454 Abschnitt XXXIV. Invaliditäts- und Altersversicherung.
§. 4. Beamte des Reichs und der Bundesstaaten, die mit Pensions-
berechtigung angestellten Beamten von Kommunalverbänden, sowie Personen
des Soldatenstandes, welche dienstlich als Arbeiter beschäftigt werden, unter-
liegen der Versicherungspflicht nicht ½.
Die Versicherungspflicht tritt für diejenigen Personen nicht ein, welche in
olge ihres körperlichen oder geistigen Zustandes dauernd nicht mehr im
tande sind?), durch eine ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechende Lohnarbeit
mindestens ein Drittel des für ihren Beschäftigungsort nach §. 8 des Kranken-
versicherungs-Gesetzes vom . u- ri (R. G. Bl. S. 417) festgesetzten Tage-
lohnes gewöhnlicher Tagearbeiter zu verdienen. Dasselbe gilt von denjenigen
Personen, welche auf Grund dieses Gesetzes eine Invalidenrente beziehen.
Solche Personen, welche vom Reich, von einem Bundesstaate oder einem
Kommunalverbande Pensionen oder Wartegelder wenigstens im Mindestbetrage
der Invalidenrente beziehen, oder welchen auf Grund der reichsgesetzlichen Be-
stimmungen über Unfallversicherung der Bezug einer jährlichen Rente von min-
destens demselben Betrage zusteht, sind auf ihren Antrag von der Ver-
sicherungspflicht zu befreien. Ueber den Antrag entscheidet die untere Ver-
waltungsbehörde ) des Beschäftigungsortes. Gegen den Bescheid derselben ist
di eschwerde an die zunächst vorgesetzte Behörde zulässig, welche endgültig
entscheidet.
§. 5. Andere als die unter §. 4 erwähnten Personen, welche in Be-
trieben des Reichs, eines Bundesstaates oder eines Kommunalverbandes be-
schäftigt werden, genügen der gesetzlichen Versicherungspflicht durch Betheiligung
an einer für den betreffenden Betrieb bestehenden oder zu errichtenden be-
sonderen Kasseneinrichtung, durch welche ihnen eine den reichsgesetzlich vor-
gesehenen Leistungen gleichwerthige Fürsorge gesichert ist, sofern bei der be-
treffenden Kasseneinrichtung folgende Voraussetzungen zutreffen:
1. Die Beiträge der Versicherten dürfen, soweit sie für die Invaliditäts-
und Altersversicherung in Höhe des reichsgesetzlichen Anspruchs ent-
richtet werden, die Hälfte des für den letzteren nach §. 20 zu erhebenden
Beitrags nicht übersteigen. Diese Bestimmung findet keine Anwendung,
sofern in der betreffenden Kasseneinrichtung die Beiträge nach einem
von der Berechnungsweise des §. 20 abweichenden Verfahren aufgebracht
und in Folge dessen höhere Beiträge erforderlich werden, um die der
Kasseneinrichtung aus Invaliden= und Altersrenten in Höhe des reichs-
gesetzlichen Anspruchs obliegenden Leistungen zu decken. Sofern hiernach
höhere Beiträge zu erheben sind, dürfen die Beiträge der Versicherten
diejenigen der Arbeitgeber nicht übersteigen. 1
2. Bei Berechnung der Wartezeit und der Rente ist den bei solchen Kassen-
einrichtungen bethetligten Personen, soweit es sich um das Maß des
reichsgesetzlichen Anspruchs handelt, unbeschadet der Bestimmung des
§. 32 die bei Versicherungsanstalten C. 41) zurückgelegte Beitragszeit
in Anrechnung zu bringen.
) Nicht versicherungspflichtig sind Kanzleidiätare und Hülfsboten des Konfisto-
riums (als Staatsbeamte), Res. 13. April 1891 (Kirchl. Ges. Vd. Bl. S. 29);
desgl. nicht vollbeschäftigte Schuldiener an staatlichen böheren Anstalten, die eine
Remuneration vom Staate beziehen, hinsichtlich dieser Geschäfte, Res. 16. März 1891
(C. Bl. U. B. S. 352); desgl. pensionsberechtigte Beamte der Kirchengemeinden und
kirchlichen Institute der evangelischen Landeskirche, Res 8. Juni 1892 (M. Bl. S. 226).
Wegen der Inhaber außeretatsmäßiger Stellen in der Staatsbauverwaltung vergl.
Res. 22. Nov. 1891 (M. Bl. 1892 S. 36).
„) Nur hierauf kommt es an, nicht etwa darauf, ob Jemand thatsächlich noch
das Drittel verdient, Amtl. Nachr. R. V. A. f. Inv. u. Alt. Vers. 1891 S. 162,
1892 S. 6, 140. ,
Liegt Erwerbsunfähigkeit im Sinne des 8. 4 Abs. 2 vor, so führt sie auch die
Beendigung der Versicherungspflicht herbei und schließt die freiwillige Fortsetzung dur
Doppelmarken aus, das. 1892 S. 55, 1893 S. 103.
3) Bergl. Bek. 26. Juni 1890, weiter unten.