Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Zweiter Band. (2)

828 Abschnitt XXXVI. Landgemeinde-Ordnung für die fieben 
Haben mehr als zwei Personen die höchste odet zweithöchste Stimmenzahl in der 
Weise erhalten, daß auf sie eine gleiche Stimmenzahl entfallen ist, so entscheidet das 
durch die Hand des Vorsitzenden zu ziehende Loos darüber, wer auf die engere Wahl 
zu bringen ist. Bei dem zweiten Wahlgange sind außer den im §. 81 angegebenen 
ferner auch alle diejenigen Stimmzettel ungültig, welche den Namen einer nicht zur 
engeren Wahl stehenden Person enthalten. Als gewählt ist derjenige zu betrachten, 
welcher die meisten Stimmen erhalten hat. Bei Stimmengleichheit entscheidet das 
durch die Hand des Borsitzenden zu ziehende Loos. 
Die Wahlprotokolle sind von dem Wahlvorstande zu unterzeichnen 1).= 
S. 83. (S. H. §. 83. H. N. §. 54.) Der Vorsitzende des Wahlvorstandes hat 
die Gewähten von der auf sie gefallenen Wahl mit der Aufforderung in Keuntniß zu 
setzen, sich über die Annahme oder Ablehnung der Wahl innerhalb längstens einer 
Woche zu erklären. Von demjenigen, welcher hierüber keine Erklärung abgiebt, wird 
angenommen, daß er die Wahl ablehne. 
§. 84. Die gewählten Gemeindevorsteher und Schöffen ((8. H. und Stellver- 
weter) (H. N. die gewählten Bürgermeister und Beigeorducten, sowie die Schöffen in 
denjenigen Landgemeinden, in denen ein kollegialischer Gemeindevorstand nicht besteht) 
bedürfen der Bestätigung durch den Landrath 2). 
(O. S. H.) VBor der Bestätigung ist der Amtsvorsteher (O. Distriktskom- 
missarius) mit seinem Gutachten zu bören. 
·1(0. S. H. H. N.) Die Bestätigung kann nur unter Zustimmung des Kreisaus- 
schusses 3) versagt werden. Dieser Zustimmung bedarf es auch dann, wenn der Wahl 
die Bestätigung wegen formaler Mängel des Berfahrens versagt wird. 
((. N.) Lehnt der Kreisansschuß die Zustimmung ab, so kann fie auf den An- 
trag des Landraths durch den Regierungspräfidenten ergänzt werden. Wird die Be- 
stätigung von dem Landrathe unter Zustimmung des Kreisausschusses versagt, so steht 
binnen zwei Wochen dem Wahlkörper die Beschwerde an den Regierungspräsidenten 
zu, bei dessen Bescheide es verbleibt.) 
Wird die Bestätigung versagt, so ist eine Neuwahl anzuordnen 1). Erhält auch 
diese die Bestätigung nicht, so ernennt der Landrath unter Zustimmung des Kreis- 
ausschusses einen Stellvertreter auf so lange, bis eine ernenerte Wahl die Bestätigung 
erlangt hat. 
Dasselbe findet statt, wenn keine Wahl zu Stande kommt. 
Die Bestimmungen dieses Paragraphen finden auch auf andere gewählte Ge- 
meindebeamte Anwendung, deren Wahl der Bestätigung bedarf 5). 
  
1) Durch die Weigerung eines Beisitzers, das Protokoll zu vollziehen, wird die 
Wahlhandlung nicht ungültig, ebensowenig, wenn das Protokoll aus besonderen 
Gründen erst in einem anderen Raum unterzeichnet wird, E. O. V. VI. 153. 
Auf Beschwerden entscheidet der Bezirksausschuß endgültig, §. 121 L. BV. G. Er- 
theilt der Kreisausschuß die Zustimmung nicht, so ist dagegen dem Landrath Klage im 
Verwaltungsstreitverfahren gegeben, s. 126 a. a. O. 
2) Schankwirthe sind nur in besonders gearteten Ausnahmefällen als Schulzen 
zu bestätigen, Res. 24. April 1871 (M. Bl. S. 153) und 17. März 1874 (M. Bl. 
S. 114). · 
3) Wenn der Kreisausschuß seine Zustimmung zur Versagung der Bestätigung 
nicht ertheilt, so kann zwar der Landrath den Beschluß des Kreisausschusses nach 
§6. 126 L. V. G. im Verwaltungsstreitverfahren anfechten, dem Richter in diesem 
Verfahren steht aber eine Entscheidung über die thatsächlichen Voraussetzungen des 
Beschlusses (so namentlich, ob der Gewählte sich nach seiner Persönlichkeit für den 
Posten eigne) nicht zu, E. O. V. XI. 84. 
4) Der §. 84 Abs. 4 (früher §. 26 Abs. 4 Kr. O.) schreibt für den Fall der 
Nichtbestätigung von Gemeindevorstandswahlen ausdrücklich die Anordnung einer Neu- 
wahl vor, gleichviel ob die Nichtbestätigung aus formellen oder aus materiellen Grün- 
den erfolgt ist. Es ist also nicht zulässig, an Stelle der gewählten aber nicht zur Be- 
stätigung geeigneten Person, denjenigen, der nach letzterer die meisten Stimmen er- 
halten hat, als gewählt zu bezeichnen und als Gemeindevorsteher zu bestätigen, Res. 
3. Aug. 1874 (M. Bl. S. 100), E. O. V. III. 17. 
5) Waisenräthe bedürfen keiner Bestätigung, Res. 9. Dez. 1875 (M. Bl. S. 73); 
wohl aber alle gewählten Gemeindebeamten, z. B. unbesoldete Gemeindeschreiber und
	        
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