Abschnitt XXXV. Ausf. Vorschr. zum Stempelsteuer-Gesetz. 751
12. Eine Aussetzung der Versteuerung findet nach dem Gesetz in folgenden
Fällen statt:
a) bei gewissen Schenkungsbeurkundungen (Tarifstelle 56 Abf. 3);
b) bei unbestimmtem Werth des Gegenstandes eines Geschäfts (g. 8 des Ges.);
Ic) bei Fideikommißstiftungen rücksichtlich des von dem Stifter vorgesehenen
weiteren Anwachsens des Stiftungsvermögens (Tarifstelle 24 Abs. 4);
d) bei Gesellschaftsverträgen hinsichtlich des nicht sofort voll eingezahlten Kapitals
(Terifstelle 25 Buchst. a letzter Absatz).
I Fällen dieser Art (abgesehen von der nachträglichen Versteuerung der Urkunden
über Fideikommißstiftungen) sind die Stempel, welche an sich bei den Gerichtskosten
zu vereinnahmen wären, von den Steuerbehörden einzuziehen und zu den Urkunden
zu verwenden (8. 30 Abs. 2 Gerichtskostenges. 25. Juni 1895; §. 12 Ziff. 10 Allg.
Verf. des Justizministers 18. Sept. 1895, J. M. Bl. S. 278).
Im Einzelnen ist nach folgenden Bestimmungen zu verfahren:
A. Bei Schenkungen.
a) Wenn eine Schenkung von dem Eintritt einer aufschiebenden Bedingung oder
von einem hinsichtlich des Zeitpunktes seines Eintritts ungewissen Ereigniß
abhängig ist, so ist die Besteuerung erst beim Eintritt der Bedingung oder
des Ereignisses vorzunehmen (§s. 22 und 24 des Erbschaftssteuerges.
30. Mai 1873
19. Mai 155).
b) Wird der Werth einer Schenkung durch eine auf ihr ruhende Last vermindert,
deren Fortdauer von einer anflösenden Bedingung oder von einem nur hin-
sichtlich des Zeitpunktes seines Eintritts ungewissen Ereigniß abhängig ist, so
wird die Last wie eine unbedingte in Abzug gebracht. Beim Eintritt der
Bedingung oder des zeitlich ungewissen Ereignisses ist derjenige Stempelbetrag
nachzuerheben, welcher mehr zu entrichten gewesen sein würde, wenn der
Zeitpunkt des Eintritts der Bedingung oder des Ereignisses bei Berechnung
des Stempels bekannt gewesen wäre. Ausgenommen sind die Lasten von
unbestimmter Dauer, deren abzuziehender Werth sich nach den Bestimmungen
in den §§. 15 bis 18 Erbschaftssteuerges. und in dem Art. 1 Ziff. 2
Ges. 31. Juli 1895 (G. S. 412) berechnet (55. 23 und 24 Erdschafts-
steuerges.).
2c) Wenn unsichere Forderungen und andere zur sofortigen Werthermittelung nicht
geeignete Gegenstände geschenkt werden und eine Einigung über den muth-
maßlichen Werth der Schenkung zwischen der Stenerbehörde und dem Stener-
pflichtigen nicht stattfindet, so kann die Steuerbehörde von dem Werthe, den
der Steuerpflichtige als den muthmaßlichen in Vorschlag bringt, den Stempel
einziehen und die Berichtigung des Werthansatzes sowie die entsprechende
Nachforderung des Stempels bis zum Ausgange derjenigen Verhandlungen
vorbehalten, von welchen die Bezahlung der Forderung beziehungsweise die
Werthermittelung abhängt (§. 25 a. a. O.).
d) Wird Jemandem VBermögen geschenkt, dessen Nutzung einem Dritten zusteht,
so erfolgt, wenn die Aussetzung der Versteuerung der Substanz bis zur Ber-
einigung der Nutzung mit der Substanz beantragt wird, die Erhebung des
Schenkungsstempels erst bei Deendigung der Nutznießung des Dritten nach
Maßgabe der alsdann obwaltenden Verhältnisse (§. 27 Abs. 1 a. a. O.).
In Fällen dieser Art sind privatschriftliche und notarielle Schenkungsurkunden
vor Ablauf der für die Verwendung des Urkundenstempels sonst vorgeschriebenen Frist
(6. 16 des Ges.) demjenigen Stempelsteueramt vorzulegen, in dessen Verwaltungs--
bezirk der Schenkgeber seinen ordentlichen Wohnsitz hat, oder, falls er keinen Wohnsitz
in dem Geltungsbereiche des Ges. haben sollte, in welchem der geschenkte Gegenstand
oder ein Theil davon sich befindet, oder wenn auch dies im Geltungsbereich des Ges.
nicht der Fall ist, in welchem der Beschenkte seinen ordentlichen Wohnsitz hat oder,
falls dieser auch keinen Wohnsitz in dem Geltungsbereich des Gesetzes haben sollte, bei
rgend einem von den Betheiligten selbst auszuwählenden Stempelsteueramte.
Hinsichtlich der Stundung und späteren Einziehung der Stempel sowie der Be-
ellung der Sicherheit ist nach folgenden Bestimmungen zu verfahren.