688 Abschnitt XXXV. Stempelsteuer-Gesetz. Tarif.
Zu Anmerkung 1 auf S. 687.
dem gemeinen Werth in einem so offenbaren Mißverhältniß, daß der Berdacht der
Stempelstenerhinterziehung gerechtfertigt erscheint, so hat der Grundbuchrichter von
den Parteien eine nähere Erklärung über die Gründe, welche für die Festsetzung des
Kaufpreises maßgebend gewesen find, zu erfordern. Bezüglich der Versteuerung find
diese Fälle nach den Vorschriften unter c dieser Ziffer und so zu behandeln, als wenn
eine Urkunde überhaupt nicht vorgelegt worden wäre.
b) Ist eine Urkunde zwar nicht eingereicht, von den Betheiligten aber das der
Auflafsung zu Grunde liegende Veräußerungsgeschäft vor dem Grundbuchrichter zu-
gleich in der Auflassungsverhandlung zu Protokoll erklärt, so finden die Bestimmungen
unter a entsprechende Anwendung. Der erforderliche Stempel wird als Urkunden-
stempel zu der Auflassungsverhandlung auf Grund des §. 55 Pr. Ger. Kostenges. in
Berbindung mit den einschlägigen Tarifvorschriften des Stempelsteuer-Gesetzes erhoben.
Jc) Wird eine das Veräußerungsgeschäft enthaltende Urkunde nicht vorgelegt und
das Veräußerungsgeschäft bei der Auflassung nicht protokollarisch ausgenommen, so
hat der Grundbuchrichter die Betheiligten darüber zu vernehmen, ob fie eine Urkunde
überhaupt nicht vorlegen wollen, und sie über die Folgen der Nichtvorlegung, ins-
besondere auch darüber zu belehren, daß der Entrichtung des Auflassungsstempels un-
geachtet zu der Urkunde der gesetzlich erforderliche Stempel beizubringen ist. Es ist
Pflicht des Grundbuchrichters zu prüfen, ob im Falle der Beurkundung des Ab-
kommens der Urkundenstempel niedriger sein würde, als der Auflassungsstempel.
Letzteres ist beispielsweise der Fall bei Tauschverträgen, bei Kaufverträgen, in denen
eine Hingabe an Zahlungsstatt vereinbart ist, bei Verträgen zwischen Theilnehmern
an einer Erbschaft zum Zwecke der Theilung der zu letzterer gehörigen Gegenstände
und bei Berträgen, durch welche Grundstücke von Ascendenten auf Descendenten über-
tragen werden (Tarifftelle 32 Abs. 2 und Ermäßigungen und Befreiungen Ziff. 1
und 2), ferner bei Schenkungen zwischen Ascendenten und Descendenten oder zwischen
Ehegatten (Tarifstelle 56 dieses Ges. und Befreiungsvorschriften Ziff. 2 Buchstaben a,
b undc des Tarifs zum Ges., betr. die Erbschaftssteuer 30 Mai 1873 bezw. 19. Mai
1891, G. S. S. 78) u. s. w. Die Belehrung des Grundbuchrichters und die Er-
klärung der Betheiligten über die Vorlegung oder Nichtvorlegung der das Veräuße-
rungsgeschäft enthaltenden Urkunde müssen in das Protokoll aufgenommen werden.
Wenn der Auflassung ein Kauf= oder Tauschgeschäft oder überhaupt ein entgelt-
liches Beräußerungsgeschäft im Sinne der Tarisstelle 32 des Ges. zu Grunde liegt,
so muß das Protokoll ferner eine Belehrung der Betheiligten darüber enthalten, daß
der anzugebende Werth nicht geringer sein darf, als der nach dieser Tarifstelle be-
rechnete Betrag der vom Erwerber übernommenen Lasten und Leistungen mit Einschluß
des Preises nund unter Hinzurechnung der vorbehaltenen Nutzungen ausschließlich des.
für den beweglichen Beilaß sestgesetzten Preises und daß eine Zuwiderhandlung gegen
diese Bestimmung nach §. 17 Abs. 3 Buchstabe a des Ges. eine Geldstrafe in Höhe
des zehnfachen Betrages des hinterzogenen Stempels nach sich zieht.
Der Grundbuchrichter hat sodann wegen der etwa erforderlich werdenden Sicher-
heitsleistung das Weitere wie unter # zu bestimmen, den Beräußerer und Erwerber
zur Angabe des Werthes des veräußerten Gegenstandes aufzufordern und die ge-
machten Angaben im Protokoll zu vermerken.
In der Kostenrechnung oder einer Anlage zu derselben ist den Kostenschuldnern
anheim zu geben, die das Veräußerungsgeschäft enthaltende Urkunde binnen einer mit
dem Tage der Zustellung der Kostenrechnung beginnenden Frist von zwei Wochen ein-
zureichen und ihnen zugleich nochmals eine Belehrung über die Folgen der unter-
lassenen Einreichung insbesondere auch darüber zu ertheilen, daß zu der etwa errichteten
Urkunde im Falle der nicht rechtzeitigen Vorlegung derselben ungeachtet der Zahlung
des Auflassungsstempels der gesetzlich erforderliche Stempel beizubringen ist. Geht
während der angegebenen Frist die Urkunde ein, so ist wie unter a dieser Ziffer zu
verfahren.
Sind dem Grundbuchrichter die Bedingungen des Veräußerungsgeschäfts auf
irgend eine Weise glaubwürdig bekannt geworden, und übersteigt der aus diesen Be-
dingungen sich ergebende Werth den seitens der Betheiligten angegebenen, so ist der
Auflassungsstempel von dem aus dem Veräußerungsgeschäfte sich ergebenden Werthe
einzuziehen, vorausgesetzt, daß dieser nicht niedriger ist, als der gemeine Werth des