenn der Verletzte
unter Zulassung seiner Vorgesetzten gegen die Vorschriften der Dienstinstruktion ge-
handelt hat, Erk. 23. Jan. 1880 (E. Civ. I. 48). ·
Ein Eisenbahnbedieusteter kann, vermöge der drängenden Eile seines Dienstes,
nicht, wie ein vorsichtiger Dritter, jede Gefahr drohende Sitnation sorgfältig ver-
meiden und im Siillstehen ängstlich Umschau halten. Die Einrede des eigenen Ver-
schuldens ist bei der großen Gefährlichkeit des Eisenbahndienstes Eisenbahnbedienstetemn