802 Abschnitt XXXVI. Städte-Ordnung für die sieben östlichen
((H. N.) Elfter Titel. Aufsicht des Staates.
§. 87. Die Aufsicht des Staates über die Verwaltung der städttschen
Gemeindeangelegenheiten wird in erster Instanz von dem Regierungspräsi-
denten, in höherer und letzter Instanz von dem Oberpräsidenten geübt, unbe-
schadet der gesetzlich geordneten Mitwirkung des Bezirksausschusses und des
Provinzialrathes.
Beschwerden bei den Aufsichtsbehörden in städtischen Gemeindeangelegen-
heiten sind in allen Instanzen innerhalb zwei Wochen anzubringen.
§. 88. Beschlüsse der Stadtverordneten-Versammlung oder des Magistrats,
welche deren Befugnisse überschreiten oder die Gesetze verletzen, hat der Ma-
gistrat (Bürgermeister), entstehendenfalls auf Anweisung der Aufsichtsbehörde,
mit aufschiebender Wirkung, unter Angabe der Gründe zu beanstanden. Gegen
die Verfügung des Magistrats (Bürgermeisters) steht der Stadtverordneten-
Versammlung (dem Magistrate) die Klage im Verwaltungsstreitverfahren zu.
§. 89. Unterläßt oder verweigert eine Stadtgemeinde, die ihr gesetzlich
obliegenden, von der Behörde innerhalb der Grenzen ihrer Zuständigkeit fest-
gestellten Leistungen auf den Haushaltsetat zu bringen oder außerordentlich
zu genchmigen, so verfügt der Regierungspräsident unter Anführung der
Hründe die Eintragung in den Etat oder die Feststellung der außerordentlichen
usgabe.
Gegen die Verfügung des Regierungspräsidenten steht der Gemeinde die
Klage bei dem Oberverwaltungsgerichte zu.)
§. 79. (W. §S. 81. R. S. 86. H. N. §. 90.) Durch Königliche Verord-
nung auf den Antrag des Staatsministeriums kann eine Stadtverordneten-
Versammlung aufgelöst werden.
Es ist sodann eine Neuwahl derselben anzuordnen und muß diese binnen
sechs Monaten vom Tage der Auflösungs-Verordnung an erfolgen. Bis zur
Einführung der neugewählten Stadtverordneten steht die Beschlussfassung in
den zur Zuständigkeit der Stadtverordneten-Versammlung gehörigen Ange-
legenbeiten dem Bezirksausschusse 1) zu.
§. 80. (W. S. 82. R. S. 87.) In Betreff der Dienstvergehen:) der Bür-
ermeister, (O. W.) der Mitglieder des Vorstandes 8 W. R.) und der sonstigen
Hemeindebeamten kommen die darauf bezüglichen Gesetze zur Anwendung.
#. N.) §. 91. In Betreff der Dienstvergehen der Bürgermeister, Beigeord-
neten, Magistratsmitglieder und sonstigen Gemeindebeamten kommen die Be-
Zu Anmerkung s auf S. 801.
nicht zu. Es hat sich bei derartig festgestellten Leistungen auf diejenigen Rechtsfragen
zu beschränken, die für die Zwangsvollstreckung allein, im Gegensatz zur Feststellung
der Verpflichtungen maßgebend sind, E. O. V. VII. 12, XIII. 85. Die voraus-
gehende Feststellung ist nothwendig. Unterläßt oder weigert die Gemeinde der Fest-
stellungsverfüg ung zu enrsprechen, so ist §. 19 Zust. Ges. anzuwenden, E. O. B.
XVI. 218, XXV. 1; Res. 30. Dez. 1890 (M. Bl. 1891 S. 6). Der vorgängigen
Feststellung bedarf es selbst dann, wenn die Leistung nicht ihrem Betrage, sondern
nur ihrem Grunde nach streitig ist, E. O. V. XXV 1. Die Leistung muß durch
öffentliche Interessen erfordert und der Gemeinde entweder unmittelbar durch Gesesz#
oder nach Maßgabe des Gesetzes von einer durch dieses hierzu berufenen Behörde
auferlegt sein, E. O. V. VI. 170, 172, XIII. 57, XVI. 218, XIX. 167. Zu
polizeilichen Zwecken erforderliche Mittel können einer Stadtgemeinde gegenüber nur
durch den Regierungspräsidenten festgestellt werden, E. O. V. XX. 65. Die Ver-
fügung ist aun den Magistrat zu richten, XIV. 89, doch kann auch die Stadt-
verordneten-Versammlung klagen, XIX. 112.
1) In Berlin dem Oberpräsidenten, §. 17, 3 Zust. Ges., §. 43 L. B. G.
!) In Betreff der Dienstvergehen der Bürgermeister, Beigeordneten,
Magistratsmitglieder und sonstigen Gemeindebeamten kommt der §. 2
Zust. Ges. zur Anwendung. Ein freiwilliges Ausscheiden aus dem Amte im
Laufe des Verfahrens ist zulässig mit dem Erfolge, daß auf Enthebung von dem
Amte nicht mehr erkannt werden kann, E. O. B. X. 370.