Abschnitt XXXIV. Invaliditäts= und Altersversicherung. 479
§. 124. Im Uebrigen werden Streitigkeiten zwischen dem Arbeitgeber
und den von ihm beschäftigten Personen über die Berechnung und Anrechnung
der für diese zu entrichtenden oder im Falle des §. 111 denselben zu er-
utenden Beiträge von der unteren Verwaltungsbehörde (8. 122) endgültig
entschieden.
§. 125. Nach endgültiger Erledigung dieser Streitigkeiten hat die untere
Verwaltungsbehörde von Amtswegen dafür zu sorgen, daß zu wenig erhobene
Beträge durch nachträgliche Verwendung von Marken beigebracht werden 1). Zu
viel erhobene Beträge sind auf Antrag von der Versicherungsanstalt wieder
einzuziehen und nach Vernichtung der in die Quittungskarten eingeklebten be-
treffenden Marken und Berichtigung der Aufrechnungen an die betheiligten
Arbeitgeber und Versicherten zurückzuzahlen. „
Handelt es sich um die Verwendung von Marken einer nicht zuständigen
Versicherungsanstalt, so ist nach Vernichtung derjenigen Marken, welche irr-
thümlich beigebracht sind, ein der Zahl der Beitragswochen entsprechender
Betrag von Marken der zuständigen Versicherungsanstalt beizubringen. Der
Betrag der vernichteten Marken ist von der Versicherungsanstalt, welche sie
ausgeseelwt hatte, wieder einzuziehen und zwischen den betheiligten Arbeitgebern
und Versicherten entsprechend zu theilen.
An die Stelle der Vernichtung von Marken kann in den nach Ansicht der
unteren Verwaltungsbehörde:) dazu geeigneten Fällen die Einziehung der
Quittungskarten und nach Uebertragung der gültigen Eintragungen derselben
die Ausstellung neuer Quittungskarten treten.
§. 126. Die Versicherungsanstalten sind befugt, mit Genehmigung des
Reichs-Versicherungsamts zum Zweck der Kontrolle Vorschriften zu erlassen.
Sie sind ferner befugt, die Arbeitgeber zur rechtzeitigen Erfüllung dieser
Vorschriften durch Geldstrafen bis zum Betrage von je einhundert Mark an-
sihalten. Das Reichs-Versicherungsamt kann den Erlaß derartiger Vor-
chriften anordnen und dieselben, fofern solche Anordnung nicht befolgt wird,
selbst erlassen.
Die Arbeitgeber sind verpflichtet, über die Zahl der von ihnen beschäftigten
Personen und über die Dauer der Beschäftigung den Organen der Versicherungs-
anstalt, sowie den mit der Kontrolle beauftragten Behörden oder Beamten auf
erlangen Auskunft zu ertheilen und denselben diejenigen Geschäftsbücher oder
Listen, aus welchen jene Thatsachen hervorgehen, zur Einsicht während der
Betriebszeit an Ort und Stelle vorzulegen. Ebenso sind die Versicherten zur
Ertheilung von Auskunft über Ort und Dauer ihrer Beschäftigung verpflichtet.
Die Arbektgeber und die Versicherten sind ferner verbunden, den bezeichneten
Organen, ehörden und Beamten auf Erfordern die Quittungskarten behufs
Ausübung der Kontrolle und Herbeiführung der etwa erforderlichen Berichti-
ungen gegen Bescheinigung auszuhändigen. Sie können hierzu von der unteren
erwaltungsbehörde durch Geldstrafen bis zum Betrage von je dreihundert
Mark angehalten werden.
§. 127. Berichtigungen der Quittungskarten erfolgen, sofern die Be-
theiligten über dieselben einverstanden sind, auf dem im S§. 125 angegebenem
ege durch die die Kontrolle ausübenden Organe, Behörden oder Beamten,
frder durch die die Beiträge einziehenden Organe anderenfalls nach Erledigung
es Streitverfahrens gemäß der Vorschriften der §§. 122 bis 124.
g §. 128. Die durch die Kontrolle den Versicherungsanstalten erwachsenden
oosten gehören zu den Verwaltungskosten. Soweit dieselben in baaren Aus-
agen bestehen, können sie durch den Vorstand der Versicherungsanstalt dem
rbeitgeber auferlegt werden, wenn derselbe durch Nichterfüllung der ihm
ödliegenden Verpflichtungen zu ihrer Aufwendung Anlaß gegeben hat. Gegen
9e Auferlegung der Kosten findet binnen zwei Wochen nach Zustellung des
Seschlusses die Beschwerde an die untere Verwaltungsbehörde (§. 122) statt.
.) Berichtigung der Quittungskarten Anw. 10. Mai 1892 (M. Bl. S. 209),
rgänzt durch Res. 29. Jan. 1894 (M. Bl. S. 27); Vernichtung der Marken Bek.
4. Dez. 1891 (R G. Bl. S. 399) Abschn. II. Nr. 8.
) Bek. 26. Juni 1890, weiter unten.