Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Zweiter Band. (2)

558 Abschnitt XXXV. Einkommensteuer-Gesetz. 
b) Dividenden und Zinsen, Ausbeuten und sonstige Gewinnantheile von 
Aktiengesellschaften 1), Kommanditgesellschaften auf Aktien, Gewerkschaften, 
Erwerbs= und Wirthschaftsgenossenschaften, und von einer stillen Gesell- 
schaft (Art. 250 folg. des Handelsgesetzbuchs) ?: 
c) Zinsen, welche in unverzinslichen Kapitalforderungen, bei denen ein 
höheres als das ursprünglich gegebene Kapital zurückgewährt wird, 
einbegriffen sind?) ç 
d) vereinnahmte Gewinne aus der zu Spekulationszwecken unternommenen 
Veräußerung von Werthpapieren, Forderungen, Renten u. s. w., ab- 
züglich etwaiger Verluste bei derartigen Geschäften!). 
  
1) Auch wenn sie in anderen deutschen Bundesstaaten ihren Sitz haben, E. O. B. 
in St. 1. 49. 
:) Die Berechnung des Einkommens erfolgt für jede einzelne Kapitalanlage dieser 
Art nach dem Stande derselben zur Zeit der Veranlagung (Stenererklärung) und nach 
dem Durchschnitte der in den letzten zwei bezw. drei Jahren vertheilten Dividenden 
u. s. w. Hat der Stenerpflichtige die Aktien u. s. w. noch nicht so lange in seinem 
Besitze, so ist der Durchschnitt nach der während seiner Besitzzeit vertheilten Dividende 
zu berechnen. Für Aktien u. s. w., welche erst nach der letzten Dividendenvertheilung 
vom Steuerpflichtigen erworben sind, ist der muthmaßliche Jahresertrag in Ansatz 
u bringen und bei dessen Veranschlagung wesentlich Rücksicht zu nehmen auf die 
in den letzten zwei bezw. drei Jahren von dem betreffenden Unternehmen erzielten 
Erträge, Ausf. Anw. Art. Sb. Das Durchschnittseinkommen des Aktionärs bestimmt 
sich nach den in seine Besitzzeit fallenden Dividenden-Feststellungsbeschlüssen, das 
Wirthschaftsjahr der Aktiengesellschaften kommt hierfür nicht in Betracht, E. O. V. 
in St. II. 443, III. 45. 
3) Gemeinsam für die Einnahmen zu a bis c gilt folgendes: 
1. Naturalgefälle sind nach den ortsüblichen Preisen in Geld anzusetzen; 
2. ist der Zinsfuß, zu welchem ein Kapital genutzt wird, nicht genügend bekannt, 
so wird bei der Veranlagung, falls nicht ein anderer Zinsfuß notorisch üblich ist, von 
der Annahme der Nutzung zu dem Zinsfuße von 4 Prozent ausgegangen, wobei jedoch 
dem Steuerpflichtigen der Nachweis einer geringeren Einnahme überlassen bleibt; der- 
selbe Zinsfuß findet mit der gleichen Maßgabe auf die unter c erwähnten Fälle An- 
wendung; 
3. außer Betracht bleibt, soweit es sich um Einkommen aus Kapital- 
vermögen handelt, die Erhöhung oder Berminderung des Courswerthes nicht ver- 
äußerter Werthpapiere, Ausf. Anw. Art. 8. 
41) Ob einer Veräußerung Spekulationszwecke zu Grunde liegen, ist nach den 
begleitenden Umständen des einzelnen Falles zu beurtheilen. Die Beschaffenheit des 
veräußerten Werthgegenstandes, die Verhälrnisse, unter welchen Erwerb und Veräuße- 
rung stattfanden, die Dauer des Besitzes und die Art der Bewirthschaftung während 
desselben, werden Anhaltspunkte dafür geben, ob beim Erwerbe die Absicht vornehm- 
lich auf die mit dem Besitze verbundene laufende Nutzung, mithin auf die dauernde 
Anlage eines Vermögenstheiles gerichtet war, oder vielmehr auf den durch die erwartete 
Erhöhung des Kapitalwerthes zu erzielenden Gewinn. Nur in dem letzteren Falle 
kann die spätere Wiederveräußerung als die Verwirklichung eines Spekulationszweckes 
gelten. Ein solcher ist beispielsweise nicht schon deshalb anzunehmen, weil ein Land- 
wirth seinen langjährig selbstbewirthschafteten Grundbefitz unter Benutzung einer 
günstigen Konjunktur vortheilhaft verkauft, wohl aber z. B. dann, wenn Jemand das 
im der Nähe einer großen Stadt im Hinblick auf deren Ausdehnung erworbene, 
ertraglos oder einstweilen in landwirthschaftlicher Benutzung liegende Grundstück wieder 
veräußert, nachdem dasselbe als Bauplatz verwerthbar geworden ist. 
Eine fortgesetzte oder gewerbmäßige Thätigkeit ist zur Feststellung des Spekulations- 
zweckes nicht erforderlich; liegt eine solche vor, so ist der daraus erzielte Gewinn als 
Einkommen aus Handel und Gewerbe anzusehen. 
Der für das einzelne Geschäft zu berechnende Gewinn ergiebt sich aus der Gegen- 
überstellung einerseits des Anschaffungspreises unter Hinzurechnung der auf die Er- 
höhung des Kapitalwerthes, die Erhaltung und Bewirthschaftung etwa verwendeten 
Kosten — mit Ausschluß der Zinsen des eigenen Kapitals —, andererseits des erzielten 
Erlöses; von dem Gewinne find die bei anderen derartigen Geschäften erlittenen Ver-
	        
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