Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Zweiter Band. (2)

652 Abschnitt XXXV. Hausirsteuer-Gesetz. 
vorstehend) für nicht anwendbar erachtet werden müssen, indem alsdann bei der im §. 9b 
des Ges. bezeichneten Gattung der Steuersatz von 12 Mark (nur ausnahmsweise der 
Satz von 6 Mark), bei der im §. 9a des Ges. bezeichneten Gattung der Satz von 
6 Mark Anwendung finden soll. 
III. Die Regierungen sind ermächtigt, die ermäßigten Steuersätze nach den unter 
I. und II. vorstehend entwickelten Grundsätzen auch auf andere als die im §. 9 des 
Ges. unter a und b aufgeführten Gewerbebetriebe anzuwenden, wenn letztere den im 
8. 9a und b angeführten gleichzustellen sind, und zwar ohne Unterschied, ob der 
Gewerbebetrieb im Feilbieten oder im Aufkauf von Waaren oder auch im Feilbieten 
gewerblicher oder künstlerischer Leistungen besteht. 
Von dieser Ermächtigung muß jedoch mit großer Borsicht Gebrauch gemacht 
werden. Es ist dabei, wie überhaupt in allen Fällen bei Festsetzung der Steuer vom 
Gewerbebetriebe im Umherziehen, ernstlich zu berücksichtigen, daß die Absicht des Ges. 
keineswegs auf eine allgemeine Ermäßigung der Steuer gerichtet gewesen ist, und 
daß ein Ueberhandnehmen der Gewerbebetriebe im Umherziehen nicht durch eine zu 
milde Handhabung der Bestimmungen über die Höhe der Steuer zu befördern ist. 
Keineswegs dürfen die Steuersätze und Verhältnisse der stehende Gewerbe Betreibenden 
maßgebend sein, nachdem die Besteuerung der letzteren durch das Ges 24. Juni 1891 
nach ganz anderen Grundsätzen geordnet ist Es bleibt auch zu berücksichtigen, daß 
der Gewerbebetrieb im Umherziehen einer Kommnnalbesteuerung nicht unterliegt, 
während von den stehenden Gewerben von zahlreichen Gemeinden, neben den Abgaben 
für die weiteren Kommunalverbände, für Kirchen= und Schulsozietäten u. s. w., hohe 
Gemeindesteuern erhoben werden. 
IV. Die Anwendung des Steuersatzes von 36 Mark wird hauptsächlich bei 
solchen Gewerbebetrieben ihre Stelle finden, welche nicht zu den Gewerben geringer 
Art gehören, aber weil sie in erheblich geriugerem als dem gewöhnlichen Umfange 
betrieben oder durch besondere (individuelle) Umstände beeinträchtigt werden, durch 
den regelmäßigen Steuersatz von 48 Mark zu hart betroffen werden würden. 
Es ist nicht unbedingt ausgeschlossen, in Fällen dieser Art noch unter den Steuersatz 
von 36 Mark herabzugehen, wenn die obwaltenden Verhältnisse es erfordern, um eine 
entschiedene Ueberbürdung zu vermeiden. Indessen darf dies nur ausnahmsweise ge- 
schehen und wird namentlich ein geringerer Steuersatz als 24 Mark sich nur in ganz 
vereinzelten Fällen rechtfertigen lassen. 
V. Nach §. 6 des Ges. ist bei der Anmeldung des Gewerbebetriebes zur Er- 
theilung des Gewerbescheins sowohl der Gegenstand desselben als die Anzahl der mit- 
zuführenden Begleiter, Fuhrwerke oder Wasserfahrzeuge anzugeben, auch auf Erfordern 
noch nähere Auskunft über die Verrichtungen der Begleiter, die Beschaffenheit und 
Bestimmung der Transportmittel zu ertheilen. Ferner bedarf nach §. 7 jede spätere 
Aenderung in dem Gegenstande des Gewerbebetriebes, in der Anzahl der Begleiter 
oder der Transportmittel der vorherigen Anmeldung. In diesen äußeren Merkmalen 
ist, worauf auch das Gesetz selbst in dem Schlußsatze des §. 7 hinweist, wichtiges 
Material für eine sachgemäße Feststellung der Steuer gegeben, das von den Regierungen 
nicht unbenutzt gelassen werden darf. Dabei ist insbesondere zu beachten, daß im 
Allgemeinen der auf mehrere Gegenstände ausgedehnte Geschäftsbetrieb, insofern er 
einen mannigfaltigeren Absatz gestattet und erheblichere Betriebsmittel voraussetzt, so- 
wie daß der durch Begleiter unterstützte und der unter Benutzung von Fuhrwerk 
ausgeübte Gewerbebetrieb der relativ steuerfähigere und einer Ermäßigung des 
Steuersatzes minder bedürftige, daher mit den entsprechenden höheren Steuersätzen zu 
belegen ist. 
Es ist den Regierungen aber zur Genüge bekannt, daß besondere Umstände diese 
Vermuthung im einzelnen Falle entkräften können, und daß mehrere jener Merkmale 
bei dem gegenwärtigen Stande der öffentlichen Transport= und Kommunikationsmittel 
je nach der verschiedenen Lokalität des Gewerbeberriebes eine sehr verschiedene Bedeutung 
haben. Es braucht beispielsweise nur an den durch Benutzung der Eisenbahnen er- 
möglichten schwunghaften und weit lohnenderen Betrieb einzelner Gewerbe ohne Be- 
gleiter und ohne Fuhrwerk erinnert zu werden. 
Bei Festsetzung der Steuer muß derartigen Umständen die volle Aufmerksamkeit 
zugewendet und dafür Sorge getragen, nöthigenfalls mit Strenge darauf gehalten 
werden, daß die Lokal= und Kreisbehörden, welche den Persönlichkeiten der An-
	        
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