Abschnitt XXXV. Hausirsteuer-Gesetz. 653
meldenden näher stehen, die thatsächlichen Verhältnisse gehörig klar stellen und ihre
gutachtlichen Aeußerungen gewissenhaft abgeben.
VI. Die Hausirsteuer ist eine Jahressteuer, dergestalt, daß die Steuerfest-
stellung und Entrichtung und die Ertheilung des Gewerbescheins stets, insbesondere
auch, wenn gemäß §. 60 Gew. O. der Wandergewerbeschein für eine kürzere Dauer
oder für bestimmte Tage ausgestellt oder ausgedehnt ist, für das Kalenderjahr zu
erfolgen hat. Indessen liegt es in der Befugniß der Regierungen, wenn ein Gewerbe
erst in vorgerückter Jahreszeit angefangen werden soll, hierauf bei Bestimmung des
für den Rest des Jahres zu erlegenden Steuersatzes geeignete Rücksicht zu nehmen.
Der in Rede stehende Umstand kann jedoch keinesfalls in Betracht kommen bei den-
jenigen Gewerben, welche ihrer Natur nach sich auf den Betrieb während einer
bestimmten Jahreszeit (Saison) beschränken, wird aber auch bei anderen Gewerben
immer nur ausnahmsweise die Wahl eines nicht schon an sich gerechtfertigten
ermäßigten Steuersatzes begründen können.
VII. Für die Mitglieder größerer Musiker= 2c. Gesellschaften ist im §. 10 des
Ges. unter den dort angegebenen Voraussetzungen die Zulässigkeit ermäßigter Steuer-
sätze ausdrücklich ausgesprochen.
Es hat dadurch jedoch nicht ausgeschlossen werden sollen, daß auf solche Musiker,
Schauspieler u. s. w., welche allein oder in Verbindungen von weniger als vier Per-
sonen ihr Gewerbe betreiben, die allgemeinen Vorschriften des 8. 9 und die danach
zulässigen ermäßigten Steuersätze angewandt werden, sofern die im einzelnen Falle
obwaltenden Umstände nach dem Ermessen der Regierungen dieses rechtfertigen.
Auch wird es kaum der Erwähnung bedürfen, daß der §. 10 des Ges. eine
Ermächtigung ertheilt, von welcher nur, wenn das Bedürfniß dazu vorhanden,
Gebrauch zu machen, während andernfalls die Anwendung des vollen Steuersatzes
von 48 Mark oder des Satzes von 36 Mark durchaus zulässig ist.
VIII. Für Gewerbebetriebe von bedeutendem Umfange, wie diejenigen
der Vorsteher großer Schauspieler-, Mufiker-, Kunstreiter= und ähnlicher
Gesellschaften,
der Pferde= und Viehhändler mit erheblichem Betriebskapital und Umsatz,
der mit größeren Waarenlagern umherziehenden Handeltreibenden u. s. w.
sind im §. 9 Nr. 2 des Ges. erhöhte Steuersätze von 72, 96 oder 144 Mark
eingeführt.
Beruhte schon die Einführung dieser erhöhten Steuersätze auf der Erwägung,
daß namentlich die Entwickelung der Kommunikations= und Transportmittel einen
umfangreichen, vielfach dem stehenden Gewerbe empfindliche Konkurrenz bereitenden
Betrieb des Gewerbes im Umherziehen ermöglichte, so haben sich die Verhältnisse seit
dem Erlaß des Gesetzes noch weiter in dieser Richtung entwickelt. Die Regierungen
werden daher zu prüfen haben, ob im einzelnen Falle der regelmäßige Steuersatz von
48 Mark noch eine ausreichende Besteuerung darstellt oder ob und welcher höhere
Satz den Verhältnissen des Betriebes angemessen ist, wobei zu beachten ist, daß die
oben erwähnten, im Gesetze angeführten Gewerbebetriebe nur als Beispiele solcher
Gewerbebetriebe namhaft gemacht sind, bei denen ein bedeutender Umfang nicht selten
vorkommt, die Erhöhung der Steuer aber auch bei jeder anderen Art des Gewerbe-
gskäss im Umherziehen, wenn die bezeichnete Voraussetzung zutrifft, Anwendung
ndet.
11. Welche Aenderungen des Gewerbebetriebes im Umherziehen im Laufe des
Jahres eine anderweite Festsetzung der Steuer nach sich ziehen können, ist im §. 7
des Ges. vorgesehen.
Dieselben beschränken sich Z
I. auf Aenderungen im Gegenstande des Gewerbebetriebes, nämlich
a) den Uebergang zu einem andern als dem im Gewerbescheine bezeichneten
r* z. B. zum Feilbieten von Waaren statt des Feilbietens von Leistungen
oder
b) die Ausdehnung des Gewerbebetriebes auf noch andere, als die im Gewerbe-
scheine bezeichneten Gegenstände, Waaren oder Leistungen.
» II. auf Vermehrung der Zahl der Begleiter, Fuhrwerke oder Wasserfahrzeuge
über die im Gewerbescheine angegebene Zahl, oder
II. auf das Mitführen auch nur eines Begleiters, Fuhrwerkes oder Wasser-
fabrzeuges, während im Gewerbescheine solches nicht angegeben ist.