Abschnitt XXXIV. Jnvaliditäts= und Altersversicherung. 47
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Zu Anmerkung 2 auf S. 446.
III. Ausgeschlossen von der Bersicherung sind:
1. Beamte des Reichs und der Bundesstaaten (§. 4 Abs. 1 d.-Ges.).
2. Die mit Penfionsberechtigung angestellten Beamten von Kommunalverbänden
(5. 4 Abs. 1 d. Ges.). Zu letzteren gehören nicht nur die weiteren, sondern auch die
engeren Kommnnalverbände (Provinzen, Bezirke, Kreise, Stadt= und Landgemeinden,
selbständige Gutsbezirke 2c.).
Darüber, welche Personen als „Beamte“ des Reichs, der Bundesstaaten und der
Kommunalverbände anzusehen sind, entscheiden die für dieselben geltenden dienstprag-
matischen Bestimmungen).
3. Die dienstlich als Arbeiter beschäftigten Personen des Soldatenstandes (S. 4
Abs. 1 d. Ges.) und zwar sowohl die im Deutschen Heere wie die in der Kaiserlichen
Marine Dienenden. Dagegen unterliegen z. B. Soldaten, welche beurlaubt werden,
um zur Erntezeit in der Landwirthschaft zu helfen, der Versicherung.
4. Diejenigen Personen, welche auf Grund des Invaliditäts= und Altersver-
sicherungs-Gesetzes bereits eine Invalidenrente beziehen oder doch soweit erwerbsbeschränkt
sind, daß sie in Folge ihres körperlichen oder geistigen Zustandes dauernd nicht mehr
im Stande find, durch eine ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechende Lohnarbeit
mindestens ein Drittel des für ihren Beschäftigungsort nach §. 8 des Krankenver-
« 15. Juni 1883
sicherungs-Gesetzes vom #0. Apf# 1887 (R. G. Bl. S. 417) festgesetzten Tagelohnes ge-
wöhnlicher Tagearbeiter zu verdienen (§. 4 Abs. 2, §. 8 d. Ges.). Personen, welche
Über das vorstehend angeführte Maß hinaus noch erwerbsfähig find, unterliegen der
Versicherung auch dann, wenn sie eine Altersrente — welche nur einen von der Er-
werbeunfähigkeit unabhängigen Zuschuß zu dem Arbeitsverdienst darstellt — beziehen,
oder wenn sie vom Reich, von einem Bundesstaate oder einem Kommunalverbande
Penfionen oder Wartegelder, oder wenn sie auf Grund der reichsgesetzlichen Be-
stimmungen über Unfallversicherung — z. B. wegen nur theilweiser Erwerbsunfähig-
keit oder als hinterbliebene Wittwen oder als Aszendenten verunglückter Arbeiter —
eine Rente empfangen. Nur wenn die Pensionen, Wartegelder oder Unfallrenten den
Mindestbetrag der Invalidenrente erreichen, sind die Empfänger dieser Bezüge auf
ihren Antrag durch die untere Verwaltungsbehörde ihres Beschäftigungsortes von der
Bersicherungspflicht zu befreien (s. 4 Abs. 3 d. Ges.).
IV. Abweichend von den Reichsgesetzen über die Kranken= und Unfallversicherung,
welche den Eintritt der Versicherung an bestimmte Betriebe knüpfen, wird von dem
Invaliditäts= und Altersversicherungs- Gesetz die arbeitende Bevölkerung sämmtlicher
Berufszweige erfaßt, und werden alle Personen, welche als Arbeiter oder als unter-
geordnete Betriebsbeamte ihre Arbeitskraft gegen Lohn für Andere verwerthen, dem
ersicherungszwange unterworfen Es fallen daher sowohl die in der Landwirthschaft,
er Industrie und dem Handel, wie in der Hauswirthschaft. im Reichs-, Staats= oder
Kommunaldienste, für kerchliche und Schulzwecke 2c. als Arbeiter, Gehülfen, Gesellen,
Lehrlinge, Dienstboten, Betriebsbeamte, Handlungsgehülfen oder Handlungslehrlinge
Beschäftigten unter das Gesetz, sofern die sonstigen gesetzlichen Voraussetzungen der
ersicherungspflicht bei ihnen zutreffen. Diejenigen Personen dagegen, welche nicht
mu ausführenden Arbeiten vorwiegend materieller Art, sondern mit einer ihrer Natur
nach höheren, mehr geistigen (wissenschaftlichen, künstlerischen 2c.) Thätigkeit beschäftigt
werden, und durch ihre soziale Stellung über den Personenkreis sich erheben, der nach
dem gewöhnlichen Sprachgebrauch und vom Standpunkt wirthschaftlicher Auffassung
6) Vergl. Res. 1. Juni und 22. Nov. 1891 (M. Bl. 1892 S. 37, 36). Die
von städtischen Verwaltungen angestellten Aichmeister find nicht versicherungspflichtig,
Res. 31. Dez. 1891 (M. Bl. 1892 S. 46), desgl. nicht Schuldiener an höheren
Schulen (als Beamte), Amtl. Nachr. R. V. A. f. Inv. u. Alt. Vers. 1892 S. 15;
ebenso Postagenten, das. 1893 S. 85; nichtständige Posthülfsboten, das. 1895 S. 109.
agegen sind die von einem Postagenten auf Grund privaten Vertrages angenom.
menen Postboten keine Beamte und daher verficherungspflichtig, das. 1892 S. 45.