574 Abschnitt XXXV. Einkommensteuer-Gesetz.
III. Veranlagung. 1. Ort der Veranlagung.
§. 20. Die Veranlagung erfolgt in der Regel an dem Orte, wo der
Steuerpflichtige zur Zeit der Aufnahme des Personenstandes (§. 21) seinen
Wohnsitz oder in Ermangelung eines solchen seinen Aufenthalt hatt).
Im Falle eines mehrfachen Wohnsitzes steht dem Steuerpflichtigen die Wahl
des Ortes der Veranlagung zu. Hat er von diesem Wahlrecht keinen Gebrauch
gemacht, und ist die Veranlagung an mehreren Orten erfolgt, so gilt nur die
Veranlagung an demjenigen Orte, an welchem die Einschätzung zu dem höchsten
Steuerbetrage stattgefunden hat?2).
Preußische Staatsangehörige, welche im Inlande weder Wohnsitz noch
Aufenthalt haben, sind an dem letzten Orte ihres Wohnsitzes oder Aufenthaltes
in Preußen zu veranlagen.
Die Veranlagung der im §. 1 Nr. 4 und 5 bezeichneten Gesellschaften und
goasenschasten erfolgt an dem Orte, wo dieselben in Preußen ihren Sitz
abens).
1) Dies gilt auch von Minderjährigen und Bevormundeten. Die Fähigkeit dieser
Personen, selbständig oder mit Genehmigung ihres Vormundes oder sonstigen gesetz-
lichen Vertreters einen Wohnsitz neu zu begründen oder zu verlegen, bestimmt sich
nach den Vorschriften des maßgebenden bürgerlichen Rechts.
Unterbringung einer Person in einer Irren= oder anderen Heilanstalt begründet
ebensowenig wie die Verbüßung einer zeitigen Freiheitsstrafe oder zeitweilige Abwesen-
heit vom Wohnorte aus anderen Gründen für sich allein einen Wechsel des Ver-
anlagungsortes. "]
Dem Wohnfitz steht der dienstliche Wohnsitz gleich. Als solcher gilt derjenige
Ort, au welchem ein Beamter oder Offizier nach den für ihn maßgebenden dienstlichen
Vorschriften verpflichtet ist, Wohnung zu nehmen.
Bei Bersetzungen wird der dienstliche Wohnsitz an dem neuen Bestimmungsorte
mi§t dem Zeitpunkte begründet, von welchem ab das Amt an dem neuen Bestimmungs-
orte übertragen wird, wenn aber eine ausdrückliche Bestimmung hierüber fehlt, der
Zeitpunkt, mit welchem die Bersetzung zur Kenntniß des Betheiligten gelangt und der
bisherige Wohnort verlassen ist, ohne Rücksicht darauf, wann der Versetzte an dem
neuen Bestimmungsorte thatsächlich Wohnung genommen hat.
Die Abkommandirung der Militärpersonen von ihrem Garnisonorte wird der
Versetzung gleich geachtet, sofern für das Kommando eine längere als die Dauer von
sechs Monaten von vornherein feststeht.
Bei Beamten der Militärverwaltung liegt nur dann eine mit der Verlegung des
Wobnsitzes verbundene Versetzung vor, wenn solche ausdrücklich unter völliger Lösung
des Verhältnisses zu der bisherigen Behörde ausgesprochen ist, so daß bei diesen im
Gegensatz zu den Offizieren die Abkommandirung eine Verlegung des dienstlichen
Wohnsitzes nicht schon deshalb begründet, weil für das Kommando von vornherein
eine längere Dauer als sechs Monate bestimmt war, Ausf. Anw. Art. 35, 1. 2.
2) Die ausgeübte Wahl ist bis zum Beginne der Voreinschätzung zu berück-
sichtigen. ½„“
1 Das Wahlrecht steht auch Beamten und Militärpersonen zu, welche neben einem
dienstlichen Wohnsitz in Preußen-##inen zweiten persönlichen Wohnsitz, z. B. auf dem
eigenen Landgute, haben. Als mehrfacher Wohnsitz gilt es dagegen nicht, wenn, wie
es in größeren Städten häufig vorkommt, ein in Preußen steuerpflichtiger Beamter
oder Gewerbetreibender seine persönliche Wohnung überhaupt nicht am Sitze seines
Amtes oder Geschäftes, sondern an einem angrenzenden oder benachbarten Orte inner-
halb des preußischen Staates genommen hat; in Fällen dieser Art findet die Beran-
lagung nur am Orte des per sönlichen Wohnsitzes statt, Ausf. Anw. Art. 35, 3.
s) Der Sitz einer Aktiengesellschaft, Kommanditgesellschaft auf Aktien oder ein-
getragenen Genossenschaft bestimmt sich nach dem Inhalte des Gesellschaftsvertrages
(Statuts), Art. 209 Nr. 1, Art. 175 Nr. 2 Allg. D. H. G. B. (Ges. 18. Juli
1884, R. G. Bl. S. 123), §. 6 Nr. 1 Ges., betr. die Erwerbs- und Wirthschafts-
genossenschaften, 1. Mai 1889 (R. G. Bl. S. 55).
Der Sitz einer Berggewerkschaft ist in der Regel an dem Orte anzunehmen, wo