Abschnitt XXXV. Gewerbesteuer-Gesetz. 625
Zu Anmerkung 9 auf S. 624.
Enthält die hiernach strafbare Handlung zugleich eine Zuwiderbandlung gegen
§s. 147 R. Gew. O., so soll zwar wegen der Uebertretung der Steuergesetze nicht
außerdem noch auf eine Steuerstrafe erkannt werden, es ist aber bei Zumessung der
Strafe darauf Rücksicht zu nehmen. Eine vorläufige Straffestsetzung durch die Re-
gierung findet in diesem Falle nicht statt.
Sofern die Nichtanmeldung eines Gewerbes auf Grund des §. 70 des Ges. nicht
strafbar ist, finden lediglich die S§. 147 und 148 R. Gew. O. Anwendung, Ausf.
Amw. 10. April 1892 Art. 53, 1. Anwendung auf die Betriebssteuer, Ausf. Anw.
Art. 9, 1.
Wegen der Vorermittelungen vergl. Ausf. Anw. Art. 53, 2.
Bezüglich des weiteren Verfahrens bewendet es bei den Vorschriften der Anw.
30. Aug. 1876, betr. das Strafverfahren bei Gewerbesteneruntersuchungen, mit der
Maßgabe, daß
a) die vorläufige Straffestsetzung durch die Regierung auch dann zulässig ist, wenn
der Beschuldigte in Haft ist;
b) bei Fortdauer der Stenerpflicht die laufende Zugangstellung vom Beginne des
auf die Einleitung der Borermittelungen folgenden Kalendervierteljahres zu
erfolgen hat (vergl. Nr. 5 Abs. 1 Anw. 30. Ang. 1876);
Jc) in den Fällen des §. 71 des Ges. bei Bemessung der vorläufig festzusetzenden
Geldstrafe in erster Linie der Beweggrund des strafbaren Berhaltens, insbesondere
der Grad einer etwaigen betrügerischen Absicht, daneben aber auch die Ver-
mögensverhältnisse des Zuwiderhandelnden zu berücksichtigen find.
Die bei den gerichtlichen Entscheidungen der im §. 70 des Ges. vorgeschriebenen
Geldstrafe zu Grunde zu legende Jahressteuer ist von der Regierung in der Weise
festzusetzen, daß
a) in der Klasse I von den für die in Betracht kommenden Jahre nachträglich zu
veranlagenden Steuersätzen der höchste Satz;
b) in den Klassen II, III und IV regelmäßig der Mittelsatz, und wenn für
mehrere Jahre verschiedene Klassen in Frage kommen, der Mittelsatz der höchsten
Klasse, nur im Falle der Uebernahme eines bereits besteuerten Gewerbes der
veranlagte Steuersatz,
dem Gerichte als maßgebend zu bezeichnen ist.
Die bisherige Befugniß der Regierung zur selbständigen Abstandnahme von der
Einleitung eines Strafverfahrens (vergl. Berf. 23. Nov. 1877, M. 7 S. 63 und
24. April 1886, M. 21 S. 80) wird dahin erweitert, daß dieselbe auch dann ohne
besondere Genehmigung des Finanzministers von einer Strafverfolgung absehen
kann, wenn:
a) im Falle die Fortsetzung eines Gewerbebetriebes durch einen Anderen, letzterer
die Steuer fortentrichtet hat,
b) ein Gewerbetreibender die auf Grund der §§. 54 und 55 des Gesetzes erfor-
derten Erklärungen wissentlich unvollständig oder unrichtig abgegeben hat, aber
noch bevor eine Anzeige erfolgt oder eine Untersuchung eingeleitet ist, aus eigener
Bewegung seine Angaben bei dem zuständigen Vorsitzenden des Steuerausschusses
ergänzt oder berichtigt.
Bei Festsetzung der Nachsteuer und Zugangstellung der laufenden Steuer ist zu
unterscheiden, ob das Gewerbe erst nach Beginn der letzten jährlichen Veranlagung
(Feststellung der namentlichen Nachweisung in den Klassen II, III und IV, Aufstellung
der Steuerlisten der Klasse I) neu angefangen ist oder nicht.
Ist das Gewerbe nach dem angegebenen Zeitpunkte neu begonnen, so ist in den
Klassen II, III und IV der Miteelsatz der betreffenden Klasse sowohl der Festsetzung
der Nachsteuer als auch der Zugangstellung der laufenden Steuer zu Grunde zu legen.
In der Klasse 1 ist die laufende Steuer gemäß §. 34 des Ges. von dem Vorsitzenden
der Klasse 1 vorläufig zu veranlagen und der veranlagte Steuersatz auch von der
Regierung bei Festsetzung der Nachsteuer in Anwendung zu bringen.
Ist dagegen das Gewerbe schon früher betrieben worden, so hat in sämmtlichen
Klassen die Zugangstellung mit einem vom Steuerausschusse zu veranlagenden
Steuersatze nach Maßgabe des Ertrages beziehungsweise Anlage= und Betriebskapitals
während des abgelaufenen Jahres zu erfolgen. Die Festsetzung der Nachsteuer
Illing-Kautz, Handbuch II, 7. Aufl. 40