Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Zweiter Band. (2)

Provinzen, Westfalen, Rheinland und Hessen-Nassau. 757 
Anhörung des Kreistages durch Beschluss des Bezirksausschusses!) mit dem 
Stadtbezirk vereinigt werden. 
Eine Vereinigung eines ländlichen Gemeinde= oder eines selbständigen 
Gutsbezirks mit einer Stadtgemeinde kann:) nach Anbörung der betheiligten 
emeinden und des Gutsbesitzers, sowie des Kreistages mit Königlicher Ge- 
nehmigungs) erfolgen, wenn die Betheiligten:) damit einverstanden sind. 
enn ein Einverständniss der Betheiligten nicht zu erzielen ist, so ist die Zu- 
stimmung derselben, sofern das öffentliche Interesse dies erheischt, im Beschluss- 
verfahren nach erfordertem Gutachten des Kreistages durch den Bezirks- 
ausschuss zu ersetzen. Gegen den Beschluss des Bezirksausschusses steht den 
Betheiligten und nach Massgabe des §. 123 des Gesetzes über die allgemeine 
Landesverwaltung vom 30. Juli 1883 (G. S. S. 195) dem Vorsitzenden des 
Bezirksausschusses die Beschwerde an den Provinzialratt zu. Erachtet der 
Oberpräsident das öffentliche Interesse durch den Beschluss des Provinzialraths 
für gefährdet, so steht demselben in der gleichen Weise (S. 123 a. a. O.) die 
Beschwerde an das Staateministerium offen. Der mit Gründen zu versehende 
Beschluss des Staatsministeriums ist dem Oberpräsidenten behufs Zustellung 
an die Betheiligten zuzufertigen. 
Die Abtrennung einzelner Theile von einem Stadtbezirk und deren Ver- 
einigung mit einem angrenzenden Gemeinde= oder selbständigen Gutsbezirk, so- 
wie die Abtrennung einzelner bisher zu einer anderen Gemeinde oder zu einem 
selbständigen Gute gehörender Grundstücke und deren Vereinigung mit einem 
angrenzenden Stadtbezirk kann nach erfordertem Gutachten des Kreistages 
durch Beschluss des Bezirksausschusses vorgenommen werden, wenn außer den 
Vertretungen der betheiligten Gemeinden und den betheiligten Gutsbesitzern 
auch die Eigenthümer jener Grundstücke darin einwilligen, oder wenn beim 
Widerspruche Betheiligter das öffentliche Interesse es erheischt. Gegen den 
eschluss des Bezirksausschusses steht den Betheiligten und dem Vorsitzenden 
des Bezirksausschusses die Beschwerde an den Provinzialrath#) und gegen den 
Beschluss des Provinzialratüs dem Oberpräsidenten die fernere Beschwerde an 
das Staatsministerium nach Massgabe des dritten Absatzes offen. Soll aus 
den abgetrennten Grundstücken ein neuer Gemeinde- oder Gutsbezirk gebildet 
werden, so ist die Königliche Genehmigung erforderlich "). 
Ein öffentliches Interesse im Sinne des dritten und vierten Absatzes ist 
mur dann als vorliegend anzusehen, 
a) wenn Landgemeinden oder Gutsbezirke ihre öffentlich- rechtlichen 
Verpflichtungen zu erfüllen ausser Stande sind. 
Bei Beurtheilung dieser Frage sind Zuwendungen, welche Gemeinden 
und Gutsbezirke vom Staate oder grösseren Kommunalverbänden zu- 
stehen, nicht als bestimmend zu erachten 
b) wenn die Zersplitterung eines Gutsbezirks oder die Bildung von Kolonien 
in einem Gutsbezirke die Abtrennung einzelner Theile desselben oder 
dessen Umwandlung in eine Landgemeinde oder dessen Zuschlagung 
zu einer oder mehreren Landgemeinden nothwendig macht, 
c) wenn in Folge örtlich verbundener Lage mehrerer Landgemeinden oder 
von Gutsbezirken oder Theilen derselben mit Stadtgemeinden ein er- 
1) Zust. Ges. §. 8 Abs. 1. Für Berlin tritt der Oberpräsident an die Stelle des 
Bezirksaueschusses, L. V. G. S. 43. 
:) L. G. O. §. 2 Nr. 6 in Verbindung mit Nr. 3, 4, 5. Z 
2) Die Kgl. Genehmigung ist mangels besonderer Zeitbestimmung vom Zeit- 
lite der Zustellung an die Betheiligten wirksam, Res. 15. Sept. 1893 (M. 
S. 235). 
4) „Bttheiligte“ sind hier immer die Gemeinden und die Besitzer von Guts- 
bezirken, nicht etwa die Besitzer einzelner Grurdstücke darin, Res. 11. April 1893 
(M. Bl. S. 109). 
) In Berlin tritt an die Stelle des Provinzialrathes, wo er in 1. Instanz 
—2 der Oberpräsident, in den übrigen Fällen der zuständige Minister, L. V. 
8. 43. 
*.) Zust. Ges. 8. 8.
	        
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